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Oliver Keymis
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Frage von Viktor G. •

Frage an Oliver Keymis von Viktor G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Abgeordnete Keymis,

in Kürze werden Sie über die Umwandlung der bisherigen Rundfunkgebühr pro Gerät in einen Beitrag pro Haushalt abstimmen.

Diese Tage hat der Verfassungsrechtler Ingo von Münch die neue Haushaltsgebühr als verfassungswidrig bezeichnet.

"Es wäre eine Sternstunde des Parlamentarismus, wenn wenigstens eines unserer Landesparlamente den Mut besäße, dem Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht zuzustimmen und damit dessen Inkrafttreten zu verhindern", erklärte von Münch.

Die Haushaltsgebühr muss jeder zahlen, auch Menschen, die kein Rundfunkgerät besitzen. Das stellt laut von Münch einen unverständlichen "Eingriff in die Freiheitssphäre des Bürgers" dar. Der Rundfunkbeitrag zwinge aber alle, Hörfunk und Fernsehen zu finanzieren. "Hierin liegt ein verfassungsrechtlich unzulässiger Eingriff in das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit, das vom Bundesverfassungsgericht als allgemeine Handlungsfreiheit verstanden wird".

Das immer wieder angeführte Gutachten von Prof. Dr. Kirchhof ist
im Auftrag der ARD, des ZDF und D Radio erstellt worden, um den e i g e n e n Erhalt halbwegs plausibel erscheinen zu lassen.

Wieso bevormundet man die eigenen Bürger und redet denen das angebliche Angewiesensein und die Begünstigung genau durch den ö.-r. Rundfunk, nicht aber durch die freie Presse und das Internet?

Werden Sie als Vertreter der Rundfunkanstalten oder der Bürger stimmen?

Schöne Grüße
Viktor Grund

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Grund,

für Ihre Anfrage via "abgeordnetenwatch.de" vom 04.12.2011 danke ich Ihnen. Gerne nehme ich zu den von Ihnen angesprochenen Fragen Stellung und beantworte Ihre letzte Frage gleich vorweg: Ich werde - wie immer hier im Landtag NRW - als gewählter Volksvertreter stimmen.

Zur Sache: Es gibt viele Gründe, die für diese Systemreform sprechen, damit wir das vielfältige, hochqualitative und für alle zugängliche Rundfunkangebot – so wie es uns die Verfassung auch aufgibt – für einen angemessenen Betrag pro Monat aufrecht erhalten können, denn es gehört zu den Grundfesten unseres demokratisch verfassten Gemeinwesens wie die freie Presse und die freie Meinungsäußerung.

Der 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄStV) regelt den Übergang von der Geräte- zur Haushaltsabgabe. Das war - sowohl im Sinne der Beitragsgerechtigkeit als auch im Sinne der heutigen Medienrealität - ein absolut sinnvoller Schritt, der eine zentrale Rolle für die Zukunftsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks spielt. Insofern haben wir GRÜNE diesen Schritt immer als notwendige Veränderung angesehen und begrüßen es, dass inzwischen alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten diese Position im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag manifestiert haben und fast alle Landtage dieser Reform bisher schon zugestimmt haben.

Die Höhe des monatlichen Beitrags soll mit 17,98 EURO stabil bleiben. Das heißt, auch künftig erhalten Sie für den Preis eines Vollkornbrötchens (ca. 60 Cent) täglich sämtliche öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehprogramme über alle Kanäle und sogar über das Internet – einige Fernsehprogramme ARD, ZDF, ARTE sogar auch schon in HD-Qualität ohne weitere Kosten.

Auch die sogenannten Gebühren-Befreiungstatbestände bleiben bestehen. Allein in NRW zahlen rund 10 % der RundfunkteilnehmerInnen aus sozialen Gründen keine Rundfunkgebühren, weil sie davon befreit sind. Auch hier ist Solidarität gefragt.

Da es sich um ein nach dem Solidarprinzip organisiertes System handelt, zahlt ab dem Jahr 2013 jeder Haushalt eine solche Gebühr, unabhängig davon, ob und wie man dieses Angebot nutzt und wie viele Geräte dazu in einem Haushalt verwendet werden.

Dies ist auch verfassungsrechtlich hinreichend geprüft, entsprechend hat der renommierte Verfassungsrechtler Prof. Dr. Paul Kirchhoff dazu ein sehr umfangreiches Gutachten erstellt. Dass er dies in größter Unabhängigkeit getan hat, schon, weil er seinen wissenschaftlichen Ruf nicht aufs Spiel setzen will, sollten wir gemeinsam unterstellen. Jedenfalls liest sich sein 85-seitiges Gutachten wesentlich differenzierter, als der sehr tendenziöse und einseitig argumentierende Artikel des von Ihnen zitierten Verfassungsrechtlers Ingo von Münch im "Focus".

Mit Dank für Ihre Anfrage und

mit freundlichen Grüßen

Oliver Keymis