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Olav Gutting
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Frage von Olaf B. •

Frage an Olav Gutting von Olaf B. bezüglich Finanzen

Hallo Olav,

warum warten wir mit Steuergeschenken (Pendlerpauschale etc.) nicht, bis wir endlich unsere Schulden auf 0 reduziert haben?

Oder warum spenden wir eigentlich aus dem Staatshaushalt und nehmen offensichtlich Neuverschuldungen in Kauf - kein verschuldeter Betrieb hätte Geld zum spenden oder würde gar Kredite zum Spenden aufnehmen.

Die Pendlerpauschale betrifft i.Ü. die meisten Pendler mit wenigen Kilometern nicht - die sind durch den Freibetrag ausreichend abgesichert.

Tschüß

Olaf - RA aus Leipzig

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Beyer,

Herr Gutting, von dem ich Sie herzlich grüßen soll, hat mich gebeten, Ihnen auf Ihre Mail vom 27. vorigen Monats zu antworten.

Lassen Sie mich zunächst auf die Frage der Pendlerpauschale kommen. Sie ist in der Wissenschaft seit jeher umstritten. Viele namhafte Wirtschaftswissenschaftler wie zum Beispiel der inzwischen emeritierte Finanzwissenschaftler Rolf Peffekoven (er saß auch im Rat der fünf Weisen)vertreten die Ansicht, dass der Weg des Arbeitnehmers zur Arbeit (Werktorprinzip) zur Privatsphäre des Arbeitnehmers gehört. Die Politik hat diese Frage – wie Sie wissen – immer anders gesehen und auch entschieden. Die Große Koalition hat sich der Sache allerdings vor allem unter dem Gesichtspunkt der Haushaltskonsolidierung angenommen und durch den Wegfall der steuerlichen Erstattung für die ersten 21 Kilometer immerhin einen Betrag von rd. 2,5 Mrd. eingespart.

Da verschiedene Gerichte die Rechtmäßigkeit dieser neuen Regelung unterschiedlich beurteilt haben, liegt die endgültige Entscheidung nunmehr beim Bundesverfassungsgericht, mit dessen Urteil im Herbst dieses Jahres zu rechnen sein dürfte.

Alle Forderungen nach Wiedereinführung der ehemaligen Pendlerpauschale machen zur Zeit keinen Sinn, weil der Spruch des Bundesverfassungsgerichts hierzu noch aussteht.

Dennoch wird man sich in der Bundesregierung Überlegungen machen müssen, wie man auf die unablässig steigenden Energiepreise (der Barrelpreis hat im Laufe eines Jahres verdoppelt!!!) und auch auf die sukzessive ansteigende Inflation bei gleichzeitig immer noch sprudelnden Steuermehreinnahmen reagiert. Hier wird man über kurz oder lang seitens der Politik gegensteuern müssen. Es geistern hierzu viele Vorschläge durch die Republik. Wie man die Bürgerinnen und Bürger entlastet, sollte nicht in Hast und Eile entschieden werden. Schnellschüsse waren noch nie eine gute Wahl.

Wir müssen ein gutes Jahr vor der nächsten Bundestagswahl alle Anstrengungen unternehmen, um nicht der Versuchung zu erliegen, das Füllhorn staatlicher Leistungen in Form von Wahlgeschenken auszuschütten. Der Bundesfinanzminister ist bei der Aufstellung des Bundeshaushalts 2009 den zusätzlichen Begehrlichkeiten seiner Kabinettskollegen ziemlich erfolgreich entgegengetreten. Nur in den Bereichen Bildung und Forschung, Entwicklungshilfe, Verteidigung und Verkehr (hier allerdings nur, wenn es gelingt, die Lkw-Maut zu erhöhen) sind Mehranforderungen an den Bundesfinanzminister akzeptiert worden.

Unser Steuerrecht ist – das wird keiner bestreiten wollen – hochkompliziert, weil wir so etwas wie eine Einzelfallgerechtigkeit schaffen wollen. Das erfordert – wie wir leider immer wieder aufs Neue feststellen müssen - eine Unmenge an Ausnahmetatbeständen. Daher kann man immer nur wieder die Forderung an die Politik erheben, sich für eine Vereinfachung und Transparenz des Steuerrechts und damit für mehr Steuergerechtigkeit einzusetzen.

Leider sind die bisherigen Versuche, ich darf stellvertretend auf die Vorschläge von Herrn Professor Kirchhoff wie auch von Friedrich Merz hinweisen, ergebnislos geblieben.

Ein dreistufiges Steuersystem mit niedrigeren Steuersätzen bei gleichzeitiger Abschaffung aller Steuererleichterungen, das könnte wahrlich als Meilenstein in der Weiterentwicklung unseres Steuerrechts bezeichnet werden.

Was Sie unter Spenden aus dem Staatshaushalt verstehen, weiß ich nicht so genau. Sollten es Gelder der Entwicklungshilfe sein, so darf man nicht vergessen, dass wir der Dritten Welt, deren Rohstoffe wir über Jahrzehnte „ausgebeutet“ haben und der wir von dieser Warte her auch einen Teil unseres Wohlstands verdanken, wiederum einiges an Wiedergutmachung schuldig sind. Vor diesem Hintergrund (Hinweis: Nord-Süd-Konflikt) nehmen sich nämlich die Entwicklungshilfegelder nicht wie Geschenke aus, sondern sind ein notwendiger Beitrag im Rahmen der Hilfe zur Selbsthilfe und zur Linderung von Not und Armut in der Dritten Welt. Ungeachtet dessen werden durch diese Finanzmittel auch zahlreiche Arbeitsplätze in Deutschland gesichert, denn mit einem Teil dieser Gelder, die häufig projektgebunden sind, wird deutsche Technik für landwirtschaftliche Projekte, den Bau von Schulen und Krankenhäusern eingekauft.

Die Frage, dies sich hier stellt, dreht sich weniger um das Ob solcher
Gelder, sondern um das Wie. Vielfach, das dürfte Ihnen ja auch nicht unbekannt sein, werden solche Entwicklungshilfegelder, falsch eingesetzt, kommen also nicht der jeweils betroffenen Bevölkerung zugute, sondern versickern in den Taschen der dort herrschenden Cliquen. Gegen solche Art von fehlgeleiteten Finanzhilfen sind wir aber in den letzten Jahren erfolgreich vorgegangen. Zudem ist man in Expertenkreisen mehr und mehr zu der Erkenntnis gelangt, dass Entwicklungshilfe in erster Linie als Hilfe zur Selbsthilfe geleistet werden sollte. Hier findet derzeit schon ein Umdenken statt.

Was den letzten von Ihnen genannten Punkt angeht, so stimme ich Ihnen vollkommen zu. Die Werbungskosten müssen über den Freibetrag von 920 Euro hinausgehen. Dieser Freibetrag wird durch die Pendlerpauschale erst erreicht, wenn der Arbeitnehmer an 230 Tagen mindesten 34 Kilometer Fahrt zu seiner Arbeit vornehmen muss. Bei einer geringeren Entfernung macht sich die Reduzierung nur bemerkbar, wenn der Arbeitnehmer noch andere Werbungskosten absetzen kann.

Ich hoffe sehr, Ihnen mit diesen Auskünften ein wenig gedient zu haben und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

(Jochen Hilliges, wiss. Mitarbeiter)

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