Frage an Omid Nouripour von Berthold F. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Nouripour,
ein großes Ärgernis ist, dass man als bereits längere Zeit privat Krankenversicherter die Versicherung faktisch nicht wechseln kann, da die Altersrückstellung dabei verfallen würde. Man ist daher der Krankenkasse ausgeliefert - es gibt keine staatliche Prüfung der Tarife mehr. Es besteht keine Möglichkeit, selbst die Berechnungsgrundlagen der Versicherung zu prüfen, und ob der „unabhängige“ Treuhänder, der die Tarife prüft, immer die Interessen der Versicherten hinreichend berücksichtigt, kann auch nicht geprüft werden. Es liegt vielmehr der Verdacht nahe, dass Treuhänder unter dem Aspekt, dass sie eine Vertragsverlängerung bekommen wollen, versicherungsfreundlich entscheiden und z.B. höhere Gewinnmargen und Verwaltungskostenanteile billigen.
Ich halte es daher für dringend geboten, die Eigentumsrechte der Versicherten an der Altersrückstellung zu sichern und ihnen die Mitnahme der Altersrückstellung bei Versicherungswechsel zu ermöglichen. Streben Sie dies an? Oder wollen Sie zumindest mehr Transparenz bei der Berechnung der Beiträge verlangen?
Mit freundlichen Grüßen
Berthold Fuld
Sehr geehrter Herr Fuld,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu den Altersrückstellungen in der Privaten Krankenversicherung.
Dass in der Privaten Krankenversicherung langjährig Versicherte faktisch ihrem Versicherungsunternehmen „ausgeliefert“ sind, wird seit vielen Jahren beklagt. In den vergangenen Jahren hat es immer wieder Vorschläge gegeben, wie dies zu ändern wäre. Allerdings hat sich bisher keiner dieser Vorschläge als realisierbar erwiesen.
Allerdings legen wir Grünen keinen Schwerpunkt auf Reformen innerhalb der Privaten Krankenversicherung. Wir befürworten statt dessen einen grundsätzlichen Systemwechsel. Konkret halten wir die Zweiteilung unseres Krankenversicherungssystems in einen privaten und einen gesetzlichen Zweig für falsch. Diese Doppelstruktur führt dazu, dass die wirtschaftlich leistungsfähigsten und im Durchschnitt auch gesündesten Bevölkerungsgruppen nicht am Solidarausgleich innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung beteiligt sind. Außerdem wird damit der Wettbewerb am Krankenversicherungsmarkt stark behindert. Wir setzen uns deshalb für die Zusammenführung der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung in einer Bürgerversicherung ein.
In einer solchen Bürgerversicherung wären Altersrückstellungen nicht mehr erforderlich. Die Begrenzung der Beiträge im Alter würde – wie heute schon in der gesetzlichen Krankenversicherung – durch den Generationenausgleich zwischen älteren und jüngeren Versicherten erfolgen.
Beim Übergang in die Bürgerversicherung müssten die bereits aufgebauten Altersrückstellungen den privat Krankenversicherten selbstverständlich erhalten bleiben. Das gebietet schon die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes. Diese Rückstellungen könnten von den Versicherten möglicherweise dazu genutzt werden, um Zusatzversicherungen zu finanzieren. Wissenschaftler arbeiten zurzeit an entsprechenden Modellen.
Mit freundlichen Grüßen
Omid Nouripour