Frage an Patrick Döring von Sven Z. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Doering,
wie stehen Sie als Abgeordneter meines Wahlkreises zu dem von Hans-Werner Sinn und 171 weiteren angesehenen Oekonomen verfassten Protestauruf zur angestrebten "Bankenunion" bzgl. der damit verbundenen Haftungsrisiken fuer die Steuerzahler in den soliden Euro-Staaten.
Viele Gruesse,
Sven Zimmermann
Sehr geehrter Herr Zimmermann,
vielen Dank für Ihre Frage vom 05.07.2012 bezüglich meiner Position zu dem offenen Brief von 172 Ökonomen veröffentlicht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 05.07.2012. Gerne antworte ich Ihnen.
Die Beschlüsse des Brüsseler Euro Gipfels sind weder als Schritte in eine Bankenunion noch in den Einstieg in die Vergemeinschaftung von Schulden zu interpretieren. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) ist ein dauerhafter Rettungsschirm, der nicht zur Deckung von bestehenden Schulden der Mitgliedstaaten verwendet wird. Er soll lediglich Staaten, die vorübergehend Liquiditätsengpässe haben, vorübergehende und zurückzuzahlende Liquiditätshilfen unter dem Schirm einer europäischen Bankenaufsicht geben können. Diese Liquiditätshilfen sollen dem hilfebedürftigen Staat als Darlehen gewährt werden. Darüber hinaus soll der ESM auch neue Staatsschuldverschreibungen ankaufen können, was vergleichbar mit der Vergabe von Hilfsdarlehen ist. Beides soll nur möglich sein, wenn der hilfeersuchende Staat zuvor ein wirtschaftspolitisches Anpassungsprogramm aufgelegt hat. Die Gewährung von Hilfen über den ESM ist an die strikte Einhaltung des Fiskalpaktes gekoppelt, daher dürfte sich rein faktisch die Inanspruchnahme des Stammkapitals in Grenzen halten. Auch hier gilt: Ohne Solidität keine Solidarität! Die Rückzahlungsansprüche, die der ESM an die von ihm unterstützten Staaten hat, sollen im Rang gleich nach den Rückzahlungsansprüchen des Internationalen Währungsfonds und vor allen anderen Ansprüchen stehen. Aus diesen Gründen soll auch keine Haftungsunion entstehen.
Entgegen der Meinungen der betreffenden Wirtschaftswisschaftler unterliegen die Gläubigerstaaten strikten Auflagen und Kontrollen durch die Beschlüsse des Brüsseler Gipfels. Das aufgezeigte Szenario von Ausweitungen der Hilfen durch die dominierenden Schuldnerstaaten ist äußerst unwahrscheinlich. Zum einen werden mit dem Fiskalvertrag in allen Mitgliedsstaaten der Eurozone und acht weiteren Staaten der Europäischen Union Schuldenbremsen installiert. Zum anderen sichert der sogenannte Gouverneursrat im ESM die Veränderungen des genehmigten Stammkapitals und etwaige Anpassungen des maximalen Darlehensvolumens. Es handelt sich dabei nicht um ein unabhängiges Gremium, welches autonome Entscheidungen über europäische Steuergelder treffen kann. Der Gouverneursrat besteht vielmehr aus den Finanzministern des Euro-Währungsgebiets, die gewählte Regierungen der Eurostaaten repräsentieren. Alle wesentlichen Entscheidungen, einschließlich der Gewährung von Finanzhilfen oder Änderungen am gezeichneten Kapital, werden grundsätzlich einstimmig durch die Finanzminister des Euro-Währungsgebiets getroffen – Deutschland hat somit jederzeit ein Vetorecht.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen. Im Falle weiterer Fragen können Sie sich gerne wieder an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Patrick Döring, MdB