Frage an Omid Nouripour von Esther D. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Nouripour,
In wenigen Tagen steht die Bundestagswahl an. Ich bin noch immer unschlüssig, welche Partei sich am meisten für meine Anliegen einsetzen.
Als ich im "Schwarzbuch Waffenhandel" von J. G. davon las, dass unter der Rot-Grünen Regierung die Rüstungsexporte nicht abnahmen, bekam ich große Zweifel an der friedenspolitischen Einstellung der Grünen.
Durch den Einsatz der aus Deutschland gelieferten oder in deutscher Lizenz gefertigten Kriegswaffen sterben tagtäglich zahlreiche Menschen, viele sind durch Verletzungen Zeit Lebens traumatisiert. Mit diesen Waffen wird unendlich viel Leid angerichtet und es wird bereits als "public health" - Problem angesehen. Der Einsatz von Waffen fördert Unfrieden und Armut, verhindert Entwicklung und Gerechtigkeit in den Empfängerländern.
Da Deutschland zu den größten Exporteuren von Waffen und anderen Rüstungsgütern wie Fahrzeuge und Software gehört, und gleichzeitig paradoxerweise oftmals für die Einhaltung der Menschenrechte eintritt, sehe ich die zukünftige deutsche Regierung hoffnungsvoll als Vorreiter in der Beschränkung des Waffenhandels. Daher möchte ich die Partei wählen, die sich am glaubwürdigsten gegen deutsche Rüstungsexporte einsetzen will.
Wie ist ihre Meinung zu den deutschen Rüstungsexporten?
Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl dafür ein, dass der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern grundsätzlich verboten und dieses Verbot in Artikel 26 Absatz 2 des Grundgesetzes und/oder in einem Rüstungsexportgesetz festgeschrieben wird?
Sind Sie für ein Vetorecht des deutschen Bundestages bei Rüstungsgeschäften und wenn ja, bei welcher Art von Geschäften? Falls nein, welche Rolle sollen Abgeordnete Ihrer Meinung nach bei der Kontrolle der Regierung in dieser Frage spielen?
mit freundlichen Grüße,
Esther Dorsch
Sehr geehrte Frau Dosch,
vielen Dank für Ihre Frage. Es stimmt, die rot-grüne Rüstungsexportpolitik in den Jahren 1998 bis 2005 brachte etwas Licht, hatte aber auch eine ganze Reihe von Schatten. Rüstungsexporte waren in unserer Koalition mit der SPD kein Konsensthema, sondern ein Dauerkonflikt, bei dem es immer wieder zu harten Koalitionskrisen kam. (vgl. W. Nachtwei http://gruenlink.de/ku6 )
Uns Grünen ist es damals gelungen, die Rüstungsexportrichtlinien zu verschärfen, erstmals Rüstungsexportberichte einzuführen und einzelne Rüstungsprojekte (wie z.B. die Panzerlieferungen an die Türkei ) – zumindest bis zur Abwahl der rot-grünen Regierung – zu verhindern. Auch die von Kanzler Schröder öffentlich angekündigte
Aufhebung des Waffenembargos gegenüber China konnten wir mit Mühe abwenden. De facto waren wir Opposition in der Regierung. Die anderen Fraktionen standen uns nicht bei. Über den Menschenrechtsausschuss gelang es uns, mehr Transparenz und Verbesserungen im Rüstungsexportbericht zu erreichen.
Heute hat sich die Lage deutlich verschärft: Unter Bundeskanzlerin Merkel haben die Rüstungsexporte in Krisenregionen drastisch zugenommen. Nicht nur werden Menschenrechte oder Krisenprävention kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen der Rüstungskonzerne geopfert, Merkel gibt auch noch vor, durch mehr Waffenexporte mehr Stabilität und Sicherheit schaffen zu können. Laut Presseberichten beabsichtigt die Bundesregierung für die nächsten Jahre eine wahre Exportoffensive, z.B. nach Saudi-Arabien oder Katar, obwohl diese Länder gravierende Menschenrechtsverletzungen begehen und sich an der Niederschlagung des arabischen Frühlings in Bahrain beteiligt haben.
Was können und werden wir tun? Umsetzbar scheint mir derzeit die Forderung, das Kriegswaffenkontrollgesetz unter Einbeziehung der rüstungsexportrelevanten Teile des Außenwirtschaftsgesetzes und der politischen Grundsätze zu einem „Rüstungsexportkontrollgesetz“ zu vereinen. Daher stehe ich gemeinsam mit meiner Fraktion zu den folgenden Forderungen:
- Einführung eines verbindlichen und restriktiven Rüstungsexportgesetz und Exporte künftig nur nach klaren Kriterien
- Abschaffung des Bundessicherheitsrats in seiner jetzigen Form und Konsensentscheidung der Regierung
- Einrichtung eines Parlamentarischen Ausschusses mit Kontrollrechten und aufschiebendem Vetorecht
- Mehr Transparenz durch häufigere und bessere Rüstungsexportberichte
- Keine Hermesbürgschaften für Rüstungsexporte
- Federführung in Fragen der Rüstungsexporte künftig durch das Auswärtige Amt statt –wie bisher- durch das Wirtschaftsministerium
Mehr Informationen zur Rüstungsexportpolitik meiner Fraktion finden Sie unter dem folgenden Link:
Mit besten Grüßen ins Nordend!
Omid Nouripour