Frage an Olav Gutting von Friedbert T. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr MdB Gutting,
die Rot-Grüne Regierung unter Gerhard Schröder hat zum 1.1.2004 das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) eingeführt. Das Gesetz hat erhebliche Auswirkungen für Pflichtversicherte und freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung. Seitdem sind auch einmalige Kapitalzahlungen aus der betrieblichen Altersvorsorge (Betriebsrenten), Direktversicherungen und Gehaltsumwandlungen beitragspflichtig (gilt auch für Altverträge!). Die Auszahlung wird mit 17,55% KV- und PV-Beiträgen belastet (bei einer Auszahlungssumme von z.B. 100000€ sind dies immerhin 17550€). Falls es sich bei dem Auszahlungsbetrag um eine reine Betriebsrente handelt, für die vom Arbeitnehmer keinerlei Beiträge entrichtet werden mußten, lassen sich KV- und PV-Beiträge vielleicht rechtfertigen, wenn aber die Beiträge vom Arbeitnehmer ALLEIN (z.B. durch Gehaltsumwandlung) getragen wurden, bedeutet die Regelung eine klare Benachteiligung der Gehaltsumwandlung gegenüber anderen Kapitalanlagen (z.B. Lebensversicherungen, Sparverträge, Aktienfonds,… ), da deren Kapitalerträge (z.B. Zinsen, Dividenden, …) bei der Auszahlung nicht mit KV- und PV-Beiträgen belastet werden.
Meine Fragen an den MdB Gutting und an die Fraktion der CDU/CSU:
Warum werden Kapitalerträge aus Gehaltsumwandlungen anders behandelt als andere Kapitalerträge?
Denkt die CDU/CSU daran, während der laufenden Legislaturperiode den oben beschriebenen Mißstand zu beseitigen?
Mit freundlichem Gruß
Friedbert Thomas
Sehr geehrter Herr Thomas,
ich bedanke mich zunächst für Ihre Anfrage vom 27.03.2014.
Auch wenn ich als Mitglied des Finanzausschusses im Bereich des Krankenversicherungsrechts kein Experte bin, möchte ich Ihnen Ihre Frage anhand der mir vorliegenden Informationen wie folgt beantworten:
In der gesetzlichen Krankenversicherung haben Rentnerinnen und Rentner Beiträge zu zahlen, die ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechen. Insoweit sind neben den Beiträgen aus der gesetzlichen Rente u.a. auch für Alterseinnahmen, die auf das frühere Beschäftigungsverhältnis zurückzuführen sind, so genannte Versorgungsbezüge, Beiträge zu entrichten.
Die Feststellung der Beitragspflicht im Einzelfall ist Aufgabe der gesetzlichen Krankenkassen. In Zweifelsfragen empfiehlt sich daher immer die Kontaktaufnahme mit der zuständigen Krankenkasse bzw. der zuständigen Aufsichtsbehörde.
Die Krankenversicherungsbeiträge aus Versorgungsbezügen richten sich ebenso wie Beiträge aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem allgemeinen Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung, welcher derzeit 15,5 Prozent beträgt. Diese Rechtslage gilt bereits seit dem 1. Januar 2004.
Direktversicherungen sind eine Form der betrieblichen Altersvorsorge, bei denen über den Arbeitgeber eine Lebensversicherung bei einem Versicherungsunternehmen auf das Leben des Arbeitnehmers abgeschlossen wird. Die Finanzierung kann entweder durch den Arbeitgeber, durch den Arbeitnehmer (Entgeltumwandlung) oder auch kombiniert erfolgen. Unabhängig von der Finanzierung steht dabei immer - neben der Versicherung - auch der Arbeitgeber für die Erfüllung der von ihm zugesagten Betriebsrente ein, er ist also in einer entsprechenden Haftung (§ 1 Absatz 1 Satz 3 Betriebsrentengesetz).
Mit Direktversicherungen sind in der Regel steuerliche Vorteile, auch für den Arbeitnehmer, verbunden, oder es besteht die Möglichkeit zur Reduzierung des sozialversicherungspflichtigen Entgelts in der Einzahlungsphase.
Waren Direktversicherungen in der Vergangenheit nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unabhängig von der Frage beitragspflichtig, wer die Leistungen finanziert hat, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Beitragspflicht von Direktversicherungen in zwei Entscheidungen vom September 2010 (Aktenzeichen: 1 BvR 739/08 und 1 BvR 1660/08) so bewertet, dass es für die Beitragspflicht entscheidend ist, wer Versicherungsnehmer der Direktversicherung ist bzw. war.
So dürfen Leistungen aus einer Direktversicherung nicht mit Krankenkassenbeiträgen belastet werden, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat.
Damit die Krankenkassen die vorgenannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts im Interesse ihrer Mitglieder umsetzen können, benötigen sie entsprechende Bescheinigungen der privaten Versicherungsunternehmen. Betroffenen Versicherten ist in diesen Fällen die Kontaktaufnahme mit ihrer Krankenkasse bzw. dem auszahlenden Unternehmen zu empfehlen.
Auch aus der gesetzlichen Rente werden Krankenversicherungsbeiträge erhoben, obwohl der Arbeitnehmer in der Zeit des Erwerbs der Rentenansprüche mit Beiträgen aus dem Brutto-Arbeitsentgelt auch schon Krankenversicherungsbeiträge zu zahlen hatte. Hierzu hat das Bundessozialgericht festgestellt, dass Renten der gesetzlichen Rentenversicherung selbst dann beitragspflichtig sind, wenn sie allein auf freiwilligen Beiträgen beruhen und der Rentner niemals eine Berufstätigkeit ausgeübt hat. Letztlich können für die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen keine anderen Grundsätze gelten.
Festzuhalten ist daher, dass Direktversicherungen in Form der betrieblichen Altersvorsorge nach § 229 SGB V der Beitragspflicht unterliegen, unabhängig davon, wer diese finanziert hat. Bei Wechselfällen ist dies möglicherweise differenziert zu betrachten. Eine Benachteiligung kann ich darin nicht erkennen, zumal die Beiträge in der Einzahlungsphase für die Direktversicherung im Wege der Gehaltsumwandlung bis zur Höhe von 4 % der Beitragsbemessungsgrenze (Rentenversicherung) beitragsfrei und steuerfrei sind.
Aktienfonds, Sparverträge und Lebensversicherungen werden hingegen aus dem bereits verbeitragten und versteuerten Einnahmen erbracht.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Auskünften weiter geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Olav Gutting, MdB