Warum stemmen sich Teile der SPD so vehement gegen ein WIRKSAMES Tierschutzgesetz?
Sehr geehrter Herr Kaczmarek, ich bin Nordbögger Bürgerin, und Tiere liegen mir am Herzen. Ich kann nicht verstehen, warum der Entwurf für das geplante Tierschutzgesetz so viele wichtige Aspekte nicht adressiert und zu anderen (z.B. Anbindehaltung, Qualzuchten) so viele Ausnahmen und so lange Übergangsfristen zulässt. Warum wird das Verbot von Langstreckentransporten nicht mutig angepackt? Warum bleiben betäubungslose Kastrationen, Schwanzamputationen, das Abschleifen von Zähnen, etc. erlaubt? Warum halten wir an der grausamen Kohlendioxid-Betäubung für Schweine fest? Warum dürfen exotische Tiere in Privathaushalten gehalten werden oder in Zirkussen auftreten? Wann unternehmen wir endlich wirkungsvolle Maßnahmen gegen den Online-Handel von Tieren? Warum sind Schlieferanlagen und Ponykarussells noch erlaubt? Geht es wirklich immer nur um Profit? Und ist Ihnen Tierschutz so wenig wichtig, dass er in der Themenauswahl oben auf dieser Page nicht mal auftaucht? MfG Kirsten G.
Sehr geehrte Frau G.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die Koalitionsparteien haben konkrete Maßnahmen vereinbart, um den Tierschutz zu verbessern und um Tiere in Deutschland besser zu schützen. Wir alle tragen Verantwortung für Tiere als fühlende Mitgeschöpfe. Diesem Anspruch wollen wir gerecht werden. Auch unsere Verfassung nimmt uns in die Pflicht: Der Tierschutz ist im Grundgesetz als Staatsziel verankert. Nach wie vor bestehen aber Defizite, insbesondere bei Anwendung und Vollzug der Regeln. Mit diesen Defiziten dürfen und wollen wir uns nicht abfinden. In den vergangenen Jahren sind Forschung und Wissenschaft beim Tierschutz vorangekommen und haben uns wichtige neue Erkenntnisse gebracht. Diese neuen Erkenntnisse fließen jetzt in die Gesetzesänderung ein.
Das Tierschutzgesetz gilt für alle Tiere in Deutschland. Es besagt, dass aus der „Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen ist“. Aus diesem Anspruch verbessert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) nun das Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes und des Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes. Die Verkündung des Gesetzes ist derzeit für Dezember 2024 vorgesehen. Das Gesetz soll sechs Monate nach der Verkündung in Kraft treten, das heißt: Ab diesem Zeitpunkt gelten die geänderten Regelungen. Für einige dieser Regelungen sind längere Übergangsfristen vorgesehen, um den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, sich auf die geänderten Anforderungen einzustellen.
Diese Änderungen umfassen mit dem Online-Handel, der Heim- und der landwirtschaftlichen Tierhaltung und der Haltung von Wildtieren in reisenden Zirkussen wichtige Bereiche, in denen Tiere gehalten werden oder in denen mit ihnen umgegangen wird. Das BMEL wird den Tierschutz auch stärken, indem es eine/n hauptamtlichen Bundestierschutzbeauftragte/n gesetzlich verankert. Damit wird Verantwortung auch institutionell gestärkt. Das BMEL schafft zudem die Voraussetzung, um Verstöße gegen den Tierschutz effektiver ahnden zu können.
Mit den neuen Regelungen will das BMEL die Tiere konsequent vor Schmerzen, Leiden und Schäden schützen. Für Tiere in der Landwirtschaft bedeuten die vorgesehenen Änderungen insbesondere, dass bestimmte Eingriffe, die Schmerzen, Leiden oder Schäden nach sich ziehen, gar nicht mehr (Schwänzekürzen bei Lämmern), nur noch mit entsprechender Betäubung (Ausbrennen der Hornanlagen bei Kälbern) oder nur in Einzelfällen sowie unter bestimmten Voraussetzungen (Schwänzekupieren bei Schweinen) vorgenommen werden dürfen. Zudem stehen den kontrollierenden Behörden künftig zusätzliche Instrumente zum Vollzug des Tierschutzrechts zur Verfügung. Auch das wird den Tierschutz weiter stärken. Die verpflichtende Videoüberwachung in Schlachthöfen hilft den Behörden dabei, systemische Mängel im Schlachtprozess (z.B. mangelhafte Betäubungsgeräte) aufzudecken. Außerdem soll die Nachfrage nach Tieren mit Qualzuchtmerkmalen durch ein Ausstellungs- und Werbeverbot sinken. Schließlich werden auch Tiere wie Tintenfische und Hummer geschützt. Sie dürfen nicht mehr zur Verwendung als Lebensmittel lebend an Endverbraucher abgegeben werden.
Aktuelle Infos und vertiefende Texte zu Tierschutz-Themen finden Sie auf der Website des BMEL unter https://www.bmel.de/tierschutz. Wenn Sie weitere Fragen ist das Team des BMELVerbraucherlotsen per E-Mail und Telefon (https://www.bmel.de/verbraucherlotse/) erreichbar.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Kaczmarek