Frage an Omid Nouripour von Frank A. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr MdB Nouripour,
Im Bereich der gesetzlichen Betreuung nach § 1896 BGB haben sich die Fallzahlen seit 1992 verdreifacht und aktuell ist für mindestens 1,3 Millionen Menschen eine gesetzliche Betreuung über Amtsgerichte eingerichtet. Der Gesetzgeber ist an dieser Entwicklung leider nur insoweit interessiert, als dass er sich gegen die weiter ansteigenden Kosten und für deren Eindämmung (realtiv erfolglos)engagiert... Der betroffene Mensch scheint leider weniger zu interessieren!! Obwohl wir gerade in den Großstädten immer mehr Singelhaushalte zu verzeichnen haben, die Bürokratie weiter fortschreitet und die rechtliche Vertretung von kranken und behinderten Menschen oft ein hohes fachliches Wissen und eine gefestigte Persönlichkeit verlangt, wird die seit Jahrzehnten nicht mehr wegzudenkende Berufsbetreuuung (also die gesetzliche Betreuung durch Profis)durch die Politik nicht ernst genommen! Es entsteht der Eindruck, sie sei sozialpolitisch nicht wirklich gewollt, weil angeblich zu teuer! Es soll es das Ehrenamt mal wieder richten, es fragt sich nur, wo denn die Heerscharen von geeigneten Ehrenamtlern - namentlich in den Ballungsgebieten - herkommen sollen? Die Bereufsbetreuer haben seit 2005 keinerlei Anpassung ihrer gedeckelten Vergütungen erhalten! Bei weiter steigenden Kosten mussten sie jedoch immer mehr Betreuungen führen, um wirtschaftlich überleben zu können! Ich halte das für einen vorhersehbaren Skandal erster Güte!! Es werden zuerst die Betreuten durch die endlos eingefrorenen Vergütungen ihrer Sachwalter bestraft, da sie ihren Betreuer deutlich weniger zu Gesicht bekommen und es werden die professionellen Betreuer (im Übrigen ganz überwiegend mit Hochschulabschluss) ebenfalls bestraft, denen der Gesetzgeber seit Jahren signalisiert "Ihr und die von Euch vertretenen seid uns unwichtig!" Was gedenken Sie gegen die systematische Unterfinanzierung dieses Bereiches konkret zu unternehmen? Oder sind uns halt sich verzockende Banken wichtiger?
Sehr geehrter Herr Albohn,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich teile Ihre Ansicht, dass sich die Situation im Bereich der gesetzlichen Betreuung in den letzten Jahren stark verändert hat. Vor diesem Hintergrund sehe ich ebenfalls die Notwendigkeit, dass die Arbeit von Betreuerinnen und Betreuer weiter professionalisiert und durch gesetzliche Mindestqualifikationen untermauert wird. Dies erfordert auch, dass das Vergütungsbemessungssystem für rechtliche Betreuerinnen und Betreuer überarbeitet wird.
Meine Fraktion hat in dieser Wahlperiode mit einer Großen Anfrage an die Bundesregierung den gesamten Themenkomplex auf die Agenda des Parlaments gesetzt. Die Fragen und die Antworten der Bundesregierung finden Sie unter dem folgenden Link:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/053/1705323.pdf
Begleitend zur parlamentarischen Debatte hat meine Fraktion einen Entschließungsantrag in den Bundestag eingebracht, der u.a. die Forderung nach Professionalisierung und Spezialisierung der rechtlichen Betreuung sowie der Überarbeitung des Vergütungsbemessungssystems enthält. Diesen Antrag finden Sie hier:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/125/1712539.pdf
Ich hoffe, diese Informationen helfen weiter.
Mit freundlichen Grüßen,
Omid Nouripour