Frage an Omid Nouripour von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Nouripour,
am 29.05.2020 kam es im hessischen Dietzenbach zu Ausschreitungen gegenüber der Polizei:
"Etwa 50 Männer haben am frühen Freitagmorgen im hessischen Dietzenbach (Landkreis Offenbach) einen Brand gelegt und anschließend die Rettungskräfte angegriffen. Wie die Polizei mitteilte, wurden auf einem Parkdeck Mülltonnen und ein Bagger angezündet. Polizisten und Feuerwehrleute wurden bei ihrem Eintreffen von der gewaltbereiten Gruppe mit Steinen beworfen. "Wir gehen davon aus, dass die Feuer nur gelegt wurden, um die Einsatzkräfte anzulocken", sagte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. Polizeiangaben zufolge wartete die Gruppe auf das Eintreffen der Beamten bereits mit Steinhaufen.
Die Auseinandersetzung dauerte etwa zwei Stunden. Drei Männer wurden laut Polizei vorläufig festgenommen. Zwei von ihnen hätten den Einsatz gestört und seien Platzverweisen nicht gefolgt, der Dritte sei ein mutmaßlicher Steinewerfer. Während der Auseinandersetzung sei auch ein Hubschrauber im Einsatz gewesen. Verletzt wurde nach bisherigem Kenntnisstand niemand. Der Sachschaden beläuft sich laut Polizei auf mindestens 150.000 Euro. Auch Einsatzfahrzeuge seien beschädigt worden."
https://www.gmx.net/magazine/panorama/gruppe-50-maennern-greift-polizisten-steinen-34744310
Weitere Informationen zum Geschehen:
Frage 1:
Ist Ihnen der benannte Vorfall bekannt?
Frage 2:
Wenn ja, haben Sie sich bisher mit diesem Vorfall politisch beschäftigt?
Laut meiner Recherche scheint die öffentliche Berichterstattung bezüglich dieses Vorfalls sich zwischenzeitlich diskret entwickelt zu haben. Die mir zugängliche aktuellste Nachricht datiert vom 02.06.2020:
"Dienstag, 02.06.2020, 12.49 Uhr: Der Polizei liegen erste Hinweise zu dem Angriff auf Feuerwehrleute und Polizisten in Dietzenbach (Kreis Offenbach) vor. Eine heiße Spur sei jedoch noch nicht darunter, sagte ein Polizeisprecher. Die Zahl der Hinweise liege im „niedrigen zweistelligen Bereich“.
Die Pressemitteilungen der Polizei Hessen, abrufbar unter...
https://www.polizei.hessen.de/aktuelles/
... weisen am 09.06.2020 um 15:45 Uhr für den Zeitraum 28.05. - 09.06.2020 keinen einzigen Hinweis auf das benannte Geschehen auf.
Als Tierfreund freue ich mich, dass die Polizei Darmstadt sich um unschuldige Langohren kümmert ...
"Schaafheim: Wer hat "Flocke" und "Flecky" gestohlen?
Polizei ermittelt nach Diebstahl von zwei Hasen und sucht Zeugen"
https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/4969/4617304
... finde es aber seltsam, dass der oben benannte Fall nicht auf dem Presseportal der Polizei Hessen behandelt wird.
Frage 3:
Wie bewerten Sie die aktuelle Entwicklung bezogen auf die benannten Ausschreitungen?
Frage 4:
Sollte etwas unternommen werden, um den benannten Vorfall aufzuarbeiten, wenn ja was?
Viele Grüße, T. S.
Sehr geehrter Herr Schüller,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage. Wie Sie habe ich aus den Medien von diesem schlimmen Vorfall erfahren. In hessischen Medien – wie Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Neue Presse, Frankfurter Rundschau und auf hessenschau.de – wurde seitdem mehrfach über das Thema berichtet. Die Polizei hat Meldungen dazu veröffentlicht (https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/43561/4609076). Sie hat einen Hinweis-Server eingerichtet (https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/43561/4609981) und ermittelt.
Gewalt gegen Einsatzkräfte ist nicht hinnehmbar. Leider geschieht es immer häufiger, dass Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und andere Einsatzkräfte angegriffen werden.
Neben größerer Wertschätzung, mehr Respekt und Anerkennung für Einsatzkräfte, die einen wichtigen Dienst für unsere Gesellschaft leisten, braucht es vor allem eine gute personelle und materielle Ausstattung sowie eine gute Ausbildung und regelmäßiges Training. Dadurch können Einsätze fachlich und technisch optimal vorbereitet und auch schwierige Alltagssituationen besser bewältigt werden. Das nützt der Eigensicherung der Einsatzkräfte und macht ihren Job auch tatsächlich sicherer. Mit genügend Personen vor Ort, guter Aus- und Weiterbildung und guter Ausrüstung, insbesondere Schutzausstattung, ist es möglich, vermeidbare Risiken auch tatsächlich zu vermeiden und Einsatzkräfte besser zu schützen.
Die Grünen im Hessischen Landtag haben sich am 29.05.2020 dazu wie folgt geäußert:
„Schändlicher Angriff auf Rettungskräfte - Die Täter von Dietzenbach müssen überführt und strafrechtlich belangt werden
Eva Goldbach, Innenpolitische Sprecherin der GRÜNEN Landtagsfraktion:
„Wer mit vereinten Kräften aus einer Menschenmenge heraus Feuerwehrleute und Polizeibeamt*innen attackiert und sie mit Steinen bewirft, greift uns alle an. Es kann nicht hingenommen werden, dass diejenigen angegriffen werden, die andere schützen und anderen Menschen helfen. Hier handelt es sich um eine gravierende Straftat, die mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht ist. Es ist jetzt Aufgabe von Polizei und Justiz, die Täter zu überführen und angemessen zu bestrafen. Der Angriff in Dietzenbach hat gezeigt, wie die Verrohung der Gesellschaft zugenommen hat und wie gefährlich die Arbeit der Rettungskräfte und Sicherheitsbehörden geworden ist. Das kann nicht hingenommen werden. Wir müssen uns alle schützend vor Einsatzkräfte und Rettungskräfte stellen. Staatsanwaltschaft und Polizei müssen die Vorgänge deshalb jetzt so rasch wie möglich aufklären und die strafrechtlichen Konsequenzen ziehen. Nur so können mögliche Nachahmer abgeschreckt werden.““
Diese Aussagen teile ich. Es ist nun wichtig, dass die Polizei weitere Hinweise erhält, um den Vorfall so gut wie möglich aufklären zu können.
Darüber hinaus ist es sehr gut, dass die Stadt Dietzenbach bereits angekündigt hat, im Spessartviertel, wo diese Attacke stattgefunden hat, wieder verstärkt zu versuchen, durch Sozialarbeit und andere Maßnahmen die dort lebenden Jugendlichen zu erreichen – von denen nach bisherigen Annahmen einige für diesen Angriff verantwortlich sind. Die Jugendlichen dürfen nicht allein gelassen und abgehängt werden. Sie brauchen Unterstützung, Anlaufstellen und Perspektiven.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Omid Nouripour