Frage an Omid Nouripour von Helmut S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Nouripour,
Ihre Partei tritt, wie die Bundesregierung, für Sanktionen gegen Russland ein wegen der Annektion der Krim.
Im Falle Israels, dass völkerrechtswidrig Ostjerusalem und Teile des West-Jordanlandes annektiert hat, haben die GRÜNEN nie (egal ob sie in Opposition oder in der Regierung waren) Sanktionen gefordert oder umgesetzt. Im Gegenteil: Die Regierungen Israels wurden auch von den GRÜNEN auf praktischer Ebene immer unterstützt, trotz massiver Verletzungen des Völkerrechts und der Menschenrechte.
Wie erklären und rechtfertigen Sie diesen Widerspruch?
MfG
Helmut Suttor
Sehr geehrter Herr Suttor,
Sie sprechen zu Recht an, dass die Aussichten auf eine baldige Umsetzung der Zweistaatenlösung im Moment eher schlecht stehen. Der jüngste Gaza-Krieg hat unzählige Opfer gefordert, das Klima in Palästina wie in Israel radikalisiert und die Fronten eher verhärtet. Richtig ist auch, dass israelische Siedlungspolitik und die Besetzung des Gazastreifens eine Lösung blockieren. Doch gleichsam tut dies auch eine Politik der Gewalt durch Hamas und andere islamistische Gruppen. Ich teile ihre Annahme nicht, dass die Gespräche allein an israelischer Politik gescheitert sind und dass allein eine Änderung israelischer Politik maßgeblich für eine Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung ist. Ein Friedensprozess, der diesen Namen verdient, erfordert von beiden Seiten enorme Anstrengung und Änderung des bisherigen Kurses. Dies muss ein Prozess sein, der entgegen der zunehmend entstehenden Ein-Staaten-Realität durch konkrete Schritte die Zwei-Staaten-Perspektive revitalisiert. Dazu ist sicherlich Druck und Unterstützung von außen nötig, z.B. beim Wiederaufbau des Gaza-Streifens und der langfristigen Unterstützung des Grenzmanagements in Gaza.
Mit freundlichen Grüßen,
Omid Nouripour
Sehr geehrter Herr Suttor,
die Grünen haben Israels Siedlungs-und Besatzungspolitik stets klar verurteilt. Dennoch treten wir, wie Sie zu Recht bemerkt haben, nicht für Sanktionen gegen Israel ein. Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht eine unkritische Unterstützung der israelischen Politik in den besetzten Gebieten. Es geht uns darum, mit positiven wie negativen Anreizen beide Seiten zu direkten und substantiellen Friedensgesprächen zu bewegen. Wir fordern beispielsweise, dass Deutschland sich im europäischen Verbund klar für die Umsetzung der Richtlinien der Europäischen Kommission einsetzt. Auch eine Vertiefung der Kooperation mit Israel auf europäischer und deutscher Seite muss stets dazu genutzt werden, konkrete Fortschritte in Richtung Frieden und die Einhaltung der Menschenrechte einzufordern. Sanktionen sind und sollten keine automatische Antwort auf völkerrechtswidrige Handlungen sein. Ihr Nutzen ist stets im Einzelfall abzuwägen. Im Hinblick auf Israel halte ich Sanktionen nicht für sinnvoll.
Mit freundlichen Grüßen
Omid Nouripour