Frage an Olav Gutting von Markus S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Gutting,
vorausgeschickt sei, daß ich keine linke Gesinnung aufweise. Dennoch stellt sich mehr und mehr die Frage, ob zur Finanzierung der Rettungshilfen für Banken nicht die Bediensteten des Bankensektors (oder weiter gefasst, des Finanzsektors) in die Pflicht genommen werden sollten, statt die Lasten sämtlichen Bürgern aufzubürden. Ob direkt (hohes Gehalt + Boni) oder indirekt (Jobsicherheit, Arbeitsplatzaufbau und Gesamtbankboni, Gehaltssteigerungen), haben sämtliche Bediensteten des Finanzsektors von den Entwicklungen auf den Finanzmärkten profitiert. Warum sollten folglich – bei Privatisierung der Erträge - die Lasten nun sozialisiert werden?
Selbst wenn die genaue Abgrenzung "Banken- oder Finanzsektor" schwierig sein könnte, so trifft diese dennoch eher die Verursacherschaft als eine Umlage auf die gesamte Bevölkerung. Warum wird nicht ein Modell diskutiert, in welchem die Refinanzierung des Rettungspaketes gem. folgendem oder ähnlichem Muster folgt?
Für jeden Beschäftigten des Banken-/Finanzsektors wird das Gehalt eines gewissen Zeitraumes (bspw. 3 oder 5 Jahre) addiert. Von diesem Gehalt muss er/sie als einmalige "Solidaritätsabgabe" einen festzulegenden Prozentsatz (bspw. 5 oder 10%) abführen. So würde jeder (direkte oder indirekte) Beschäftigte des Finanzgewerbes einen anteiligen Solidarbeitrag für die Rettung des eigenen Arbeitsplatzes leisten.
Eine andere Möglichkeit könnte auch darin bestehen, rückwirkend sämtliche Gehälter für einen festzulegenden Zeitraum auf einen festzulegenden Betrag (bspw. EUR 250.000 pa) zu begrenzen und somit nur die Personen zu belasten, die a) am stärksten profitiert haben und b) auch die höchste finanzielle Tragfähigkeit aufweisen.
Beide der genannten Möglichkeiten hätten den Charme, daß den Beschäftigten des Finanzsektors nicht den Anreiz genommen wird, in diesem zu arbeiten. Das Argument der fehlenden Wettbewerbsfähigkeit der Branche auf dem Arbeitsmarkt, zöge nicht mehr.
MfG, M. Stelting
Sehr geehrter Herr Stelting,
was kann die Kreditsachbearbeiterin bei einer kleinen Sparkasse für die Finanzkrise? Was kann ein Kundenberater am Schalter einer kleineren Volks- oder Raiffeisenbank für die Immobilienblase in den USA? Wo bitteschön wollen Sie hier die Grenzen ziehen? Ich kann nur davor warnen sämtliche Bankangestellten in Sippenhaft zu nehmen. Die Ursachen der Krise sind vielfältig. Schuld haben auch einige unverantwortlich handelnde Bankmanagern, aber sicherlich nicht die Banken und ihre Mitarbeiter allesamt. Vielen Menschen die im Finanzsektor arbeiten droht nun der Verlust des Arbeitsplatzes und das sind überwiegend nicht alles Millionäre die bereits ausgesorgt haben und kräftig Boni kassierten. Ich kann bei Ihrer Idee daher leider nicht den von Ihnen gesehenen Charme erkennen. Im Übrigen würde die zusätzliche Abgabe für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Bank- und Finanzbranche gegen geltendes Verfassungsrecht verstoßen und leider auch nicht das notwendige Volumen ergeben.
Mit besten Grüßen
Olav Gutting