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Frage von Marcus B. •

Frage an Patrick Döring von Marcus B. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Döring,

ich habe eine Frage zum Thema Bildung. Gerade vor kurzem hatte SPON einen Artikel dazu, wieviele faehige Schueler auf die Hauptschulen gehen und dann schlechte Chancen im spaeteren Leben haben.

Ich bin vor 20 Jahren selbst nach der 10B damals auf das Gymnasium und musste diesen steinigen Weg gehen. Das moechte ich zukuenftigen Generationen gerne ersparen. Das Prinzip wo im Alter von 9-10 ueber die Zukunft der Kinder enschieden wird halte ich fuer ueberholt.

Die FDP setzt sich z.B. in Hessen stark fuer die Erhaltung der Hauptschulen ein. Was halten Sie von der Idee der Gesamtschulen?

Werden Sie sich fuer den freien Zugang zu Informationen im Internet einsetzen?

Mit Freundlichem Gruss,

Marcus Becker

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Becker,

vielen Dank für Ihre Frage zur Bildungspolitik. Auch ich habe den Bericht auf Spiegel Online gelesen und stimme Ihnen insoweit zu als es natürlich unbefriedigend ist, wenn Kinder in der Schule unterfordert oder überfordert sind. Wichtig ist, dass die Schüler ihrem Leistungsstand entsprechend gefördert werden. Gerade darum bin ich von der Idee der Einheitsschule nicht überzeugt.

Zunächst möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass der Bund für die Bildungspolitik nicht zuständig ist. Über diese wird abschließend auf Landesebene entschieden. Daher gibt es bereits unterschiedliche Systeme in den verschiedenen Ländern. Die Einheitsschule ist bislang aber noch in keinem Land umgesetzt worden. Meiner Ansicht nach müssen wir für verschiedene Probleme, die zweifellos an den Schulen existieren, unterschiedliche Antworten finden. Die Veränderung der Schulstruktur löst aus meiner Ansicht nach die Probleme nicht.

So haben auch internationale Vergleichsstudien und Bildungsexperten in den vergangenen Jahren bekräftigt, dass nicht die Struktur eines Bildungssystems, sondern die Qualität des Unterrichts entscheidend für den Bildungserfolg ist. Bei uns gibt es häufig übergroße Klassen, zu wenige Lehrer und eine allgemein zu schlechte Schulausstattung. Kurz und knapp: Ein Punkt ist, dass wir - auch und gerade im internationalen Vergleich - zu wenig in die Schulbildung unserer Kinder investieren.

Ein weiterer Punkt ist für mich, dass Schule heute -ob man das begrüßen will oder nicht - nicht mehr allein für Bildung zuständig ist. Teilweise kommen sprachliche Probleme, teils kulturelle Differenzen und auch Erziehungsdefizite hinzu, die neben dem Bildungsauftrag zu behandeln sind. Dafür brauchen wir die entsprechenden Fachleute an den Schulen - zusätzlich und nicht an Stelle von Lehrern.

Wichtig ist mir, dass das Schulsystem durchlässig ist. Zur Chancengleichheit gehört, dass eine Entscheidung für eine Schulform oder eine bestimmte Schule nicht endgültig, ohne Wechselmöglichkeit und Chance auf eine Fortsetzung der Schullaufbahn ist, auch wenn die Leistungen der Schüler es ermöglichen würden. Für Unterstützung bei dem Übergang muss gesorgt sein. Für mich ist ebenso klar, dass die Empfehlung für eine Schulform nicht von der sozialen Herkunft abhängen darf. Eine Gesellschaft, die das zulässt, vergibt Chancen. Ich meine aber, dass es nicht richtig ist, deswegen das System in Frage zu stellen; zumal festgestellt worden ist, dass die soziale Selektivität auch an der Gesamtschule hoch ist. Daher sollte aus meiner Sicht die Konsequenz sein, an dem konkreten Fehler anzusetzen und eine Lösung für die fehlerhaften Schulempfehlungen oder falsche Schulauswahl durch die Eltern zu suchen.

Denn das Gesamtschulmodell hat große Nachteile, jedenfalls, wenn die Gesamtschule die einzige Schule ist. Überhaupt zu rechtfertigen ist das System, wenn die Leistungsstärke nach Kursen differenziert wird. Das funktioniert derzeit eher schlecht als recht. Wenn es, zum Beispiel in ländlichen Regionen, nicht genügend Schüler für mehrere Leistungsstufen gibt, dann gibt es letztlich doch nur einen Kurs, der auch beim Leistungsniveau nur durchschnittlich ist.
Früher war die Ganztagesbetreuung ein großer Vorteil der Gesamtschule. Heute gibt es bei jeder Schulform Ganztagesangebote und ich halte das für richtig. Ich halte daher weitreichende Veränderungen der jetzigen Struktur nicht für hinreichend begründet. Da diese Eingriffe auch eine erhebliche Belastung und viel Aufwand für die Schulen, Lehrer, Eltern und nicht zuletzt die Schüler selbst bedeuten, ziehe ich andere Maßnahmen vor, die bei den konkreten Problemen und bei der Bildungsqualität ansetzen. Eine Veränderung der Schulstruktur hat hohe symbolpolitische Bedeutung. Aber selbst wenn man morgen aus jeder Schule eine Gesamtschule machen würde, wäre kein Problem gelöst.

Unser Bildungssystem benötigt dringend mehr Freiheit, wir setzten auf die Eigenverantwortliche Schule, damit Entscheidungen vor Ort getroffen werden können, Schulen sollen Raum bieten für Kreativität und Innovationen. Dies schaffen wir, wenn wir den Schulen die Freiheit geben eigene Profile zu entwickeln, nicht aber, indem wir für alle Schulen und alle Schüler eine Schule bestimmen. Die Individualität der Schüler muss sich im Bildungsangebot widerspiegeln.

Mit freundlichen Grüßen

Patrick Döring