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Özcan Mutlu
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Frage von Thomas S. •

Frage an Özcan Mutlu von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Multu,

in meiner Fragestellung an Ihre Adresse erkenne ich einen Umgang mit der Pegida-Bewegung, der mir wenig geeignet erscheint, den mit dieser Bewegung verbundenen Problemen zu begegnen. Diese Problematik erkenne ich auch in dem von Ihnen initiierten Aufruf gegen Fremdenhass und Rassismus.

Ich danke Ihnen Herr Multu für Ihre zeitnah am 5.02.2015 erfolgte Antwort, der ich in der kritischen Wertung der Fremdenfeindlichkeit zustimme, die mich aber leider blinde Flecken erkennen lässt.

Ich stimme Ihnen zu, dass Pegida falsche Fragen bzw. Inhalte aufwirft, ich vermisse aber die gezielte Frage nach den Urschen dieses Phänomens. Zudem wird Ihre m.E. pauschale Beschreibung der Pegida-Bewegung diesem Phänomen nicht gerecht. Sie schreiben z.B.:

"wer auf dieser Wissensgrundlage gegen eine Islamisierung auf die Straße geht, ist entweder unwissend oder ein Lügner, wenn er oder sie es besser weiß. Natürlich sind es Ressentiments also Vorurteile, die das Handeln dieser Leute bestimmen. Und wer sich ausschließlich von Vorurteilen lenken lässt, der darf sich nicht beschweren, als Ignorant zu gelten."

http://www.abgeordnetenwatch.de/oezcan_mutlu-778-78356--f431035.html#q431035

Frage 1:

Verhalten Sie sich nicht auch ignorant, wenn Sie die Sympathisanten von Pegida ohne diese persönlich zu kennen querbeet durch die Bank aburteilen?

Mit kommt das aktuelle Geschehen so vor, als ob Pegida als politisch sehr unkorrekt erklärt und mundtot gemacht werden soll. Anstatt den Fokus auf das kritikwürdige Verhalten von Pegida zu legen, werden m.E. deren Anhänger als "Lügner" und Ignoranten" diffamiert.

Frage 2:

Kann diese Behandlung von Pegida das Problem lösen und bei Pegida demokratische (Um)denkprozesse anstiften oder wäre nicht eher das Gegenteil anzunehmen?

Frage 3:

Ist Pegida nicht vielmehr Symptom als nur Problem?

Frage 4:

Weichen Sie der Frage nach den Ursachen von Fremdenhass nicht aus?

Viele Grüße,

Thomas Schüller

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schüller,

vielen Dank für Ihre Nachfrage und die Gelegenheit, dass ich meine Position noch einmal klarstellen kann.

Zu Ihrer Frage der Bewertung einzelner Menschen auf den PEGIDA-Demonstrationen möchte ich betonen, dass es mir fern liegt, über die einzelnen Personen selbst zu urteilen. Ich habe jedoch eine klare Auffassung zu der PEGIDA-Bewegung an sich, die Sie ja zitiert haben. Und auf Grundlage dieser Auffassung bewerte ich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Demonstrationen.

Und ich muss Ihnen auch sagen, dass ich es wirklich leid bin, darüber zu sprechen, was die "wirklichen" Motive der Menschen sind. Ich kann nicht in die Köpfe der Menschen hineinschauen und bewerte die Menschen nach ihren Äußerungen und vor allem nach ihren Handlungen.

Seit Erstarken der PEGIDA-Bewegung haben sich die gewalttätigen Angriffe auf Unterkünfte für Geflüchtete vervielfacht. In Bayern sind beispielsweise im zweiten Halbjahr 2014 so viele Brandanschläge registriert worden, wie in den gesamten zehn Jahren zuvor! Das ist die hässliche Seite dieser Debatten und dieser Bewegung, dass gewalttätige Menschen ermuntert werden zu handeln. Ich möchte Sie auch noch mal auf aktuelle Zahlen rechter Straftaten hinweisen: Laut Antwort der Bundesregierung auf einer Anfrage im Deutschen Bundestag sind im Jahr 2014 mehr als 10.000 rechte Straftaten registriert worden ( http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland-mehr-als-10-000-rechte-straftaten-2014/11364746.html ).

Ich habe immer noch die Bilder von Rostock 1992 vor Augen. Und ich habe den Eindruck, dass viele dieselben Menschen sind, die damals vor dem brennenden Gebäude standen und die heute unter dem Banner der PEGIDA marschieren.

Und ich bin weiterhin nicht bereit, emotionalen fremden- oder islamfeindlichen Auffassungen eine Legitimation zu verleihen, indem ich diese Haltungen als Gesprächsgrundlage akzeptiere.

Über die "wirklichen" Motive kann diskutiert werden, dann müssen sie aber auch artikuliert werden und es muss eine ernsthafte Absicht zur sachlichen Debatte vorliegen.

Mit freundlichen Grüßen

Özcan Mutlu