Frage an Omid Nouripour von Philip G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Omid Nouripour!
Sie schreiben, dass Sie kein "Suren-Bingo" spielten, gleichzeitig ist in der Koranexergese die sogenannte Abrogation bekannt, wonach im Zweifel die (zeitlich) letzteren Suren gelten, also die radikaleren! https://de.wikipedia.org/wiki/Koranexegese : Ein wirklich gutes Buch dazu: "Der Koran: Botschaft der Liebe. Botschaft des Hasses" von Hamed Abdel-Samad. Sie schreiben weiter: "Die Behauptung, dass nur die Scharia in einem Staat gelten darf, stammt ausschließlich von Extremisten, islamistischen sowie auch rechtsradikalen." Wieviele Länder gibt es, in denen die Scharia – als bindendes Rechtssystem - angewandt wird: von Saudiarabien über Iran, etc…. mit den entsprechenden Strafen: von Auspeitschen bis Steinigungen und rollenden Köpfen... Sind das alles „Behauptungen…“ von Rechtsradikalen oder Fakten? Wie stehen Sie zu diesen Ländern, in denen Scharia als Rechtssystem gilt? Sehen Sie all diese Länder als islamistisch oder rechtsradikal an? Wie stehen Sie dazu, dass beim Scharia Familienrecht – das z.B. in England teilweise erlaubt ist - die Stimme einer Frau nur die Hälfte zählt? (Dort gilt sicherlich auch die Gleichstellung der Frau in deren Grundgesetz...)
Bitte werden Sie konkret: Welchen Teil “Ihrer Interpretation” der Sharia lehnen Sie denn nun ab, und welchen nicht? Wie genau schränkt die Umsetzung/Nicht Umsetzung “welcher Interpretation der Sharia auch immer” jetzt genau die angedeutete Religionsfreiheit der Muslime ein? Dr. Lars Castellucci (SPD) schreibt zu Ihrer Zwischenfrage: "Die Scharia gilt in Deutschland nicht, egal in welcher Fassung. Ich sehe es auch nicht als meine Aufgabe an - offenbar im Gegensatz zu Omid Nouripour -, das in Deutschland geltende Recht nach Maßgabe der Scharia zu ergänzen, zu erweitern oder sonst wie anzupassen." (https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/prof-dr-lars-castellucci/question/2018-10-29/305996) Was sagen Sie dazu?
Ich danke Ihnen schon jetzt für die Antwort.
Vorweihnachtliche Grüße P.
Sehr geehrter Herr G.,
ich bin Mitglied einer Partei, die für Gleichberechtigung steht, wie keine andere in Deutschland (und die im Übrigen am deutlichsten gegen Waffendeals mit denen von Ihnen angeführten Staaten einsteht). Glauben Sie mir, nichts läge mir ferner, als die Errungenschaften der liberalen Demokratie herzugeben.
Zu meinem sozialdemokratischen Kollegen Castellucci wende ich ein: Artikel 4 Absatz 1 & 2 Grundgesetz:
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
Bitte sehen Sie mir nach, wenn ich mich an dieser Stelle nicht in die Details der Koranexegese begebe. Bei einer Suche im Internet finden Sie zahlreiche Ansätze, wie Teile der Scharia mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Frohes neues Jahr wünscht Ihnen
Omid Nouripour