Guten Tag, mich interessiert Ihre Position bezüglich der Notwendigkeit (oder eben auch nicht) des Stärkens der Verteidigung (Bund und NATO), besonders in Bezug auf den aktuellen Angriffskrieg.
Sehr geehrter Herr Ocak,
finden Sie, dass die Nato und/oder die Bundeswehr gestärkt werden müssen, um gegen etwaige Bedrohungen wie durch die russische Regierung gewappnet zu sein? Wenn ja, wie? Oder besteht Ihrer Ansicht nach kein Handlungsbedarf?
Falls Sie die erste Frage mit „nein“ beantworten:
Sehen Sie potentielle militärische Bedrohungen für die Bundesrepublik, die EU oder Bündnispatner? Falls ja: Wie sollte auf diese Bedrohungen reagiert werden?
Vielen Dank für Ihre Antworten
eine potentielle Wählerin

Sehr geehrte Frau E.,
ich sehe nicht das die NATO gestärkt werden muss. Wir streben eine kooperative Sicherheitspolitik in Europa an. Die NATO, ein Relikt des Kalten Krieges, ist dafür nicht geeignet: Denn sie ist keine Wertegemeinschaft, sondern ein reines Militärbündnis zur Durchsetzung nationaler und wirtschaftlicher Interessen, immer wieder und seit vielen Jahrzehnten auch mit militärischer Gewalt. Weder der Afghanistankrieg noch der Irakkrieg noch die weiteren zahlreichen Völkerrechtsbrüche durch NATO-Mitglieder haben Europa sicherer gemacht. Wir haben dann eine Chance auf eine friedlichere Zukunft in Europa, wenn wir aus Fehlern lernen und uns rückbesinnen auf die Prinzipien der Entspannungspolitik. Kein Kalter Krieg 2.0, sondern eine OSZE 2.0, das ist unsere Vision eines friedlichen Europas. Unser Ziel ist eine Sicherheitsarchitektur in Europa, die auf den Prinzipien der friedlichen Koexistenz und den Vereinbarungen der KSZE beruht und alle Länder des Kontinents einbezieht. Eine solche Sicherheitsarchitektur macht die NATO überflüssig und ermöglicht eine Außenpolitik der internationalen Kooperation anstelle von wirtschaftlicher und militärischer Konkurrenz. Langfristig soll sie auch Russland und die Türkei miteinbeziehen – Voraussetzung wäre die Beendigung aller Angriffskriege und ein Prozess der Aussöhnung und des Wiederaufbaus.
Die Bundeswehr wurde jahrzehntelang als mobile Einsatzkampftruppe für Auslandseinsätze umgebaut. Sie ist aber grundgesetzlich eine Verteidigungsarmee und das soll sie unserer Meinung nach auch bleiben. Die vor der "Zeitenwende" aufgebrachten Mittel für die Bundeswehr, sind ausreichend um den Umbau zur Verteidgungsarmee zu ermöglichen. Es ist politischer Irrsinn, Miliarden in die Bundeswehr zu stecken, wenn das Beschaffungswesen nicht reformiert wird. Allgemein streben wir eine engere Zusammenarbeit auf europäischer Ebene an und wollen durch Entspannungspolitik global ab-statt aufrüsten.
Eine bis an die Zähne bewaffnete Welt ist nicht sicherer, sondern unsicherer. Deshalb muss Deutschland Vorreiter für gemeinsame Abrüstung sein, statt immer mehr % des BIP, auf geheiß von Trump, für Aufrüstung zu investieren.
Mit freundlichen Grüßen
Onur Ocak