Frage an Olaf Scholz von Mohamed K. bezüglich Finanzen
Wie alle Parteien steht ja auch die SPD für den Schuldenabbau.
Wie genau stellen Sie sich das vor?
Im modernen Bankensystem wird Geld faktisch aus dem Nichts*, durch Gewährung von Krediten geschaffen. Gleichwohl verschwindet dieses Geld bei Tilgung von Krediten wieder.
Das bedeutet:
viele Schulden = hohe Geldmenge
wenig Schulden = geringe Geldmenge
keine Schulden = kein Geld (!!!)
Nur Banken allein dürfen Geld schöpfen, aber verlangen grundsätzlich mehr Geld zurück, als sie je durch Kreditgewährung geschöpft haben. Sie verlangen nämlich zusätzlich den Zins!
Damit ist es rechnerisch unmöglich alle Schulden in ihrer Gesamtheit zu begleichen, weil stets der fällige Zins fehlt. Es müssen also ständig neue Schulden aufgenommen werden, um alte zu bezahlen.
Unser Geldsystem ist somit ein Schneeballsystem. Es ist unmöglich schuldenfrei zu werden! Vielmehr sind immer neue Schulden unumgänglich, um alte Forderungen zu begleichen. Die Zinslasten die daraus entstehen, wachsen exponentiell. Der Schuldendienst ist inzwischen der zweitgrößte Posten im bundesdeutschen Haushalt - ohne die geringste Aussicht auf Besserung. Demnächst wird der Schuldendienst der größte Posten im Haushalt werden und die Volkswirtschaft völlig überlasten.
Werden Sie die Wähler darüber aufklären? Werden Sie sich an ihren Eid halten und alles tun, um den unabwendbaren Crash zu mildern und weiteres Unheil verhindern?
MfG
M. Krämer
* im Rahmen von 2% Mindestreserve Zentralbankgeld
Meine Ausführungen lassen sich auf www.bundesbank.de im Glossar verifizieren
Sehr geehrter Herr Krämer,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ihre Besorgnis über die hohe Staatsverschuldung kann ich gut verstehen. Die dafür zu zahlenden Zinsen schränken den Spielraum der Politik für Maßnahmen etwa in den Bereichen Infrastruktur, Bildung oder Forschung immer mehr ein. Um der Flucht in immer neue Schulden – die ja häufig nur ein Ausdruck halbherziger Politik sind, die sich nicht traut für geplante Maßnahmen Kürzungen an anderer Stelle zu benennen – zu unterbinden, hat der Deutsche Bundestag im vergangenen Jahr eine so genannte Schuldenbremse im Grundgesetz festgeschrieben. Danach ist die Neuverschuldung des Bundes in den nächsten Jahren deutlich zurückzuführen.
Es ist richtig, dass die alten Schulden bei Fälligkeit durch Anschlussfinanzierungen, das heißt durch weitere Schulden refinanziert werden müssen, solange ein Teil des Haushalts durch zusätzliche neue Schulden gedeckt werden muss. Dabei handelt es sich aber nicht um ein Schneeballsystem, in dem es unmöglich ist, schuldenfrei zu werden. In anderen Staaten hat es durchaus Verschuldungsrückführungen gegeben, ohne dass dadurch das Geldsystem zusammengebrochen wäre. Auch in einzelnen Bundesländern hat es schon Jahre gegeben, in denen die Verschuldung zurückgeführt, also wirklich Schulden getilgt worden sind. Der Bund könnte ebenfalls ohne eine Gefahr für das Geldsystem bei entsprechenden politischen Entscheidungen – zum Beispiel für mehr Einnahmen – seine Gesamtverschuldung zurückführen. Es droht kein Zusammenbruch des Geldsystems oder der Staatsfinanzen infolge der öffentlichen Verschuldung, aber eine Begrenzung der Verschuldung ist nötig und machbar.
Mit freundlichen Grüßen
Olaf Scholz