Frage an Omid Nouripour von Bernd K. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Nouripour,
seit heute (22.06.14) ist der Öffentlichkeit bekannt, dass die Bundeswehr bis auf weiteres keine weiteren Sturmgewehre des Typs G 36 bei ihrem "Haus- und Hoflieferanten" Heckler und Koch kaufen wird. Meldungen über gravierende Mängel in der Konstruktion und der Gebrauchstüchtigkeit dieser Waffe gehen bereits seit Monaten durch die Medien. Der SPIEGEL und "frontal 21" berichteten unter Berufung auf ausgewiesene Fachleute und vertrauliches Material der BW, dass die Waffe nur im kalten Zustand einigermaßen treffsicher sei. Auch die Dienstpistole der BW aus der derselben Waffenschmiede weise vergleichbare Mängel auf. Das Leben unserer Soldaten im Auslandseinsatz wird durch diesen Murks in unverantwortlicher Weise zusätzlich gefährdet.
a) Welche Personen in welchen Dienststellen tragen die Verantwortung für die Beschaffung dieser Wunderwaffen? Hat es oder wird es personelle Konsequenzen geben?
b) Gibt es Hinweise darauf, dass diese und/oder andere Herstellerfirma sich gegenüber den Entscheidern im Militär und in der Politik(!) durch nützliche Maßnahmen ein positives Umfeld geschaffen haben? Gibt es eine immanente Rotation innerhalb der Gruppe der Einkäufer?
c) Sind die Verträge mit H&K so "wasserdicht" abgefasst, dass nicht die Steuerzahler auf den Kosten für die nötige Nach- oder Umrüstung der Waffen sitzen bleiben?
d) Hat es in den letzten 24 Monaten Umsteiger aus der Politik oder dem Offizierkorps auf hochbezahlte Posten in der Rüstungsindustrie gegeben? Wenn ja: Wen betrifft das und wo sind diese Kameraden als Früstücksdirektoren untergekommen?
e) Wie sollte das öffentliche Beschaffungswesen und speziell das der BW transparenter und leichter kontrollierbarer gemacht werden?
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
Bernd Koch
Sehr geehrter Herr Koch,
die Probleme rund um das G36 haben meine Fraktion und ich schon seit den ersten Berichten über Mängel genau verfolgt. Sowohl im Verteidigungs- wie im Haushaltsausschuss haben wir die Bundesregierung mehrfach zu Stellungnahmen aufgefordert. Das Verteidigungsministerium hat dabei stets behauptet, die Waffe sei vollkommen tauglich und dabei auch interne Berichte (Wehrtechnische Dienststelle 91) über Mängel heruntergespielt. Durch den nun vorliegenden neuen Bericht des Bundesrechnungshofs wird das ganze Ausmaß der Vertuschungen im BMVg deutlich. Wir hoffen darauf, dass der Rechnungshof im Laufe des vereinbarten Prozesses zur Klärung der Probleme weiter Druck auf das Ministerium macht.
Ein derart dysfunktionales Standardgewehr gefährdet die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in der Tat in fataler Weise. Deswegen wäre es auch fahrlässig, jetzt nur auf das möglicherweise noch in weiter Zukunft liegende Ergebnis dieses Prozesses zu warten. Besonders für Soldatinnen und Soldaten im Einsatz muss es eine funktionierende Alternative geben.
Ihre Detailfragen über die persönliche Verantwortung für die Probleme, über Lobbyisten, die Verträge und Umsteiger zwischen Politik und Rüstungsindustrie kann ich Ihnen nicht beantworten. Meine Nachfolgerin im Amt des verteidigungspolitischen Sprechers der Fraktion, Agneszka Brugger, und ihre KollegInnen werden aber sicher allen Verdachtsmomenten in dieser Richtung ernsthaft nachgehen.
Grundsätzlich sehe ich einen großen Bedarf für eine Reform des Beschaffungswesens der Bundeswehr. Dazu bedarf es vor allem größerer interner Kontrolle, damit Fehlentwicklungen frühzeitig bemerkt und ggf. korrigiert werden können. Vor allem dürfen wir die Ausrüstung der Bundeswehr nicht mit Industriepolitik verwechseln. Ihre Aufgabe muss es sein, die Bundeswehrangehörigen schnell und kostengünstig mit den benötigten Ausrüstungsgegenständen und Systeme zu versorgen und nicht, den Rüstungsstandort Deutschland zu unterstützen Die derzeit vorgesehenen Modifikationen sind m.E. nicht ausreichend.
Ich hoffe, dass ich Ihnen damit Ihre Fragen so weit wie möglich beantworten konnte und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Omid Nouripour