Portrait von Olaf Duge
Olaf Duge
Bündnis 90/Die Grünen
100 %
40 / 40 Fragen beantwortet
Frage von Linde J. •

Frage an Olaf Duge von Linde J. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Sehr geehrter Herr Duge!

Im Vertrag zwischen der Stadt Hamburg einerseits und der Hamburg Elbtower Immobilien GmbH & Co. KG und der Signa Prime Selection AG (SPSA) andererseits zum Projekt Elbtower ist unter § 16 eine Verfügungsbeschränkung vorgesehen.

http://suche.transparenz.hamburg.de/dataset/grundstueckskaufvertrag-elbtower-mit-anlagen1?forceWeb=true

Wenn ich es richtig verstehe, ermöglicht diese Verfügungsbeschränkung es der Stadt, den Weiterverkauf des Elbtowers an einen anderen Investor aus einem wichtigen Grund zu verhindern. Als wichtiger Grund käme demnach in Frage, dass der an der Übernahme interessierte Investor „im Zusammenhang mit Sekten (insbesondere Scientology oder anderen Organisationen dieser Art) oder extremistischen Gruppierungen wahrgenommen wird“ oder auf der EU-Finanz-Sanktionsliste geführt wird.

Diese Möglichkeit besteht aber nur für die Dauer von zehn Jahren nach Fertigstellung des Gebäudes. Danach könnte ein solcher Weiterverkauf nicht mehr verhindert werden, weil dann keine vorherige schriftliche Zustimmung seitens der Stadt mehr erforderlich sein soll.

Ähnliche Bestimmungen gelten für den Fall eines Kontrollwechsels bei der SPSA.

Wenn ich die Bestimmungen richtig verstehe, kann das Gebäude nach Ablauf von zehn Jahren auch weiterverkauft werden, ohne dass der neue Eigentümer noch gezwungen wäre, die Pflichten, die sich aus dem Vertrag der Stadt mit der SPSA ergeben, vollständig zu übernehmen.

Halten Sie dies für angemessene Regelungen?

Oder würden Sie darauf bestehen, dass diese geändert werden, bevor die Bürgerschaft dem Vertrag zustimmt?

Danke im Voraus für Ihre Antwort!

Mit freundlichen Grüßen

L. J.

Portrait von Olaf Duge
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte(r) L. J.,

Vielen Dank für Ihre Frage, die sich mit einem juristisch sehr komplexen und auch nicht immer allgemein eindeutig beantwortbarem Rechtsfeld bewegt, wo es in Konfliktsituationen auch sehr auf den Einzelfall ankommt. Insofern muss ich Ihnen leider mitteilen, dass ich die von ihnen gestellte Frage auch nicht abschließend oder gar rechtskräftig beantworten kann, – zumal ich selbst bin kein Jurist bin bzw. ich als Abgeordneter auch keine verbindlichen Rechtsauskünfte erteilen darf.

Grundsätzlich präferiere ich bei der Vergabe von städtischen Grundstücken zum Zweck des Wohnungsbaus das Erbbaurecht, insbesondere wenn die Stadt auch größere zusammen-hängende Flächen im Eigentum hat bzw. wenn die Flächen Potentialflächen für die Stadtentwicklung sind. Hintergrund ist hierbei insbesondere die Sicherung von Mietwohnraum bzw. der Schutz vor Umwandlung in Eigentumswohnungen und damit der Verknappung von Mietwohnraum. Im Einzelfall kann das aber auch anders aussehen, z.B. bei städtischen Wohnungsbaugesellschaften oder Flächen außerhalb von Hamburg oder bei Flächentausch mit privaten Grundeigentümern. In dem von Ihnen genannten Fall handelt es sich aber weder um Wohnungsbau (das ist dort schon wegen der hohen Lärmbelastung gar nicht erlaubt) noch um eine zusammenhängende größere Fläche, sondern um einen Einzelfläche, die relativ abgeschnitten ist und gewerblich genutzt werden soll – was an dieser verlärmten Stelle zwischen zwei Brücken durchaus Sinn macht.

Sie ziehen in Ihrer Frage einen Vergleich zwischen Erbbaurecht und Kaufvertrag in Bezug auf die Eingriffsmöglichkeiten der Stadt bei Weiterverkauf. Dabei weisen Sie insbesondere darauf hin, dass ein Eigentümer grundsätzlich sein Eigentum an nicht erwünschte Personen oder Gruppierungen wie z.B. einer Sekte (z.B. Scientology) weiterverkaufen könnte. Das ist sicherlich grundsätzlich richtig, sollte aber nicht dazu führen, dass die Stadt handlungsunfähig wird und überhaupt nicht mehr verkaufen kann. Deshalb macht die Stadt auch keine Geschäfte mit Personen oder Gesellschaften, von denen ihr bekannt ist, dass sie mit solchen Sekten in Verbindung stehen oder mit ihnen Geschäfte eingehen. Z. B. kann schon die Teilnahme an einem Kurs bei Scientology dazu ausreichen. Und deshalb versucht die Stadt auch soweit dies möglich ist Einfluss auf den Erwerber eines städtischen Grundstücks zu  nehmen um ihn von einem späteren Verkauf z.B. an eine Sekte abzuhalten. Das kann meines Wissens durch Zustimmungsrechte der Stadt  oder durch Vorkaufsrechte bei Weiterverkauf, durch Wiederkaufsrechte oder durch Andienungspflichten geschehen.

Nach meinen Recherchen und Informationen, die ich erhalten habe, ist beim Vergleich von Erbbaurecht und Verkauf nicht grundsätzlich davon auszugehen, dass beim Verkauf die Eingriffsmöglichkeiten für die Stadt ungünstiger sind als beim Erbbaurecht. Auch das Erbbaurecht kann weiter veräußert werden – was auch nicht ungewöhnlich ist –  ebenso wie bei einem verkauften Grundstück der Stadt. Für die Weiterveräußerung von Erbbaurechtsgrundstücken gibt es nach meinen Informationen keine standardisierten Regelungen, dies muss im Einzelfall vertraglich vereinbart werden. Das gilt um so mehr als es hier um ein nicht alltägliches Objekt mit einem weit überdurchschnittlichen Investitionsvolumen geht. Welche Regelungen nun  bei einer Vergabe im Erbbaurecht gegolten hätten bleibt Spekulation, denn dieser Fall ist nicht eingetreten, da keiner der Bewerber beriet war im Erbbaurecht für das geplante Projekt das Grundstück zu erwerben, obwohl das Grundstück ja auch im Erbbaurecht ausgeschrieben war.

Wie Sie schreiben ist in dem jetzt vorliegenden Vertrag eine Zustimmung der FHH bei Weiterverkauf innerhalb der ersten zehn Jahre nach Fertigstellung erforderlich. Aus einem "wichtigen Grund" kann diese  Zustimmung verweigert werden. Zum Weiterverkauf nach Ablauf der zehn Jahre der Zustimmungserfordernis zum Kontrollwechsel seitens der FHH in § 16.2 GKV ist grundsätzlich zu sagen, dass sich die nicht eindeutig zu beantwortende Frage stellt, welche objektiven Kriterien einer Beurteilung bei so einem Investitionsvolumen überhaupt herangezogen werden könnten. In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch auf § 16.3 GKV, der Andienungspflicht bis 50 Jahre nach Fertigstellung hinweisen. Was dann nach 50 Jahren mit diesem Objekt passieren könnte ist in der Tat kaum vorhersehbar.

Mit freundlichem Gruß

Olaf Duge

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Olaf Duge
Olaf Duge
Bündnis 90/Die Grünen