Frage an Özcan Mutlu von Sebastian T. bezüglich Gesundheit
1. Wie wollen Sie den Fachkräftemangel beheben?
2. Wie stehen Sie zu min. Personalbemessung in allen Bereich sozial und pflegerischen Bereichen (Krankenhäuser, Heime, ambulanten Betreuung, I-Kita, I-Schulen)?
3. Würden Sie sich aussprechen, dass die Heilerziehungspflege Ausbildung als Heilberufe anerkannt wird?
4. Würden Sie sich einsetzen, dass die Heilerziehungspflege endlich ein bundeseinheitliches Berufsgesetz und Ausbildungs- und Prüfungsverordnung bekommen?
5. Wie wollen Sie die Pflege- und Sozialberufe attraktiver gestalten?
6. Sind sie für die Abschaffung des Kirchenarbeitsrechts, was besonders im Sozial und Gesundheitsbereich gilt und massiv Grundrecht einschränkt, wie Bsp. das Recht auf Streiken?
Bsp. Ich muss zwar keine Kirchensteuer zahlen, muss aber in Form einer Spende 9% meines Bruttogehalts an meinen AG abtreten. Stellen Sie sich mal vor, die Mitarbeit von VW zahlen an ihren AG eine Spende dafür, dass er Sie beschäftigt oder Sie das Sie vielleicht demnächst in Bundestag sitzen? Diese ist eine Ungleichbehandlung, zusätzlich ist der Gesetzgeber dazu verpflichtet, dass eine Versorgung sichergestellt ist in diesen Bereichen. Die Bundesregierung gibt ihre Verantwortung weiter und setzt sich mit dem Gesetz für eine Ungleichbehandlung ein. Zudem steht im GG, dass Kirch und Staat getrennt ist, d.h. der Staat ist für die Sicherung der Versorgung verpflichtet, also trägt er auch bis zum Schluss die Verantwortung, dass hier nicht unterschiedliche Gesetzgebung in der Branche gibt. Nach GG steht mir das Recht auf Streik und Arbeitskampf zu, dieses wird mir mit der Gesetzgebung von der Kirche genommen.
7. Setzen Sie sich für eine Pflegekammer ein?
8. Setzen Sie sich dafür ein, dass im G-BA auch die Pflege verpflichtend vertreten sein muss?
Sehr geehrter Herr T.,
vielen Dank für Ihre erneuten zahlreichen Fragen. Gerne möchte ich auf einige eingehen. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich nicht alle so schnell auf dieser Plattform beantworten kann.
1. Wie wollen Sie den Fachkräftemangel beheben?
Deutschland ist im Wettbewerb um den Zuzug von Fachkräften. Unser Aufenthaltsrecht ist nicht darauf eingestellt, die Folgen des demografischen Wandels durch die Einwanderung von Arbeitskräften zumindest abzumildern. Unser Einwanderungsrecht ist kompliziert, unübersichtlich und überholt. Wir haben einen Vorschlag vorgelegt, um das Einwanderungsrecht zu liberalisieren und zu entbürokratisieren, ohne die nachhaltige Entwicklung in anderen Ländern zu gefährden. Fachkräfte, deren Ideen und Motivation unser Land dringend braucht, sollen einfacher als bisher einen Arbeitsplatz in Deutschland suchen können. Wir werden Deutschland attraktiv machen für ausländische Studierende und Menschen, die in Deutschland eine berufliche Ausbildung absolvieren oder sich bei uns beruflich nachqualifizieren möchten.
Fachkräften ermöglichen wir ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche und schaffen dafür eine Einwanderungsquote mit Punktesystem. Auch ein möglicher Spurwechsel zwischen Asyl- und Einwanderungsrecht hilft dabei, Fachkräfte zu gewinnen. So können Asylbewerber*innen bei entsprechender Qualifikation eine Arbeitserlaubnis erhalten. Wir wollen bestehende Berufsabschlüsse besser anerkennen und die Arbeitsaufnahme in Deutschland erleichtern.
2. Wie stehen Sie zu min. Personalbemessung in allen Bereich sozial und pflegerischen Bereichen (Krankenhäuser, Heime, ambulanten Betreuung, I-Kita, I-Schulen)?
5. Wie wollen Sie die Pflege- und Sozialberufe attraktiver gestalten?
Der Personalmangel in der Pflege gehört für uns ganz oben auf die politische Agenda. Wir sind sehr enttäuscht von den von der Bundesregierung vorgelegten Plänen zur Verbesserung der Personalsituation im Krankenhaus. Wir setzen uns politisch und parlamentarisch konsequent für eine bessere Personalausstattung ein, um die Situation zu verbessern. Wir brauchen schnellstmöglich verbindliche Personalbemessungsregelungen für den Krankenhausbereich. Die müssen von unabhängigen Wissenschaftlern entwickelt werden und sich am tatsächlichen Bedarf orientieren. Für den Übergang fordern wir für Krankenhäuser ein Pflegestellenprogramm, das sich mindestens an den Größenordnungen der 1997 abgeschafften Pflegepersonalregelung (PPR) orientiert.
Weiterhin wollen wir uns bei den Tarifpartnern für einen „Tarifvertrag Soziales“ einsetzen, der für faire Löhne in den sozialen Berufen und damit auch in der Pflege sorgt. Selbstverständlich spielen auch die Arbeitszeiten eine wichtige Rolle. Auslaugender Schichtdienst und unflexible Arbeitszeitregelungen tragen maßgeblich zur Belastung der Beschäftigten bei. Wir wollen allgemein, dass Beschäftigte eine gesetzlich garantierte Mitsprache über den Umfang und die Lage ihrer Arbeitszeit erhalten, damit Arbeit gut in ihr Leben passt. Bei der Aufstellung von Schichtplänen sollen die Bedürfnisse der Beschäftigten stärker berücksichtigt werden. Das ist besonders in der Pflege wichtig.
Neben der Bezahlung und den Arbeitszeiten sind gesundheitsfördernde und alter(n)sgerechte Arbeitsplätze ausschlaggebend, um die Arbeit in der Pflege attraktiver zu machen. Darüber wollen wir mit den Arbeitgebern in einen Dialog treten. Außerdem müssen die Anstrengungen zur Entbürokratisierung weiter fortgeführt und intensiviert werden.
6. Sind sie für die Abschaffung des Kirchenarbeitsrechts, was besonders im Sozial und Gesundheitsbereich gilt und massiv Grundrecht einschränkt, wie Bsp. das Recht auf Streiken?
Bsp. Ich muss zwar keine Kirchensteuer zahlen, muss aber in Form einer Spende 9% meines Bruttogehalts an meinen AG abtreten. Stellen Sie sich mal vor, die Mitarbeit von VW zahlen an ihren AG eine Spende dafür, dass er Sie beschäftigt oder Sie das Sie vielleicht demnächst in Bundestag sitzen? Diese ist eine Ungleichbehandlung, zusätzlich ist der Gesetzgeber dazu verpflichtet, dass eine Versorgung sichergestellt ist in diesen Bereichen. Die Bundesregierung gibt ihre Verantwortung weiter und setzt sich mit dem Gesetz für eine Ungleichbehandlung ein. Zudem steht im GG, dass Kirch und Staat getrennt ist, d.h. der Staat ist für die Sicherung der Versorgung verpflichtet, also trägt er auch bis zum Schluss die Verantwortung, dass hier nicht unterschiedliche Gesetzgebung in der Branche gibt. Nach GG steht mir das Recht auf Streik und Arbeitskampf zu, dieses wird mir mit der Gesetzgebung von der Kirche genommen.
Wir sehen dringenden Reformbedarf hinsichtlich des kirchlichen Arbeitsrechts. Individuelle Grundrechte wie die individuelle Religionsfreiheit, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, das Recht auf Privat- und Familienleben sowie das Recht auf Arbeits- bzw. Berufsfreiheit, d.h. diskriminierungsfreier Zugang, Durchführung, Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen können im Konflikt stehen mit dem Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht der Kirchen als Trägerinnen von Betrieben in kirchlicher Trägerschaft.
Das besondere Arbeitsrecht für Beschäftigte in Kirchen und in Betrieben kirchlicher Träger enthält deutliche Beschränkungen der Rechte von Arbeitnehmer*innen im Verhältnis zu den Rechtspositionen von Beschäftigten in anderen Unternehmen und in karitativen, sozialen und erzieherischen Einrichtungen nichtkirchlicher Träger. Außerdienstliches und privates Verhalten einer Beschäftigten oder eines Beschäftigten einer Kirche, Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft, dessen oder deren Tätigkeit nicht den Bereich der Verkündigung umfasst, darf keine arbeitsrechtlichen Auswirkungen haben. Die persönlichen Loyalitätspflichten von Mitarbeiter*innen außerhalb des Bereiches der religiösen Verkündigung halten wir für unverhältnismäßig.
Außerdienstliches Verhalten von Beschäftigten einer Kirche, Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft, z.B. Wiederverheirateten und LSBT*I*Q-Menschen, deren Tätigkeit nicht den Bereich der Verkündung umfasst, darf keine arbeitsrechtlichen Auswirkungen, wie etwa eine Kündigung, zur Folge haben. Durch Änderung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (§ 9 Abs. 1 AGG) und der arbeitsrechtlichen EU-Antidiskriminierungsrichtlinie (Art. 4 Abs. 2) wollen wir die Ausnahmen für die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften enger fassen und damit den individuellen Rechten deutlich mehr Geltung verschaffen. Der Staat muss seiner Schutzpflicht gerecht werden und einen Rechtsrahmen schaffen, innerhalb dessen Gerichte eine gerechte Abwägung vornehmen können zwischen den Arbeitnehmer*innen- und den besonderen Arbeitgeber*innenrechten. Koalitionsfreiheit und Streikrecht wollen wir als soziale Grundrechte für Arbeitnehmer*innen auch in Betrieben in kirchlicher Trägerschaft gewährleisten. Sie sind unserer Überzeugung nach mit einem Tendenzschutz und dem kirchlichen Recht auf Selbstordnung und Selbstverwaltung vereinbar.
Für den Bereich des kollektiven Arbeitsrechts fordern wir daher die Überprüfung des Regelungsgehalts von § 112 Personalvertretungsgesetz und §118 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz. Ziel ist, den generellen Ausschluss von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und von deren karitativen und sozialen Einrichtung aus dem Wirkungsbereich dieser beiden Gesetze auszuschließen, sodass eine Gleichbehandlung mit anderen karitativen und sozialen Betrieben i.S.d. § 118 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz erfolgt. Die berechtigten Belange kirchlicher und weltanschaulicher Einrichtungen werden dabei insofern gewährleistet, als sie dem spezifischen kirchlichen Tendenzschutz unterliegen. Bei einer Novelle sollen nach Möglichkeit jetzige spezifische Möglichkeiten der Interessenvertretung der Mitarbeiter*innen kleinerer kirchlicher Arbeitgeber*innen gewahrt bleiben, wenn dies von den Mitarbeiter*innen gewünscht wird und die Rechte der Mitarbeiter*innen nicht eingeschränkter sind als bei einer Anwendung von PersVG oder BetrVG. Weiterhin soll es – bei Berücksichtigung der vorstehenden Überlegungen – die Möglichkeit geben, überbetriebliche Interessenvertretungen im Rahmen einer Neuregelung zu wahren bzw. zu etablieren, Optionen der kirchlichen Mitarbeiter*innenvertretung zu erhalten, die über die bisherigen Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes sogar hinausgehen. Aus dieser Position heraus begrüßen wir Initiativen auf kommunaler Ebene, die bei Vergabe von Aufträgen an Betriebe in kirchlicher Trägerschaft diejenigen bevorzugen, die das kirchliche Arbeitsrecht nicht anwenden.
Mit freundlichen Grüßen
Özcan Mutlu