Frage an Özcan Mutlu von Arvid S. bezüglich Innere Sicherheit
Hallo Herr Mutlu,
ich bin entsetzt, dass die Bundesregierung sich aus der Verantwortung für diese elementare Problem stehlt, indem sie die Entscheidung über das "fracking" an die Landesregierungen delegiert. Ich habe viele Jahre in Schleswig-Holstein gelebt und weiß, wie sehr die Energie-Multies auf diesen Moment gehofft haben: nun können sie mit ihrer landen und bundesweiten Übermacht hemmungslos "fracken", weil keine Landesregierung es wagen wird, die vermeintlichen Arbeitsplätze in dieser Umweltzerstörung und Menschengefährdung zu "verspielen". Das ist aber kein Spiel, sondern eine unerträgliche Gefahr.
Der Umweltminister der Regierung von Schleswig Holstein macht sich zum willfährigen Diener der Energie-Multis und keiner hält ihn auf. Was ist das für eine grüne Partei, die das "fracking" erlaubt, ohne Einschränkungen, ohne Abwehrversuche, ohne die notwendige Öffentlichkeit über ihre eigene Politik herzustellen. Ich erwarte von Ihnen, Herr Mutlu, auf Ihre Partei, auf Ihre KollegInnen und besonders auf den "grünen" Umweltminister Einfluss zu nehmen und dessen elende Behandlung unter dem "Berggesetz" zu vereiteln!
Mit freundlichen Grüßen,
Arvid Stoeppler
Lieber Herr Stoeppler,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir Grüne haben erst vor kurzem erneut ein klares Verbot dieser gefährlichen Technologie gefordert - ohne künstliche Unterscheidung nach „konventionell“ und „unkonventionell“, wie sie die große Koalition jetzt vornimmt.
Das Risiko, Böden, Trinkwasservorräte und die Gesundheit der betroffenen Bevölkerung schwer und dauerhaft durch den Einsatz der Fracking-Technik zu beeinträchtigen, rechtfertigt nicht die Förderung vergleichsweiser geringer Erdgas- und Erdölmengen. Zudem steht die mit dem Einsatz der Fracking-Technik einhergehende Verlängerung des fossilen Zeitalters im Widerspruch zu den Klimazielen des Paris-Abkommens zur Begrenzung des Klimawandels auf deutlich unter 2 Grad Celsius.
Auch das neue Gesetz der großen Koalition bleibt eine Mogelpackung. Schiefergasfracking, also „unkonventionelles Fracking“ wird zwar „verboten“, allerdings hat daran (derzeit) sowieso niemand in Deutschland ein Interesse – auch die Industrie nicht. Für Schiefergas sollen „nur“ Probebohrungen erlaubt werden, jedoch viel wichtiger: im Sandstein („tight gas“) darf weiterhin das Fracking-Verfahren, also sogenanntes „konventionelles Fracking“ angewendet werden. Damit serviert die große Koalition der Industrie auf dem Silbertablett, was die Industrie Mitte Juni noch gefordert hat: explizite Erlaubnis für das tight-gas-Fracking.
Es sollen nun - im Vergleich zum ersten, im Frühjahr 2015 eingebrachten Gesetzespaket - zwar endlich rechtssicher alle Gebiete ausgeschlossen werden, in denen Trinkwasser oder Wasser zur Lebensmittelherstellung gewonnen wird, aber wir sehen diese Änderungen als nicht ausreichend an. Wir fordern ein echtes Fracking-Verbot, in allen Gesteinsformationen. Die Risiken sind auch bei Fracking im Sandstein vorhanden: Für die Gasförderung aus Sandstein-Formationen und aus vergleichsweise großer Tiefe wird die Fracking-Methode in Niedersachsen bereits seit rund 30 Jahren eingesetzt - seither hat es rund 300 Fracks gegeben, mit stetig wachsender gesellschaftlicher Debatte und kritischer Diskussion zu den Auswirkungen dieser Fördermethode. Erhöhte Zahlen von Krebserkrankungen, andere Gesundheitsgefahren (Gutachten des Umweltbundesamtes) und immer wieder auftretende Erdbeben zeigen, dass auch das bisher angewandte sogenannte „konventionelle“ Fracking große Risiken mit sich bringt. Auch die Entsorgung der giftigen Abwässer ist ungeklärt.
Für die Menschen in den betroffenen Erdgasförder-Regionen in Deutschland ist die Aussage von Frau Hendricks wahrlich kein Trost: „Mit dem Gesetz der GroKo wird es nicht weniger und nicht mehr Fracking geben als bisher“ – denn die Auswirkungen des Fracking-Einsatzes bisher tragen zu großer Sorge der Menschen v.a. in Niedersachsen bei. Deswegen will auch die große Mehrheit in Deutschland (80%) ein absolutes Fracking-Verbot – auch aus Klimaschutzgründen.
Unsere grünen Anträge beinhalten das ausnahmslose Verbot der Fracking-Technik für die Förderung fossiler Rohstoffe und neue verbesserte Regularien zum Schutz von Mensch und Umwelt bei der Förderung von Erdgas und Erdöl auch ohne Fracking-Technik.
( http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/075/1807551.pdf )
Mit freundlichen Grüßen
Özcan Mutlu