Frage an Olaf Scholz von Roman B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Mir geht es explizit um die unterschiedliche Auslegung der Elternzeit durch die BFA und dem Bundesfamilienministerium. Laut BMFSFI steht meiner Frau eine Erziehungszeit von 8 Jahren zu (3Jahre +3 Jahre + (2X12Monate)). Die BFA beruft sich auf eine Text des SGB 3 wo die maximale Betreungsdauer für Kinder 3 Jahre beträgt.Der Begriff „verlängerte Elternzeit“ ist hier komplett unbekannt. Finden Sie nicht auch, dass hier eine Grauzone besteht und dringend nachgebessert werden muß?
Ein Beispiel: Wenn eine Frau 3 Kinder durch 3 Schwangerschaften bekommt und 3 x3 Jahre Erziehungsurlaub nimmt hat sie nach 9 Jahren Anspruch auf Leistung der BFA. Wenn eine Frau ebenfalls 3 Kinder bekommt, aber nur 2 x 3Jahre Erziehungsurlaub in Anspruch nimmt + nochmals 2 x 12 Monate( verlängerte Elternzeit bei Mehrlingsgeburten; siehe Hochglanzbroschüre des BMFSFI) . Also in Summe „nur“ 8 Jahre, werden die letzten beiden Jahre nicht anerkannt. Obwohl von Arbeitgeber und PKV bestätigt.
MfG
R. Baumgartner
Sehr geehrter Herr Baumgärtner,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst möchte ich deutlich machen, dass es sich bei dem von Ihnen angesprochenen Sachverhalt nicht um eine Auslegungsfrage handelt, sondern vielmehr um zwei unterschiedliche gesetzliche Regelungen. Es muss nämlich zwischen der Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) und der rentenrechtlichen Kindererziehungszeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) unterschieden werden. Beide gesetzliche Regelungen sind zwar familienpolitisch motiviert und knüpfen an die Erziehung eines Kindes an, weil sie aber unterschiedliche Ziele verfolgen, sind sie in ihren Anspruchsvoraussetzungen höchst unterschiedlich ausgestaltet.
Bei dem Anspruch auf Elternzeit handelt es sich um einen arbeitsrechtlichen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Danach können sich Eltern zur Betreuung und Erziehung ihres Kindes von ihrem Arbeitgeber ohne Lohnanspruch von der Belastung durch Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis freistellen lassen. Der Anspruch besteht für maximal 3 Jahre. Mit Zustimmung des Arbeitgebers können die Eltern davon bis zu 12 Monate auf die Zeit zwischen dem dritten und achten Lebensjahr übertragen.
Als Kindererziehungszeit bei der Rentenberechnung werden bei dem erziehenden Elternteil die ersten 36 Monate nach Ablauf des Geburtsmonats des Kindes anerkannt. Soweit in diesem Zeitraum gleichzeitig mehrere Kinder erzogen werden, verlängert er sich um die Anzahl der entsprechenden Kalendermonate (bei Zwillingen folglich um 36 auf 72). Dabei wird der Elternteil, dem die Kindererziehungszeit zugeordnet wird, so behandelt wird, als ob er als Erwerbstätiger durchschnittlich verdienen würde. Geht der Elternteil neben der Kindererziehung noch einer Erwerbstätigkeit nach, wird der Wert der Kindererziehungszeit bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze zusätzlich angerechnet. Mit der Regelung sollen Nachteile ausgeglichen werden, die Mütter - oder Väter - hinnehmen, wenn sie in den ersten drei Jahren nach der Geburt eines Kindes wegen der in dieser Phase besonders aufwendigen Betreuung häufig gar nicht oder nur eingeschränkt erwerbstätig sein können und deshalb während dieser Zeit keine oder nur geringe Rentenansprüche aufgrund einer Erwerbstätigkeit erwerben. Diese Zielsetzung erfordert es auch nach Ansicht des Bundessozialgerichts nicht, die Kindererziehungszeit - auch nicht anteilig - in einem Zeitraum nach Vollendung des dritten Lebensjahres anzuerkennen, zumal mit dem Eintritt in das Kindergartenalter der Betreuungsaufwand keineswegs mehr vergleichbar hoch ist und die Betreuung in dieser Zeit zumindest teilweise von anderen Einrichtungen übernommen wird.
Im Ergebnis erhält eine Mutter für die Erziehung pro Kind drei Jahre Kindererziehungszeit, bezogen auf Ihre Beispiele also 9 Jahre für 3 Kinder, gleichgültig ob durch eine oder drei Schwangerschaften und unabhängig davon, ob sie überhaupt und in welchem Zeitraum sie die Elternzeit beansprucht. Wird die Elternzeit in eine Zeit übertragen, in der das jüngste Kind das dritte Lebensjahr vollendet hat (und damit die Kindererziehungszeit beendet ist) fallen die Zeiträume der Kindererziehungszeit und der Elternzeit lediglich auseinander. Die Kindererziehungszeit geht jedenfalls nicht verloren, weil die Elternzeit später oder gar nicht genommen wird.
Weitere Fragen zu meinem Aufgabengebiet als Bundesminister für Arbeit und Soziales richten Sie bitte mit Ihrer vollständigen Anschrift direkt an das
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Mit freundlichen Grüßen
Olaf Scholz