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Olav Gutting
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Frage von Jochen M. •

Frage an Olav Gutting von Jochen M. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Gutting,

laut Verteilerschlüssel bürgt Deutschland im Falle eines Ausfalls für mindestens 27% Prozent der anfallenden Kosten folgender, von der Bundesregierung bereits tolerierten sowie demnächst zur Befürwortung anstehenden Rettungsmassnahmen:

ESFS (europäische Finanz-Stabilitäts-Fazilität) - 450.000 Millionen €uro
ESM (Europäischer Stabilitäts-Mechanismus) - 750.000 Millionen €uro
EZB - Schrottpapiersammlung - 110.000 Millonen €uro
EZB - Target 2 - Forderungen - 350.000 Millionen €uro
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Summe 1.660.000 Millionen €uro
entspricht 1.660 Milliarden €uro

Weil das angeblich immer noch nicht ausreicht um Länder wie Griechenland, Portugal, Irland, Zypern, Italien, Belgien etc. zu retten sollen Griechenland & Co. daher zukünftig auch noch sog. €urobonds auf den Markt schmeissen dürfen. Für Deutschland bedeutet dies dass, auch wenn es dieses Finanzinstrument selbst gar nicht nutzt, der deutsche Steuerzahler bei einem Zahlungsausfall ebenfalls für mindestens 27% der Ausfallsumme einspringen muss.

Wieviel Schulden, Herr Gutting, darf die CDU-FDP Regierung dem deutschen Steuerzahler, dessen Enkeln und - wenn das Rettungsspiel so weiter geht - auch noch dessen Urenkeln zumuten, bis Sie persönlich sagen: "Stop, jetzt reichts" ?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Martin,

für Ihre Mail zum Thema Staatsschuldenkrise, die Sie über das Portal „Abgeordnetenwatch“ an mich gerichtet haben, danke ich Ihnen.

Zu den von Ihnen genannten Zahlen kann ich mich im Einzelnen nicht äußern. Es kursieren derzeit zu viele unterschiedliche Prognosen.

Von einem ist auf jeden Fall auszugehen: Billig wird die griechische Schuldenkrise für uns Deutsche, aber auch für die anderen Mitgliedsländer der Eurozone nicht, ganz gleich für welche Lösung die Eurozone-Staaten sich entscheiden sollten. Würde man am augenblicklichen Kurs festhalten und immer wieder neue Kredite vergeben, so wird geschätzt, dass uns diese Transaktion - sofern Griechenland sich bis 2015 wieder erholt und an den Kapitalmarkt zurückkehren kann - rund 20 Mrd. Euro kosten dürfte. Sollte Griechenland nicht so schnell zu normalen Verhältnissen zurückkehren, so steht zu befürchten, dass die auf uns entfallenden Kosten wesentlich höher ausfallen dürften. Dann - so wird von Ökonomen geschätzt - könnten mehr als 50 Mrd. Euro auf Deutschland entfallen.

Sollte es zu einer Umschuldung kommen, so wird mit einem bundesdeutschen Kostenanteil von 36,9 Milliarden Euro gerechnet. Darin sind die Kosten, die der EZB durch den Ankauf der maroden griechischen Staatsanleihen entstanden sind, noch gar nicht enthalten. Verbürgen kann sich für diese Zahlen niemand.

Das Ergebnis zeigt: Die schnelle Umschuldung kommt den deutschen Steuerzahler billiger als ein Weitermachen wie bisher. Und zwar nicht nur, wenn man für die Griechen rabenschwarz sieht und glaubt, dass sie keinen EU-Kredit zurückzahlen, sondern auch dann, wenn sie immerhin ein Drittel der EU-Kredite 2015 tilgen..

Bleibt noch das Ansteckungsrisiko auf Länder wie Portugal, Irland und andere. Eine Umschuldung in beiden Ländern würde zusätzliche Kosten

Eine weitere Erkenntnis ist allerdings unvermeidlich. Egal, wie wir jetzt weitermachen: Es wird in jedem Fall teuer für die deutschen Steuerzahler. Wenn man nur aufs Geld schaut, bietet die Umschuldung nur einen minimalen Vorteil gegenüber dem Weitermachen wie bisher: 36,9 statt 38 Milliarden Euro.

Mit solchen Zahlen lässt sich derzeit trefflich argumentieren. Sie treffen aber nur zu, wenn man wie Sie in Ihrer Anfrage vom „worst case“ ausgeht, nämlich vom totalen Zahlungsausfall Zur Zeit bestehen aber nur Bürgschaften, d.h. die Kosten sind noch überschaubar. Zu dem oben genannten Szenario kommt es ja nur bei Annahme des von Ihnen unterstellten totalen Zahlungsausfalls. Da sind wir aber noch lange nicht. .

Im Übrigen: Schulden sind nicht per Definition etwas Schlechtes. Es gibt Konjunkturzyklen, da wird man förmlich zum Schuldenmachen gezwungen. Richtig ist aber auch, dass man dann in Zeiten boomender Konjunktur alles unternimmt, um die Staatsverschuldung wieder zurückzufahren.

Die derzeit vertrackte finanzielle Lage wäre uns erspart geblieben, wenn seinerzeit Rotgrün nicht laufend den Bruch der Maastricht-Kriterien nach Brüssel hätte melden müssen. Wenn ich es noch recht erinnere, sind wir mindestens vier Jahre hintereinander der Forderung, wonach das Haushaltsdefizit nicht mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen darf, nicht gerecht geworden..

Rückblickend darf man getrost feststellen, dass die von Bundeskanzlerin Angela Merkel geführte Bundesregierung seinerzeit zusammen mit den Sozialdemokraten es hervorragend verstanden hat, die Auswirkungen der globalen Finanzkrise erfolgreich zu meistern. Auch zu dieser Zeit gab es berufene Propheten, die schon den Untergang des Abendlandes vorhergesagt hatten. Von den zahlreichen notorischen Schwarzsehern hat zum Glück keiner Recht behalten.

Auch sollte berücksichtigt werden, dass die unionsgeführte Bundesregierung noch zu Zeiten der Großen Koalition im 1. Halbjahr 2009 die sog. Schuldenbremse eingeführt hat. Als *Schuldenbremse* wird in Deutschland eine verfassungsrechtliche Regelung bezeichnet, die die Föderalismuskommission Anfang 2009 beschlossen hat, um die Staatsverschuldung Deutschlands zu begrenzen, und die Bund und Ländern seit 2011 verbindliche Vorgaben zur Reduzierung des Haushaltsdefizits macht. Es war das erste Mal seit vierzig Jahren, dass eine Bundesregierung sich mit der Problematik der Staatsverschuldung ernsthaft befasst hat.

Lassen Sie mich einen letzten Punkt erwähnen, der m.E. in der augenblicklichen Situation zu wenig Aufmerksamkeit findet. Es besteht kein Zweifel, das Vertrauen der Bürger in das gemeinsame Europa ist sehr geschwunden. Es war ohnehin noch nie sonderlich ausgeprägt, aber die Schuldenkrise, in der sich zahlreiche Mitgliedsländer befinden, macht, und das kann ich gut verstehen, den deutschen Bürgern Angst. Insbesondere deshalb, weil Ihnen die Summen, die schlimmstenfalls auf zukommen könnten, schwindelerregend sind. Dennoch sollten wir weiter ein geeintes Europa, das auf wesentlichen Politikfeldern mit einer Stimme spricht, im Blick haben. Nur in Form einer solchen Einigkeit wird es uns auf Dauer gelingen, auf internationalem Parkett mit den USA, China, Russland, Brasilien und Indien auf Augenhöhe zu verhandeln und auch wirtschaftlich als gleichberechtigter Partner anerkannt zu werden.

In der Hoffnung, Ihnen mit meinen Ausführungen ein wenig gedient zu haben, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Olav Gutting, MdB

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