Frage an Olaf Böttger von Jens B. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Böttger,
in Ihrer sehr ausführlichen Antwort auf die Frage von Herrn Rose gehen Sie auf die Frage, wie mit Jugendlichen, die Cannabis-Produkte konsumieren, umgegangen werden sollte, nur am Rande bis gar nicht ein.
Den Rückgang von 64 auf 60 Drogentoten (´User´ harter Drogen wie Heroin und Crack) sehe ich natürlich auch positiv, jedoch kann dies innerhalb natürlicher Schwankungen liegen. Sollten im Folgejahr nun 66 Menschen an Drogenkonsum sterben, wäre das wiederum ein Anstieg um 10%. Sie sehen, diese Prozentangaben sind bei derart niedrigen Zahlen schnell irreführend.
Ich glaube nicht, daß Frau Husen von der GAL eine Freigabe von Cannabis für unsere "lieben Kleinen" fordert (bzw. konnte diesbzgl. auf ihrer Webseite nichts finden), sondern vielmehr eine Entkriminalisierung von erwachsenen Bürgern, die ihr ´Recht auf Rausch´, bzw. auf den Konsum einer nicht chemisch weiterverarbeiteten, rauchbaren Pflanze, ausüben wollen.
Wenn Herr Rose von ca. 30% der Schüler in der Klasse seines Sohnes spricht, halte ich das für eine realistische Zahl. Zwar kann ich aufgrund Ihres Engagements bei den Guttemplern Ihre ´Präferenz der Abstinenz´ nachvollziehen, aber halten Sie es für richtig, daß Jugendliche und Erwachsene, die Cannabis konsumieren, durch das Verbot kriminalisiert werden?
Eine Studie des Institut für Therapieforschung (IFT) zum ´Gebrauch und Missbrauch psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen in Hamburg 2003´ hat festgestellt, daß in Hamburg hochgerechnet pro Jahr mehr als 21.000 Menschen fast täglich Cannabis konsumiert haben.
Besteht Ihrer Meinung nach nicht die Gefahr, daß diese Konsumenten durch die Notwendigkeit, ihr Haschisch/Marihuana über ´dunkle Kanäle beziehen´ zu müssen, eher in den Einzugskreis harter Drogen geraten?
Sie sind einerseits dafür, den ´Grad der Verführung´ so gering wie möglich zu halten, ist aber diese Gefahr nicht durch die Kriminalisierung von Cannabis höher als bei einem kontrollierten, legalen Vertrieb desselben?
In einer früheren Antwort setzen Sie sich für eine ´strikte Einhaltung des Jugendschutzgestzes´ und für eine ´gnadenlose Verfolgung und Bestrafung von Drogendealernein´ (20.01.) ein, relativieren aber daraufhin wiederum:
"Der Handel ist verpflichtet sich Ausweise zeigen zu lassen, aber welcher Verkäufer z.B. einer Tankstelle tut das schon?"
Wieso kann man diesen (Alkohol-)Dealern nicht mit drastischeren Strafen zuwege kommen? Weil sie als Tankstellen-Besitzer nur am Rande ´dealen´? Ein Kavaliersdelikt sozusagen?
Die Zahl der Alkohol-Toten in Deutschland liegt bei gut 40.000 jährlich. Soweit ich weiß, hat sich noch kein Mensch direkt zu Tode gekifft. Setzen Sie nicht falsche Prioritäten und verkennen die Realität, wenn sie Konsumenten weicher Drogen in die gleiche Schublade wie User harter Drogen stecken und andererseits den Alkoholkonsum als ´unvermeidbar´, bzw. ´nicht zu verhindern´ darstellen?
Mit freundlichen Grüßen,
Jens Beckmann
Sehr geehrter Herr Beckmann,
vielen Dank für ihre Nachfrage bezüglich des Umgangs mit Jugendlichen, die Cannabis - Produkte konsumieren. Macht sie mir doch deutlich, daß meine Antwort an Herrn Rose ggf. noch Unschärfen hatte, die ich jetzt gern versuchen möchte auszuräumen.
Zunächst aber noch eine kleine Anmerkung zum Rückgang der Zahl der Drogentoten. Diese erfreuliche Entwicklung ist im Verlauf der letzten Jahren tatsächlich kontinuierlich zu beobachten. Man kann also guten Gewissens von einem positiven Trend sprechen.
Hinsichtlich der Website von der GAL - Abgeordneten Katja Husen habe ich mir seinerzeit sicherheitshalber einen Ausdruck gemacht. Wenn die aktuelle Website nichts dergl. z.Z. mehr vorhält, heißt das nicht, das meine Aussage deswegen falsch war. Versuchen Sie es bitte mal im Internet über Google.de, ob Sie nicht doch noch diesbezüglich bei Frau Husen und der GAL fündig werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch ein Artikel mit einem "Husen - Zitat" zu diesem Thema im Archiv des Hamburger Abendblattes. Ich suche Ihnen gern auf Wunsch das Material dazu raus.
Meine Ausführungen zur strikten Einhaltung des Jugendschutzgesetzes sind, wie Sie richtig bemerkten, von Pesimismus geprägt. Ich weiß, daß wir Politiker, die Polizei und auch die Gewerbeaufsichtsämter in Zeiten knapper Mittel und Ressourcen nicht zaubern können!
Hier sind wirklich wir alle gefragt.
Ich mache bei Verstößen gegen bestehende Gesetze grundsätzlich keinen Unterschied zwischen "eher guten und eher schlechteren Verkäufern". Ich schiele in diesem Zusammenhang auch nicht auf evtl. erwünschte Steuereinnahmen, was einem ja allzu gern unterstellt wird.
Wenn Herr Rose von 30 % Konsumenten in der Klasse seines Sohnes spricht, so halte ich die bedrückende Zahl für durchaus realistisch. Die 21.000 Menschen, die fast täglich Cannabis konsumieren sprechen ja schließlich auch schon Bände (IFT -Studie).
Das Grundproblem liegt m.E. nicht darin, daß man in irgendeiner Form Menschen kriminalisieren will. Das Grundproblem liegt für uns Politiker und Eltern darin, daß wir eine besondere Verantwortung für unsere Kinder und Jugendliche haben und wie wir damit sachgerecht umgehen.
Sie stimmen mir sicherlich zu, daß hier Unterschiede zu machen sind.
Eine "Null - Toleranz - Diskussion" hinsichtlich der Cannabis - Freigabe an Kinder und Jugendliche halte ich aus meiner Sicht für durchaus angebracht. Die großen Freigabemengen - Unterschiede der Bundesländer laut BTMG finde ich für nicht akzeptabel und zielführend. Zurzeit prüfe ich gerade, ob man hier nicht zu deutlichen Änderungen kommen kann. Rechtsunsicherheiten von Landkreis zu Landkreis sind nicht sinnvoll.
Hinsichtlich der erwachsenen Konsumenten von legalen und illegalen Drogen gilt für mich der Grundsatz, daß man niemanden gegen seinen eigenen Willen "trockenlegen" kann. Für junge Menschen habe ich aber eine besondere Verantwortung und diese nehme ich wahr. Ich will die Erreichbarkeit von jeglichen Drogen ( legalen und illegalen) für Kinder und Jugendliche deutlich erschweren, ich will ferner frühzeitig aufklären und ich will Dealer mit aller Härte verfolgen und bestrafen.
Als Guttempler ( Förderer) gilt für mich zwar der Satz "ein bisschen schwanger gibt es nicht", aber dies gilt nur für Menschen, die aus der Sucht raus wollen. Eine grundsätzliche Präferenz der Abstinenz habe ich nicht und haben die Guttempler auch nicht im Umgang mit anderen Menschen. Nur der Betroffene und Ausstiegswillige ist sich natürlich darüber im Klaren, daß kein anderer Weg als eine konsequente Abstinenz zum Erfolg –dem "clean werden" führt.
Konsumenten, die erwachsen sind und eigenverantwortlich ihre Gesundheit beeinträchtigen und ihr "Recht auf Rausch", wie Sie es nennen, ausüben, unterliegen anderen Gesetzmäßigkeiten und stehen hier nur sekundär zur Debatte. Ein Volkswirtschaftliches Problem stellen sie natürlich mittelfristig trotzdem dar.
MfG
Olaf Böttger
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Ergänzung (07.04.2005):
Lieber Herr Beckmann,
bezüglich meines Hinweises hinsichtlich des von der GAL gehegten Wunsches, nach einer Cannabis – Legalisierung für Jugendliche, verweise ich neben der angeführten Homepage – Seite z.B. auch auf einen Artikel des Hamburger Abendblattes vom 30.06.2004 mit folgendem Inhalt:
„Katja Husen (28), drogen- und gesundheitspolitische Sprecherin der GAL, spricht sich dafür aus, Cannabis über das Jugendschutzgesetz zu legalisieren.“ So würde die Droge an Kultcharakter verlieren…….