Sehr geehrter Herr Nouripour, warum ist das Bundeswehrsondervermögen in seiner Höhe von 100 Milliarden Euro gerechtfertigt?
Russland führt einen Angriffskrieg in der Ukraine. Dass das die Sicherheitspolitische Landschaft verändert ist klar. Aber politische Handlung muss Sinn ergeben, gerade wenn ganze Jahreshaushalte für ein einzelnes Ressort ausgegeben werden sollen.
Das russische Militär scheint schon mit einem Staat seine Probleme zu haben. Und die Nato hatte, schon vor dem Ukrainekrieg, eine deutliche Übermacht in allen relevanten Rüstungskategorien: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/379080/umfrage/vergleich-des-militaers-der-nato-und-russlands/ .
Durch den Verschleiß in der Ukraine hat sich dieses Bild nur verstärkt. Darüber hinaus würde ein Nato-Russland Krieg nicht mit konventionellen Waffen gefochten. Ein solcher Krieg bedeutet das Ende für uns alle, egal, wie viele Panzer und Flugzeuge wir kaufen. Russische Panzer würden nie deutschen Boden erreichen, weil unser Kontinent vorher im atomaren Feuer vergeht. Also was ist die rationale Begründung dafür, derart viel Geld auszugeben?
Sehr geehrter Herr M.,
der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat unsere Welt verändert. Er bringt unermessliches Leid und Zerstörung für die Menschen in der Ukraine und ist auch ein brachialer Angriff auf unsere Freiheit, unsere gemeinsamen europäischen Werte, auf Demokratie und Rechtstaatlichkeit und er ist der Versuch, eine diktatorische Herrschaft auszudehnen.
Die letzten Monate haben schmerzlich gezeigt, dass die Bundeswehr nach 16 Jahren unionsgeführter Regierung nicht im Stande ist, ihrem Auftrag und den neuen Herausforderungen gerecht zu werden. Mit dem Sondervermögen soll die Bundeswehr in die Lage versetzt werden, die im Rahmen der Verteidigung des Bündnisses erforderlichen Fähigkeiten zügig und umfassend einbringen zu können. Das schulden wir unseren Bündnispartner*innen ebenso wie unseren Soldat*innen.
Mit den 100 Milliarden Euro, die als Kreditermächtigung zur Verfügung gestellt werden, steht nun über mehrere Jahre ein Finanzvolumen für Investitionen im Sicherheits- und Verteidigungsbereich zur Verfügung. Im Wirtschaftsplan ist skizziert, welche Beschaffungslücken in den kommenden Jahren konkret geschlossen werden sollen. Angesichts der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse macht das mehrjährige Sondervermögen es möglich, dass die engen Spielräume im Bundeshaushalt eingeschränkt werden.
Parallel dazu wird die Bundesregierung die Probleme im Beschaffungswesen angehen. Die Beschaffung von Großvorhaben muss schneller und, wo möglich, auch europäischer erfolgen. Die Bundesregierung muss künftig vierteljährlich berichten, welche Fortschritte es bei der Reform des Beschaffungswesens gibt.
Damit stellt sich die Bundesregierung in einer Zeit, in der Deutschland als verlässlicher Bündnispartner dringend gebraucht wird, der neuen sicherheitspolitischen Gegenwart und ihrer Verantwortung in Europa.
Freundliche Grüße
Omid Nouripour