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Omid Nouripour
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Helene und Dr.Ansgar K. •

Frage an Omid Nouripour von Helene und Dr.Ansgar K. bezüglich Innere Sicherheit

Lieber Omid Nouripour,

Ich möchte zwei Fragen zu Ihrem kürzlich erfolgten Besuch in Afghanistan stellen.
Sie teilten mit, dass Sie anwesend gewesen seien bei dem Gespräch des Verteidigungsministers mit dem Gouverneur der Region, Mohammad Omar,der dargelegt habe, dass der Region 1500 Polizisten fehlen würden.
Ich habe am Sonntag, dem 13.12.´09 am WDR 5 DOK 5 - das Feature von Marc Thörner ´Morde im Norden - Deutschland und die Menschenrechtsverletzungen in seinem afghanischen Regionalkommando´ ( www.wdr5.de ) gehört, in dem der Tadschikengeneral und Gouverneur der Provinz Balkha, Atta Mohammed Nur, eine sehr unrühmliche Rolle spielt. So vermutet man unter anderem Gouverneur Atta als Drahtzieher von Verbrechen an der paschtunischen Bevölkerung im Herrschaftsbereich des deutsch geführten Regionalkommandos Nord (s. Manuskript der Sendung, S.13). Und auf S.16 heißt es, dass Atta eigene Polizisten braucht, um seine Drogengeschäfte ungestört abwickeln zu können.
1. Wie schätzen Sie den Wunsch des Gouverneurs Mohammad Omar nach mehr Polizisten ein?
2. Worin liegt für Sie der Sinn in der Ausbildung der afghanischen Polizei im deutsch geführten Regionalkommando Nord, wenn ausgebildete Polizisten dann zu Handlangern von Leuten wie Gouverneur Atta Mohammed Nur gemacht werden?

Der Autor Marc Thörner hört bei seiner Reise durch den Norden von vielen Übergriffen und Morden an der paschtunischen Bevölkerung und stellt die Frage, ob Bundeswehr und Bundespolizei zwar auf den ersten Blick "afghanische Polizisten" ausbilden, tatsächlich aber die Truppe des Gouverneurs (S.14).
Sie, Omid Nouripour, haben für die Verlängerung des Bundesswehreinsatzes in Afghanistan gestimmt und begründen Ihr Ja u.a.mit der Ausbildung der afghanischen Polizei. Haben Sie bei Ihrem Kurzbesuch in Afghanistan auch freien Kontakt mit Paschtunen gehabt und von ähnlichen Drangsalierungen durch die örtlichen Behörden gehört, wie sie Marc Thörner berichtet wurden?

Mit freundlichen Grüßen,
Helene und Ansgar Klein

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Klein,
sehr geehrter Herr Dr. Klein,

ich danke Ihnen zunächst recht herzlich für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich Ihnen erst heute antworten kann.

Zu Ihren Fragen möchte ich wie folgt Stellung nehmen: Die Ausbildung im Bereich des afghanischen Sicherheitssektors und hier insbesondere der Polizei muss eine der Hauptanstrengungen der internationalen Gemeinschaft inklusive Deutschlands sein. Aus meiner Sicht kann nachhaltige Stabilität in Afghanistan u.a. nur dann ermöglicht werden, wenn der zivile Aufbau im Land durch zivile Strukturen - hierzu gehört die Polizei - flankiert wird, die eine grundlegende und zuverlässige Verwaltung sowie den Schutz der Zivilbevölkerung gewährleisten.

Die hinreichende Ausbildung entsprechend der sich vor Ort stellenden Herausforderungen für die afghanische Polizei sowie eine adäquate Entlohnung sind wichtige Bausteine, um das afghanische Polizeipersonal gegen Korruption und Desertion weniger empfänglich zu machen. Im Übrigen gehört es zum Aufbau einer funktionierenden und verlässlichen Verwaltung dazu, dass Verantwortungsstrukturen auch hinsichtlich der Polizei transparent und nachvollziehbar sind und eine Instrumentalisierung von Sicherheitsstrukturen zur Austragung beispielsweise ethnischer Rivalitäten verhindert wird.

Die afghanische Regierung unter Hamid Karzai hat in der Vergangenheit einige Anstrengungen unternommen, um Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen verschiedener Ethnien in Afghanistan zu reduzieren. Karzai hat in diesem Zusammenhang eine große Loya Dschirga für Ende April angekündigt, die im Zeichen der nationalen Versöhnung stehen und einen Beitrag zur Befriedung des Landes leisten soll. Ob dies mehr als eine symbolische Geste sein wird, bleibt abzuwarten. In jedem Falle ist die internationale Gemeinschaft gut beraten, einen nationalen Versöhnungsprozess zu unterstützen, wenngleich dieser aus der Mitte der afghanischen Gesellschaft kommen muss und nicht von außen aufgezwungen werden darf.

In der Hoffnung, Ihre Fragen beantwortet zu haben, verbleibe ich

mit den besten Grüßen,
Omid Nouripour

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