Wie stehen Sie zu den Herausforderungen im Bereich der kinderärztlichen Versorgung?
Sehr geehrter Herr Nouripour,
kinderärztliche Praxen und Kliniken stehen vor immer größeren Herausforderungen, die Versorgung ist teilweise nicht mehr sichergestellt. Was tun Sie an dieser Stelle?
Beste Grüße aus dem Taunus
Sehr geehrte Frau B.,
Besonders im Herbst/Winter 2022 waren die Herausforderungen für die kinderärztliche Versorgung groß. Viele Kinder litten insbesondere an akuten Atemwegserkrankungen. Viele Eltern klagten über Engpässe bei Medikamenten. Kinderarztpraxen und Kinderkliniken waren überlastet.
Wichtige Reformen für Kinderkliniken im speziellen wie für Krankenhäuser allgemein, hat die Ampel-Koalition bereits auf den Weg gebracht. Eine große Krankenhausreform wird im kommenden Jahr folgen. Doch diese Reformen wirken nicht sofort, deshalb sind auch kurzfristige Maßnahmen nötig, um in dieser Situation zu helfen. Für uns und unsere Koalitionspartner in der Ampel steht fest: Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder zu jeder Jahreszeit bedarfsgerecht versorgt werden.
Die Möglichkeiten für Apotheken, bei einem Lieferengpass zum Beispiel Fiebersäfte als Rezeptur auch selbst herzustellen und abzurechnen, sollen erweitert werden. Die Meldepflichten für Großhandel und Industrie sollen ausgebaut werden, um frühzeitig auf einen drohenden Lieferengpass reagieren zu können. Die Bevorratungsvorgaben für den Großhandel sollten erweitert werden auf alle Medikamente, die von der WHO als unentbehrlich gelistet werden.
Derzeit müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bereits ab dem 1. Tag ein Attest über die Erkrankung ihres Kindes gegenüber dem Arbeitgeber bzw. ihrer Krankenkasse vorlegen. Der Nachweis sollte wie bei Erwachsenen erst ab dem vierten Tag erfolgen. Das entlastet nicht nur die Familien, sondern auch die Kinderärztinnen und Kinderärzte. Die elektronische Arbeitsunfähigkeitbescheinigung (eAU) sollte künftig auch für die Bescheinigung von Kinderkrankentagen gelten.
Die bestehenden Budgetbegrenzungen für Kinderärztinnen und Kinderärzte sollen entfallen. Das heißt, dass alle kinderärztlichen Leistungen unabhängig von ihrer Menge voll vergütet werden. Darüber sind wir uns mit dem Gesundheitsministerium bereits einig. Zudem schlagen wir vor, dass Kinderärztinnen und Kinderärzte in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Regionen einen Vergütungsaufschlag erhalten.
Rund 60 Prozent der in Europa verwendeten Arznei-Wirkstoffe werden in China und Indien produziert. Diese Abhängigkeit gilt es zu verringern. Hierfür müssen wir die Entwicklung von Impfstoffen und Medizinprodukten hierzulande und in Europa stärker fördern. Hierbei bedarf es einer engeren Kooperation zwischen den EU-Staaten.
Freundliche Grüße
Team Nouripour