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Patrick Döring
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Frage von Heinrich B. •

Frage an Patrick Döring von Heinrich B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Hallo Herr Döring.

sind Sie von Ihren Aussagen die sie in der Sendung "Wann kommt der Aufschwung bei mir an?" vorgetragen haben wirklich überzeugt?

Diese entbehren doch jeglicher Realität und haben mit dem Leben und Einkommen eines Familienvater als Facharbeiter nichts zu tun. In die Statistiken fließen doch immer wieder Gehälter von überbezahlten Manager usw. ein. Siehe h. Steinbrück als Beispiel, kassiert als Abgeordneter, zusätzlich durch Unsummen durch Vorträge und vernachlässigt sein Mandat. Ich als Facharbeiter würde hochkantig fliegen. Aber die Moral vieler Besserverdiener ist soweit gesunken das sie sich nicht mal mehr schämen können.

Danke für eine Antwort.

mit freundlichen Grüßen

Heinrich Bienlein

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Bienlein,

vielen Dank für ihre Frage.
Auf der Basis von Durchschnittsdaten über konkrete Lebenssituationen zu sprechen, ist naturgemäß schwierig. Ich kann und will deshalb nicht behaupten, dass die Zahlen und Daten, wie sie sich uns in der Übersicht präsentieren, auch für Sie zutreffen. Grundsätzlich gibt es aber gute Gründe anzunehmen, dass der jetzt einsetzende Aufschwung nach und nach bei den Menschen ankommt.

Vorab muss man der Vollständigkeit und Fairness halber allerdings erst einmal feststellen, dass bereits der Status quo eigentlich ein großer Erfolg ist. Trotz der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit stehen wir heute, während andere Länder noch mit massiven Folgen zu kämpfen haben, wenigstens ebenso gut dar wie vor der Krise. Die Reallöhne sind, wie Sie auch der einschlägigen Analyse des Statistischen Bundesamtes entnehmen können ( https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath=struktur,vollanzeige.csp&ID=1026199 ), trotz der schweren Krise in den allermeisten Branchen stabil geblieben; durch die gleichzeitige Steuerentlastung, die zu Anfang dieses Jahres wirksam geworden ist (auf die ich an anderer Stelle noch eingehen werde) haben die Menschen netto am Ende sogar mehr in der Tasche. Gleichzeitig ist die Arbeitslosigkeit auf den niedrigsten Stand seit Jahren gesunken – und kann sich im europäischen Vergleich wirklich sehen lassen. Die Vergleichszahlen aus dem Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit finden Sie in der beigefügten Datei oder im Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit. ( http://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte/Monatsbericht-Arbeits-Ausbildungsmarkt-Deutschland/Monatsberichte/Generische-Publikationen/Monatsbericht-201010.pdf ):
Besonders erfreulich ist, der deutliche Rückgang der strukturellen Arbeitslosigkeit. Während in den vergangenen Jahrzehnten nach jeder Wirtschaftskrise die Zahl der Langzeitarbeitslosen zu Beginn des darauf folgenden Aufschwungs höher war als zuvor, haben wir zu Beginn der heutigen Aufschwungphase das erste Mal eine geringere Sockelarbeitslosigkeit als zu Anfang des vorherigen Wachstumszyklus: 2006 gab es noch 1,8 Millionen Langzeitarbeitslose – heute sind es noch 800.000. Das ist zumindest ein sehr viel versprechender Anfang.

Mit Blick auch auf die Zukunft stimmt mich außerdem optimistisch, dass es in Deutschland – zumal im Vergleich zu anderen europäischen Staaten – nur ein vergleichsweise geringes Problem mit Jugendarbeitslosigkeit gibt. Mit 5,8 Prozent liegt diese in Deutschland sogar unterhalb der durchschnittlichen Arbeitslosigkeit. Zum Vergleich: Im europäischen Durchschnitt liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei 20 Prozent, in Frankreich sogar bei 24 und in Spanien bei 40 Prozent.

Bei Löhnen und Beschäftigung haben wir also wieder das Niveau vor der Krise erreicht. Das gleiche gilt auch für die meisten Unternehmen und Wirtschaftszweige. Die rasanten Zuwächse bei den Unternehmensgewinnen, die derzeit überall vermeldet werden, täuschen da (genauso wie die aktuellen Wachstumszahlen) ein wenig, weil sie im Vergleich zu den sehr schlechten Zahlen des Jahres 2009 ermittelt werden. Wenn Sie hingegen die über die Jahre hinweg indizierte Entwicklung vergleichen (ich empfehle hierzu einen Blick auf die durch das Statistische Bundesamt ermittelten Konjunkturindikatoren, http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/Zeitreihen/Indikatoren/Konjunkturindikatoren__nk.psml ) sehen Sie, dass wir im Sommer dieses Jahres gerade einmal den Status quo ante erreicht haben. Einige der wesentlichen Indikatoren können Sie auch der beigefügten Datei entnehmen.

In Anbetracht dieser Wirtschaftsentwicklung können wir mit dem Erreichten bereits durchaus zufrieden sein. Sie werden in der Welt kein anderes Industrieland finden, dass bei niedriger Arbeitslosigkeit und mit stabilen Reallöhnen so schnell, so stabil und so gesund aus der Krise gekommen ist. Wenn Sie sich daran erinnern, dass viele Experten uns Massenarbeitslosigkeit und Lohnverluste wie zu Zeiten der Großen Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren prophezeit haben, dann kann dieses Ergebnis sich wirklich sehen lassen – eine bessere Sozialpolitik als eine Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik, die solche Ergebnisse bringt, kann ich mir persönlich kaum vorstellen.
Es wäre vermessen, wollte ich diese Entwicklung jetzt nach nur einem Jahr im Amt alleine für die schwarz-gelbe Regierungskoalition beanspruchen. Sowohl die Arbeitsmarktreformen unter Rot-Grün als auch das über weite Strecken vernünftige Krisenmanagement der (von der FDP seinerzeit ja auch konstruktiv unterstützen) Großen Koalition hat seinen Anteil dazu beigetragen.

Ich nehme für die christlich-liberale Koalition aber schon in Anspruch, dass diese wirtschaftliche Erholung sich am Ende so ungestört entfalten konnte. Wenn ich mich an die Forderungen der Opposition zur Sanierung der Staatsfinanzen erinnere, die in diesem Frühjahr zu hören waren (Erhöhung der Mehrwertsteuer, Erhöhung der Einkommensteuer, Erhöhung der Erbschaftsteuer, Einführung einer Vermögensteuer etc.pp.), so habe ich zumindest die vielleicht nicht ganz unbegründete Vermutung, dass bei einer anderen Regierungskonstellation die Bürger ebenso wie die Wirtschaft nicht stärker entlastet, sondern im Gegenteil stärker belastet worden wären – und damit die Stabilisierung der Inlandsnachfrage genauso erschwert worden wäre die gesamtwirtschaftliche Erholung.

Die christlich-liberale Koalition hat hingegen, anders als von der Opposition gefordert, zum 1. Januar dieses Jahres mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz sowohl die Unternehmen als auch die Bürger zu einem konjunkturell sensiblen Zeitpunkt noch einmal zusätzlich um über acht Milliarden Euro entlastet. So haben wir unter anderem im Körperschaftssteuerrecht zahlreiche Regelungen beseitigt, die in der aktuellen Situation noch eine krisenverschärfende Wirkung gehabt hätten. Und allein für die Erhöhung des Kindergeldes haben wir 4,6 Milliarden Euro bereit gestellt. Zugleich sanieren wir den Haushalt des Bundes ganz überwiegend durch Kürzungen im Staatshaushalt und nicht durch Belastungen von Bürgern und Unternehmen – auch dies ist ein Beitrag zur Stabilisierung der Wirtschaftsentwicklung.

Insgesamt hat so ein durchschnittlicher Haushalt (Alleinverdiener mit mtl. 3.000 Euro Bruttoeinkommen, verheiratet zwei Kinder) in diesem Jahr netto 564 Euro mehr in der Tasche – in 2011 sind es wegen zusätzlichen Belastungen zum Beispiel bei der Krankenversicherung noch 456 Euro. Eine umfassende Übersicht können Sie der beigefügten Aufstellung des Steuerzahlerbundes entnehmen.

Wenn sich der Aufschwung jetzt weiter fortsetzt – und die Zahlen geben Anlass, das zu hoffen – dann gibt es auch gute Gründe zu erwarten, dass diese Entwicklung sich auch bei den Menschen weiter und stärker niederschlägt. Schon jetzt sehen wir, dass in besonders stark wachsenden Branchen die Löhne deutlich steigen. In der Stahlwirtschaft gibt einen Lohnaufwachs von sechs Prozent und die großen Automobilhersteller sowie zahlreiche Zulieferunternehmen ziehen bereits Lohnerhöhungen vor. Ich bin daher zuversichtlich, dass bei den bevorstehenden Tarifverhandlungen die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung sich auch positiv für die Arbeitnehmer auswirken wird.

Die Fundamentaldaten für Deutschland sind also weitaus besser als die politische Stimmung vermuten lässt: Die Arbeitslosigkeit sinkt, die in der Krise weitestgehend stabilen Brutto-Reallöhne wachsen langsam und das Nettoeinkommen ist deutlich gestiegen. Das sind die Fakten. Ich finde, angesichts dessen ist es durchaus gerechtfertigt zu sagen, dass die Menschen in Deutschland von der wirtschaftlichen Erholung profitieren.

Das bedeutet natürlich nicht, dass es in Deutschland nicht auch weiterhin Probleme gibt, die wir beheben müssen – trotz geringer Jugendarbeitslosigkeit gibt es immer noch Probleme bei der Vermittlung von Lehrstellen, Lohnzuwächse bei mittleren Einkommen werden zu stark durch Einkommensteuer belastet (Kalte Progression), und der Missbrauch der Zeitarbeitsregelung durch einige Unternehmen gibt zu Recht Anlass zur Empörung. Hier bleiben Reformen notwendig – Politik und Wirtschaft sind da gemeinsam in einer Verantwortung. Und man kann sicherlich darüber streiten, welche Konzepte sich am besten zur Lösung dieser Probleme eignen. Über diese Diskussionen sollten wir allerdings nicht vergessen, dass unsere Soziale Marktwirtschaft sich in dieser Krise im Ganzen betrachtet erkennbar sehr bewährt hat.
Mit freundlichen Grüßen,

Patrick Döring MdB