Portrait von Patrick Döring
Patrick Döring
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Patrick Döring zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Bernd R. •

Frage an Patrick Döring von Bernd R. bezüglich Soziale Sicherung

Guten Tag Herr Döring,

wie stehen Sie zum Thema Leiharbeit? Glauben Sie auch, dass ein Mindestlohn ein maximaler Blödsinn sei, so wie Ihr Parteifreund, der bekennende Weintrinker Rainer Brüderle?

mfG B. Reinert

Portrait von Patrick Döring
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Reinert,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Meiner Überzeugung nach brauchen wir in Deutschland keinen bundesweit einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn. Er ist in der Sache nicht notwendig und er würde der deutschen Wirtschaft und den deutschen Arbeitnehmern schaden.

Die oft angeführte Behauptung, es gäbe in Deutschland eine breite Schicht armer Erwerbstätiger, ist schlicht falsch. 74 Prozent der so genannten "Aufstocker", die neben einem beruflichen Einkommen noch Hartz IV erhalten, gehen nur einer Teilzeitbeschäftigung nach. Ihr Problem ist in der Regel nicht der Stundenlohn, sondern die niedrige Arbeitszeit: 40 Prozent der Alleinerziehenden, 70 Prozent der Singles und 80 Prozent der Paare ohne Kinder, die als Teilzeitarbeiter aufstocken, wären nicht auf staatliche Hilfe angewiesen, wenn sie zu ihrem Stundenlohn Vollzeit arbeiten würden. Die Gründe, warum sie das nicht tun, haben sehr oft auch mit privaten Umständen, mit gesundheitlichen Hemmnissen, körperlichen Einschränkungen oder der familiären Situation zu tun. Ein Mindestlohn alleine hilft da nicht.

Fakt ist: Von insgesamt über 40 Millionen Beschäftigten in Deutschland stehen weniger als ein Prozent in einem Arbeitsverhältnis, in dem sie Vollzeit arbeiten und trotzdem so wenig verdienen, dass sie auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Sie erhalten mehrheitlich außerdem nur deshalb Unterstützung, weil sie eine Familie mit Kindern versorgen müssen.

In Anbetracht dieser Zahlen von einer massiven gesellschaftlichen Schieflage zu reden, wie es die Unterstützer des Mindestlohns tun, ist schlicht unangemessen. Die Lohnfindung als Aushandlungsprozess zwischen Gewerkschaften und Arbeitnehmern funktioniert: Die übergroße Zahl der Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland sind auskömmlich und gut bezahlt. Und diejenigen, die zu wenig verdienen, werden vom Staat unterstützt. So funktioniert Soziale Marktwirtschaft. Und so halten es übrigens auch Schweden, Norwegen, Finnland und Dänemark, die keinen Mindestlohn kennen.
Vor allem aber: Die Einführung eines bundesweit einheitlichen gesetzlichen Mindestlohns würde den Geringverdienern, die heute noch ihr Gehalt mit staatlicher Unterstützung aufbessern, am Ende nicht helfen!

Es ist ein Irrglaube, dass der Gesetzgeber in der Lage wäre, für ganz Deutschland und alle Branchen einen einheitlichen Mindestlohn festzusetzen. Dazu sind die Verhältnisse vor Ort viel zu verschieden - sieben Euro in München helfen niemandem aber kosten zum Beispiel in Görlitz, an der polnischen Grenze viele den Arbeitsplatz! Es ist deshalb sinnvoll, die Lohnfestsetzung den Tarifparteien vor Ort zu überlassen, die sich am besten mit den tatsächlichen Verhältnissen auskennen.

Das größte Problem ist jedoch: Mindestlöhne vernichten Arbeitsplätze - und verbauen damit Menschen den Weg in den Arbeitsmarkt. Bundesweit einheitliche Mindestlöhne, das zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, sind nicht sozial. Wer einen Mindestlohn für alle will, der nimmt in Kauf, dass wir zigtausende Beschäftigte, vor allem in Ostdeutschland, in die Arbeitslosigkeit schicken - und damit dauerhaft in die vollständige Abhängigkeit von staatlichen Transfersystemen. Die Chance, sich im Beruf zu entwickeln und an einem sozialen Aufstieg zu arbeiten, geht diesen Menschen durch einen gesetzlichen Mindestlohn verloren. Wir dürfen diese Brücke in den Arbeitsmarkt nicht abreißen, sondern müssen den Mensch in der Arbeit und durch begleitende Maßnahmen beim Aufstieg helfen.

Mit freundlichen Grüßen

Patrick Döring MdB