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Olav Gutting
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Frage von Bastian J. •

Frage an Olav Gutting von Bastian J. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Gutting,

ich frage sie dies nicht nur in ihrer Eigenschaft als der einzige Abgeordnete meines Wahlkreises (was im Lichte der jüngsten Entwicklungen wohl auch über 2009 hinaus der Fall sein wird), sondern primär als Mitglied des Finanzausschusses.
Der Bundeshaushalt ist seit über 40 Jahren ununterbrochen defizitär. Jedes Jahr kommen auf den ohnehin schon aufgehäuften Berg neue Schulden dazu, die Zinslast des Staates beträgt jetzt schon 41 Milliarden Euro pro Jahr. Allein schon das ist eine Summe jenseits meiner Vorstellungskraft und sie wird nur für Zinszahlungen verwendet.
Daher meine Fragen:
1. Selbst am Ende einer Periode mit stark fallenden Arbeitslosenzahlen ist der Bundeshaushalt immer noch im Minus. Wurde nicht in den vergleichsweise guten Jahren 2006-2008 viel zu wenig getan, um den Haushalt auszugleichen? Herr Binding aus Heidelberg meinte dazu, das strukturelle Defizit sei tatsächlich geringer als früher. Was ist Ihre Einstellung dazu?
2. Investitionen in Infrastruktur wären einmalige Ausgaben. Eine Steuersenkung, wie sie von vielen Ihrer Parteifreunde gefordert wird, würde (selbst wenn man die Debatte über die Sinnhaftigkeit- bzw. -losigkeit außer Betracht lässt) den Bundeshaushalt dauerhaft belasten. Ist das verantwortbar?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Jansen,

die Anhäufung von immer neuen Schulden bei fast allen Gebietskörperschaften, insbesondere beim Bund (als löbliche Ausnahme sei hier auch unser Bundesland erwähnt), ist ein echtes Problem. Gerade als Angehöriger einer jüngeren Politikergeneration ist es mir ein großes Anliegen, den verhängnisvollen Weg in die fortschreitende Staatsverschuldung zu stoppen. Die junge Gruppe meiner Fraktion (in den anderen Fraktionen gibt es gleichartige Bestrebungen), der ich noch angehöre, ist seit Jahren bemüht, im Vorfeld parlamentarischer Entscheidungen alle ausgaben-wirksamen Gesetze mit Blick auf ihre Generationenverträglichkeit zu hinterfragen.

Wir alle leben seit Jahrzehnten auf Kosten zukünftiger Generationen. Bereits heute ist aufgrund der von Ihnen richtig benannten Schuldenlast der politische Handlungsspielraum extrem eingeengt. Wenn wir die aktuell bestehende Zinslast von jährlich über 40 Milliarden nicht zahlen müssten, könnten wir zum Beispiel von heute auf morgen die Einkommensteuersätze fast halbieren. So aber zahlen wir alle mit unseren heutigen Steuern und Abgaben noch die Kosten von Konjunkturprogrammen aus den 70er Jahren.

In den letzten drei Jahren ist es gelungen, das strukturelle Defizit im Bundeshaushalt, dass die Bundesregierung 2005 von Rot-Grün übernommen hat, erheblich zu senken. Das Ziel unserer Bundesregierung, im Jahre 2011 einen ausgeglichen Bundeshaushalt vorzulegen zu können, war mir aber immer zu wenig ambitioniert. Sie haben Recht, mit größeren Sparanstrengungen hätten wir das Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes bereits im Jahr 2008 erreichen können. In einer wirtschaftlichen Boomphase müsste es sogar möglich sein, Überschüsse zu erwirtschaften, um diese dann in wirtschaftlich schwächeren Phasen sinnvoll zu investieren.

Leider klafft in der Politik zwischen Theorie und Praxis eine erhebliche Lücke. Aus meiner Sicht nimmt der Staat nicht zu wenig ein, sondern er gibt zuviel aus. Die von vielen geforderten Einsparungen sind aber immer dann schwierig umzusetzen, wenn sie konkret werden und dann auch den Einzelnen treffen. Der mit Abstand größte Anteil des Bundeshaushaltes geht in den Bereich Soziales. Ob Kindergeld, Zuschuss zur Rentenkasse (ca. 80 Milliarden Euro jährlich),Gesundheitspolitik oder Hartz IV. Für Einsparungen in diesen Bereichen gibt es weder eine parlamentarische Mehrheit noch die Zustimmung der auf diesem Sektor tätigen gesellschaftspolitisch relevanten Gruppen (Gewerkschaften, Sozialverbände, etc.).

Wenn wir in der Union von Steuersenkungen reden, dann ist hier vor allem die Einkommensteuer gemeint. Ich halte eine große Einkommensteuerreform für unabdingbar. Vereinfachung, Transparenz und damit mehr Gerechtigkeit müssen dabei im Vordergrund stehen. Hierfür arbeite ich seit vielen Jahren. Eine Entlastung ist aber auch beim Tarifverlauf notwendig. Der starke Anstieg der Progression bei niedrigen und mittleren Einkommen, die sog. kalte Progression muss beseitigt werden. Aufgrund der o.g. Situation des Bundeshaushaltes sind einer Entlastung aber enge Grenzen gesetzt. Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten ein entsprechendes Konzept vorlegen.

Es kann nicht nur bei Investitionen in die Infrastruktur bleiben. Es muß auch an Steuer- und Abgabenentlastung derjenigen gedacht werden, die in unserem Land sämtliche Lasten tragen. Das sind vor allem diejenigen, die jeden morgen früh aufstehen, zur Arbeit gehen und auf ihr sauer verdientes Geld Einkommensteuer und Abgaben zu entrichten haben. Ohne deren Arbeitswillen und Leistungsbereitschaft wäre es um die Lage der öffentlichen Finanzen schlecht bestellt. Diesem Umstand muß bei zukünftigen Reformen auf jeden Fall Rechnung getragen werden.

Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen ein wenig dienlich gewesen zu sein, und verbleibe

mit besten Grüßen
Ihr
Olav Gutting

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