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Frage von Bernd F. •

Frage an Patrick Döring von Bernd F. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Döhring,

sicher ist Ihnen der offene Brief zahlreicher deutscher Ökonomen bekannt (Aufruf an Bürger/Innen vom 5.7.12 - www.faz.de).
Meine Frau und ich sind strikt gegen den ESM und den Fiskalpakt und sehen unsere Argumente in diesem offenen Brief bestens formuliert.
Auch im Namen meiner Frau erlaube ich mir die Frage an Sie, wie Sie zu ESM/Fiskalpakt stehen. Können Sie die möglichen negativen Folgen der Brüsseler Beschlüsse für die Bürgerinen und Bürger unseres Landes reinen Gewissens vertreten?

Mit freundlichen Grüßen
Bernd Fischer

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Fischer,
sehr geehrter Herr Fischer,

vielen Dank für Ihre Frage vom 05.07.2012 bezüglich meiner Position zu dem offenen Brief von 172 Ökonomen veröffentlicht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 05.07.2012. Gerne antworte ich Ihnen.

Bitte lassen Sie mich eine Erklärung der vom Bundestag am 29.06.2012 ratifizierten Beschlüsse voraus schicken:

Die Beschlüsse des Brüsseler Euro Gipfels sind weder als Schritte in eine Bankenunion noch in den Einstieg in die Vergemeinschaftung von Schulden zu interpretieren. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) ist ein dauerhafter Rettungsschirm, der nicht zur Deckung von bestehenden Schulden der Mitgliedstaaten verwendet wird. Er soll lediglich Staaten, die vorübergehend Liquiditätsengpässe haben, vorübergehende und zurückzuzahlende Liquiditätshilfen unter dem Schirm einer europäischen Bankenaufsicht geben können. Diese Liquiditätshilfen sollen dem hilfebedürftigen Staat als Darlehen gewährt werden. Darüber hinaus soll der ESM auch neue Staatsschuldverschreibungen ankaufen können, was vergleichbar mit der Vergabe von Hilfsdarlehen ist. Beides soll nur möglich sein, wenn der hilfeersuchende Staat zuvor ein wirtschaftspolitisches Anpassungsprogram aufgelegt hat. Die Gewährung von Hilfen über den ESM ist an die strikte Einhaltung des Fiskalpaktes gekoppelt, daher dürfte sich rein faktisch die Inanspruchnahme des Stammkapitals in Grenzen halten. Auch hier gilt: Ohne Solidität keine Solidarität! Die Rückzahlungsansprüche, die der ESM an die von ihm unterstützten Staaten hat, sollen im Rang gleich nach den Rückzahlungsansprüchen des Internationalen Währungsfonds und vor allen anderen Ansprüchen stehen. Aus diesen Gründen soll auch keine Haftungsunion entstehen.

Entgegen der Meinungen der betreffenden Wirtschaftswisschaftler unterliegen die Gläubigerstaaten strikten Auflagen und Kontrollen durch die Beschlüsse des Brüsseler Gipfels. Das aufgezeigte Szenario von Ausweitungen der Hilfen durch die dominierenden Schuldnerstaaten ist äußerst unwahrscheinlich. Zum einen werden mit dem Fiskalvertrag in allen Mitgliedsstaaten der Eurozone und acht weiteren Staaten der Europäischen Union Schuldenbremsen installiert. Zum anderen sichert der sogenannte Gouverneursrat im ESM die Veränderungen des genehmigten Stammkapitals und etwaige Anpassungen des maximalen Darlehensvolumens. Es handelt sich dabei nicht um ein unabhängiges Gremium, welches autonome Entscheidungen über europäische Steuergelder treffen kann. Der Gouverneursrat besteht vielmehr aus den Finanzministern des Euro-Währungsgebiets, die gewählte Regierungen der Eurostaaten repräsentieren. Alle wesentlichen Entscheidungen, einschließlich der Gewährung von Finanzhilfen oder Änderungen am gezeichneten Kapital, werden grundsätzlich einstimmig durch die Finanzminister des Euro-Währungsgebiets getroffen – Deutschland hat jederzeit ein Vetorecht.

In Anbetracht des hohen Garantierahmens, kann ich Ihre Ängste und Verunsicherungen und die der Bürgerinnen und Bürger nachvollziehen. Doch der Fiskalpakt und der ESM haben eine entscheidende Bedeutung für Europa. Mit einer effizienten europäischen Bankenaufsicht und den strikten Auflagen des Fiskalpaktes muss der Weg der wachstumsfreundlichen Defizitreduzierung beschritten werden. Nur so können wir die Vertrauenskrise auf den internationalen Finanzmärkten aufhalten und somit eine weitere wirtschaftliche Abwärtsspirale verhindern. Deshalb vertrete ich im Interesse der deutschen und der europäischen Bürger die Beschlüsse des Brüsseler Eurogipfels vom 28.06.2012.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen. Im Falle weiterer Fragen können Sie sich gerne wieder an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Patrick Döring, MdB