Frage an Olav Gutting von Philip G. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Olav Gutting,
vielen Dank für Ihre weitsichtigen Antworten zum sog. Migrationspakt. Sie schreiben: "Inhaltlich bleibt auch vieles im Unklaren, ist unpräzise und schwammig formuliert. Hier besteht ganz erheblicher Erklärungsbedarf." Genau das scheint ja leider das (nicht überzeugende) Argument für diesen Pakt zu sein - die Unverbindlichkeit! Ich hab dazu ein treffendes Zitat gefunden:
„Das Problem des weichen Rechts besteht darin, daß es die Tendenz hat, hart, betonhart zu werden. NGOs und interessierte Gruppen gießen dann jeweils die moralischen Empfehlungen in aggressive rechtliche Postulate um. Nach einer
gewissen Zeit werden die Gerichte den 'neuen Konsens' ihrer Rechtsauslegung zugrunde legen. Weich wird hart, alles hinter dem Rücken des demokratischen Souveräns.“ (Roger Köppel, Verleger und Chefredakteur der „Weltwoche“).
Was genau können wir jetzt machen um aus diesen Schlamassel wieder rauszukommen? Welche Möglichkeiten sehen Sie die Bremse zu ziehen und alternative Lösungen zu erarbeiten?
Vielen herzlichen Dank für Ihre Antwort im Vorraus und alles Gute wünscht
P. G.
Sehr geehrter Herr Grün,
Sie stellen am Ende Ihrer Ausführungen die Frage, „was genau können wir jetzt machen, um aus diesem Schlamassel wieder rauszukommen?“ Diese Frage zu stellen, setzt aber voraus, dass man sich eindeutig in einer ziemlich ausweglosen Situation, also sozusagen im Schlamassel, befindet.
So problematisch sehe ich die augenblickliche Situation nicht. Ich kenne das Argument mit dem „soft law“. Der Schweizer Journalist Philipp Burkhardt hatte auf diese Möglichkeit damals hingewiesen, weil die Verbindlichkeitsfrage beim Migrationspakt in der Schweizer Politik (Bundesrat und Nationalrat) auch sehr umstritten war.
Burkhardts Fazit trifft den Punkt:
„Viele Empfehlungen, Resolutionen und Deklarationen internationaler Organisationen wie der UNO zählen zu diesem «Soft Law». Es ist nicht verbindlich. Aber wirkungslos ist es trotzdem nicht. Es wird erwartet, dass sich die Staaten an das Abgemachte halten.” Sie liegen mit Ihrer Vermutung durchaus nicht so falsch, dass es in den kommenden Jahren sehr darauf ankommen wird, die Entwicklung auf diesem Sektor im Auge zu behalten, damit nicht am Ende doch unverbindliche Hinweise zu justiziablen Grundsätzen mutieren.
«Soft Law» ist der systematische Prozess der demokratisch weder legitimierten noch kontrollierten selbst ernannten Weltregierung UNO, die demokratisch legitimierten und kontrollierten Institutionen der Nationalstaaten bei der Normsetzung zu umgehen und im schleichenden Prozess öffentlich zu nötigen, nationales Recht und Rechtsprechung den UN-Normen anzugleichen – in Europa unter tatkräftiger Mithilfe der Einrichtungen der EU. In der damaligen heftig geführten öffentlichen Diskussion fand sich bekanntermaßen für jedes Pro-Argument auch gleichzeitig ein entsprechendes Gegenargument.
Ich möchte an dieser Stelle aber nicht noch einmal die Schlachten der Vergangenheit schlagen, es ist - wie so häufig in der Politik – festzustellen: „Jeden Tag wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben.“ An die erbitterten Diskussionen aus dem letzten Jahr über Pro und Contra des Globalen Migrationspaktes kann man sich heute schon kaum mehr erinnern. Die Zeit ist eben sehr schnelllebig.
Zu der Frage, mit welchen politischen Aktivitäten man dem Eintreten der zuvor beklagten Fehlentwicklungen erfolgreich begegnen kann, vermag ich Ihnen leider keine Auskunft zu geben. Grund dafür: ich gehöre den zuständigen Gremien (Innenausschuss und Auswärtiger Ausschuss des Deutschen Bundestages), in denen u.a. diese Problematik in Diskussionen eine Rolle spielen könnte, gar nicht an.
Mit freundlichen Grüßen
Olav Gutting, MdB