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Frage von Manfred M. •

Frage an Patrick Döring von Manfred M. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Döring,

heute habe ich in Spiegel-online einen bemerkenswerten Film über die Vertragsgestaltung mit der Firma Bilfinger und Berger zum Ausbau der A 1 zwischen Hamburg und Bremen gesehen. Demnach sind die Verträge so gestaltet, dass der Bund einen minderen und festen Anteil der Mauteinnahmen erhält, während der Vertragspartner bei steigendem Verkehrsaufkommen die Mehreinnahmen kassiert. Der Vertrag scheint mir die öffentliche Hand schwer zu benachteiligen.
Die Einsicht in diese Verträge sollen nicht einmal die Behörden in Niedersachsen haben, geschweige denn, die Öffentlichkeit. Warum enthält uns der Staat den Inhalt solcher Verträge vor?

Halten Sie es für zumutbar, dass die Bürger und Steuerzahler unseres Landes über solche Verträge, unser Staatsvermögen und die Funktionalität unserer Infrastruktur betreffen nicht informiert werden? Sind diese Verträge überhaupt durch parlamentarische Beschlüsse legitimiert, und wenn ja, mit welcher Begründung zieht sich der Staat aus der Kontrolle unserer Infrastruktur immer mehr zurück und entzieht sie damit einer demokratischen Mitgestaltung durch die Bürger?

Sind wir schon mitten in einer Entwicklung, durch Verträge mit Privatunternehmen, wie jüngst mit den Energiekonzernen zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke, die demokratische Einflussnahme auf Infrastrukturprojekte abzuschaffen, um andererseits als Steuerzahler für die Fehlspekulationen von Landesbanken und "systemrelevanten" Banken als Gesellschaft mit unbeschränkter Haftung" mit unseren Steuergeldern einzustehen?

Mit großem Interesse sehe ich Ihrer Antwort entgegen.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Muster

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Muster,

ich freue mich, dass Sie sich mit Ihrem Anliegen an mich wenden. Ich habe mir den von Ihnen angeführten Bericht angesehen und bedauere die einseitige Berichterstattung sehr. Denn Wissenschaft und Politik sind sich einig, dass Projekte der Öffentlich-Privaten-Partnerschaft (ÖPP) gegenüber einer staatlichen Herstellung wesentliche Vorteile aufweisen:

Wirtschaftstheoretisch ist eine staatliche Herstellung von Infrastruktur sogar nur dann sinnvoll, wenn die private Herstellung zu unvertretbaren Gefährdungskosten führt oder an Transaktionsspezifitäten scheitert. Als wesentliche Probleme staatlicher Herstellung werden in zahlreichen Studien insbesondere mangelnde Bedarfsorientierung, hohe Bürokratiekosten, lange Planung- und Durchführungszeiträume sowie dynamische Ineffizienzen angeführt.

Eine Auswertung von 14 Neubauprojekten im Zeitraum von 1975 bis 1995 kommt beispielsweise zu dem Ergebnis, dass beim staatlichen Autobahnbau die Verwaltungskosten während der Genehmigungsphase über ein Drittel der gesamten Baukosten ausmachen. Die reinen Investitionskosten belaufen sich im Durchschnitt hingegen lediglich auf rund 25 Prozent und sind ein klarer Indiz dafür, dass deutliche Effizienzsteigerungen in der Planungsphase möglich sind. Studien aus dem Jahr 2001 belegen zudem, dass die private Herstellung von Infrastruktur 20 bis 30 Prozent günstiger und darüber hinaus in einem deutlich kürzeren Realisierungszeitraum erfolgen kann.

All diese empirisch validen Ergebnisse zum Konzept der ÖPP-Modelle im Allgemeinen und des beim Ausbau der BAB 1 angewendeten A-Modells im Speziellen werden in der von Ihnen angeführten Berichterstattung völlig außer Acht gelassen. Stattdessen konzentriert sich der Beitrag auf die Refinanzierung der Investitionskosten des Bauprojektes und vermittelt dabei den Eindruck, als würde dem Betreiberkonsortium eine unverhältnismäßige hohe Rendite garantiert. Dass die privaten Unternehmen für die nächsten 30 Jahre auch das wirtschaftliche Risiko übernehmen, bleibt völlig außen vor. Vielmehr stützen sich die von Spiegel-TV angeführten Berechnungen zur Höhe des Mautaufkommens auf eine einzige Prognose zur erwarteten Verkehrsentwicklung auf dem betrachteten Abschnitt der BAB 1. Ein solches Vorgehen ist nicht nur wissenschaftlich fraglich, sondern vielmehr in höchstem Maße populistisch.

Abschließend möchte ich anmerken, dass privatrechtliche Verträge, wie sie in dem beschriebenen Fall zwischen der A1 Mobil und dem Land Niedersachsen geschlossen wurden, grundsätzlich keiner öffentlichen Einsicht unterliegen. Dieses Vorgehen dient keineswegs der Verschleierung von Vorgängen als vielmehr dem Schutze der Vertragspartner – wie bei jedem anderen Vertrag zwischen natürlichen Personen auch. Sollten gegenüber einem geplanten Bauvorhaben Bedenken bestehen, so haben vielmehr alle betroffenen Personen und Institution im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens ausgiebig Gelegenheit, ihre Vorwände vorzutragen.

Ich hoffe, mit meinen Ausführungen Ihnen Ihren Unmut genommen zu haben und möchte Sie bitten, im Falle weiterer Fragen sich wieder an mich zu wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Patrick Döring, MdB