Unterstützen Sie die Forderung nach einer Durchschnittsbesteuerung von kleinen Gewerbetreibenden deren Einkünfte starken jährlichen Schwankungen unterliegen, zur Erhöhung der Steuergerechtigkeit?
Unternehmer deren Gewinn regelmäßig deutlich unter dem Spitzensteuersatz liegt und starken jährl. Schwankungen unterliegt, zahlen signifikant höhere Steuern, als Einkommen, die nur geringen jährl. Schwankungen unterliegen.
Beispiel: Unternehmer A und B ermitteln ihren Gewinn per EÜR, sind verh. Alleinverdiener mit Famile.
Beide erzielen im Schnitt die gleichen Umsätze bei gleichen Margen.
A erzielt 2022 einen Gewinn von 0,- EUR, in 2023 liegt sein Gewinn bei 80.000 EUR => zusammen ca. 15.000 EUR Steuern.
B erzielt in beiden Jahren je rd. 40.000 EUR Gewinn => zusammen ca. 7.000 EUR Steuern.
Bei eigentlich gleicher steuerlicher Leistungsfähigkeit zahlt A mehr als 2x so viel Steuern wie B.
=> A kann keine Rücklagen mehr bilden.
Zur Behebung dieser Ungerechtigkeit ist eine Durchschnittsbesteuerung über mehrere Jahre erforderlich. Da der Verlustabzug bis zu sieben Jahre rückwirkend möglich ist, wäre die Durchschnittsbesteuerung über die letzten 7 Jahre naheliegend und hinreichend gerecht.
Sehr geehrter Herr F.,
vielen Dank, dass Sie sich mit Ihrer Frage zur Steuerpolitik und der Forderung nach einer Durchschnittsbesteuerung für kleine Gewerbetreibende an uns wenden.
Zunächst ist erwähnenswert, dass das Steuerrecht eine Durchschnittsbesteuerung bzw. Tarifglättung bereits in § 32c EStG für Landwirt*innen kennt, was allerdings einen besonderen Hintergrund hat:
Die bestehende Tarifglättung für Landwirt*innen ist gezielt auf die Besonderheiten der Landwirtschaft zugeschnitten. Diese Berufsgruppe steht häufig vor erheblichen Herausforderungen durch wetter- und klimabedingte Schwankungen, die deren Gewinne stark beeinflussen. Diese spezifischen Risiken machen eine vereinfachte Besteuerung sinnvoll, um wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Für andere Berufsgruppen, bei denen solche Schwankungen typischerweise weniger ausgeprägt sind, stehen andere steuerliche Instrumente wie Verlustvorträge oder -rückträge zur Verfügung, um Einkommensschwankungen auszugleichen.
Das von Ihnen angeführte Beispiel zeigt jedoch, dass sich auch bei kleinen Gewerbetreibenden mit unregelmäßigen Einkünften Fragen der Steuergerechtigkeit stellen. Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung – die Besteuerung auf Basis eines einjährigen Betrachtungszeitraums – bleibt jedoch ein Grundpfeiler unseres Steuersystems. Dieses Prinzip hat zwei wesentliche Vorteile:
- Planbare Staatseinnahmen: Regelmäßige Einnahmen sichern die Handlungsfähigkeit des Staates, etwa für Infrastruktur, Bildung und Sozialleistungen.
- Verwaltungsaufwand: Die Einführung einer allgemeinen Durchschnittsbesteuerung würde den Verwaltungsaufwand für Steuerpflichtige und die Finanzverwaltung erheblich steigern. Die Berechnung, Nachprüfung und Anpassung von Steuerbescheiden über mehrere Jahre hinweg wäre äußerst komplex und könnte zusätzliche bürokratische Hürden schaffen.
Gleichzeitig erkennen wir, dass die bestehenden Regelungen zum Verlustvortrag und -rücktrag für Unternehmer*innen mit stark schwankenden Einkünften möglicherweise nicht ausreichen, um solche Ungerechtigkeiten vollständig auszugleichen. Deshalb prüfen wir, ob diese Instrumente flexibler und gerechter gestaltet werden können. Bereits im Rahmen der Pandemiemaßnahmen haben wir die Regelungen zum Verlustabzug angepasst und erweitert.
Vielen Dank, dass Sie uns auf diese wichtige Fragestellung aufmerksam gemacht haben.
Mit freundlichen Grüßen
Team Nouripour