Frage an Oliver Bayer von Heike S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Wie stehen Sie zum Thema INKLUSION?
Inklusion ist für mich eine Grundvoraussetzung, um das Leben für alle
Menschen einfacher und bequemer zu machen. Eine wesentliche Komponente
dafür ist die Bedingungslose Barrierefreiheit. Im Internet achten gute
Webgestaltende darauf, dass alle Webseiten und Inhalte barrierearm sind.
Das fällt überhaupt nicht auf; es gibt keine „Seiten extra für
Behinderte“. Gute barrierearme Seiten machen das Surfen für alle
einfacher, lassen sich besser auf allen Geräten anschauen und
unterstützen Sprachausgabe, die Bedienung bei motorischen
Einschränkungen etc.
Die gleiche Einstellung benötigen wir beim Wohnungsbau, bei der
Mobilität im Straßenverkehr sowie bei Bus und Bahn und bei der
Gestaltung unserer Städte und Gemeinden.
Inklusion ist in den letzten Jahren landespolitisch vor allem im Kontext
„Schule“ diskutiert worden. Hier hat die Landesregierung entscheidende
Fehler gemacht. Die „Regelschulen“ hatten kurzfristig überhaupt nicht
die Möglichkeit, angemessen auf die neuen Aufgaben zu reagieren, eine
gute Vorbereitung und Analyse wurde im Vorfeld nicht geleistet. Es gab
zu wenig Finanzmittel des Landes. So muss sich die Landesregierung den
Vorwurf gefallen lassen, mit der vermeintlichen Umsetzung der
UN-Behindertenrechtskonvention – die so nicht gemeint war – vor allem
ein Sparprogramm initiiert zu haben.
Handelt es sich um Zielgleichen Unterricht, d.h. gibt es grundsätzlich
die gleichen Bildungsziele, dann ist es pädagogisch kein Problem und
gesellschaftlich wichtig, alle Schülerinnen und Schüler zusammen zu
unterrichten. Die Regelschulen benötigen dennoch Unterstützung, die
Ausstattung und das entsprechende Personal.
Schwierig wird es bei Zieldifferentem Unterricht, weil unser Schulsystem
in NRW dafür ungeeignet ist. Andere Lernziele können aufgrund eines
sonderpädagogischen Förderbedarfs natürlich individuell festgelegt
werden, aber dann stellt sich die Frage, wieso wir überhaupt in
Hauptschule, Realschule, Gymnasium etc. unterteilen. Unser Schulsystem
sortiert Schülerinnen und Schüler derzeit nicht nach Fachrichtung
sondern allein nach Leistung. Das System sieht eigentlich nicht vor,
dass auf dem Gymnasium stark differenzierte Lernziele definiert werden.
Bevor Zieldifferenter Unterricht im Sinne der Sonderpädagogik an
Regelschulen flächendeckend funktionieren kann, muss das Schulsystem
insgesamt für alle Schülerinnen und Schüler flexibler werden. Auch das
ist Inklusion. Inklusion im Kleinen muss funktionieren, ohne dass es
einer Bescheinigung bedarf. Wir PIRATEN setzen dabei durchgängig auf ein
flexibles Kurssystem, das die Stärken und Schwächen der Schülerinnen und
Schüler individuell berücksichtigen kann. Wir wissen aber auch, dass
sich das nicht von heute auf morgen einführen lässt.
Viele Grüße
Oliver Bayer