Frage an Özcan Mutlu von Martin S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Werter Herr Mutlu,
ich habe aus der Presse erfahren, dass sie als mein Abgeordneter für meinen Wahlkreis dem Gespräch mit den Flüchtlingen auf dem Oranienplatz, Kreuzberg, ferngeblieben sind ( siehe http://www.tagesspiegel.de/berlin/streit-ums-fluechtlingscamp-in-berlin-platz-fuer-forderungen-nicht-fuer-loesungen/8517126.html ). Auch ist dort nicht die Rede von einer Terminabsage.
Ich als Souverän in Ihrem Wahlkreis- kann von Ihnen als Volksvertreter erwarten, dass Sie sich um die Probleme der Flüchtlinge (die Abschaffung der Residenzpflicht, eine Arbeitserlaubnis und die Möglichkeit, individuell leben zu können und nicht in Sammelunterkünften) kümmern.
Warum ist das nicht geschehen?
mfg,
M. Steldinger
Sehr geehrter Herr Stelzinger,
ich danke Ihnen für die Frage, die ich gerne beantworte. Zunächst kann ich Ihnen versichern, dass es in der Frage von Rechten von Flüchtlingen zwischen Herrn Hans Christian Ströbele, Dr. Franz Schulz und mir absoluter Konsens herrscht! Gerne hätte ich an diesem Termin teilgenommen, allerdings war es der ausdrücklicher Wunsch des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, dass nur politisch Verantwortliche auf der Ebene des Landes und des Bundes (Senat und Ministerien) sowie die Fraktionsvorsitzende daran teilnehmen. Der einzige Abgeordnete der eingeladen war, war in der Tat Herr Ströbele als Wahlkreisabgeordneter des Bezirks, und Herr Lux hat unsere Fraktionsvorsitzende Frau Pop vertreten. Da ich von Herr Schulz bereits im Vorfeld darüber informiert worden bin, dass nahezu alle Ebenen abgesagt haben, wollten wir auch nicht, dass nur Grüne Vertreter vor Ort sind und uns Wahlkampfgetöse vorgeworfen wird.
Nun zum inhaltlichen: Wir GRÜNE lehnen die Abschottungspolitik an den Außengrenzen Europas strikt ab. Wir wollen eine Flüchtlingspolitik, die sich an Menschenrechten orientiert. Flüchtlingen muss von Anfang an der Zugang zu Bildung, Gesundheitswesen, Integrationskursen, Spracherwerb und Kommunikationsmedien ermöglicht werden. Schutzsuchende dürfen nicht in Staaten zurückgeschoben werden, in denen sie Diskriminierung oder soziales Elend erwartet. Deswegen setzen wir uns für eine großzügige Bleiberechtsregelung und ein Ende der Kettenduldungen ein.
Auch „illegal“ in Deutschland lebenden Menschen stehen die grundlegenden Menschenrechte zu. Deswegen wollen wir, dass Menschen ohne Aufenthaltsrecht Zugang zu medizinischer Grund- und Notfallversorgung erhalten und ihre Kinder ungehindert Kindergärten und Schulen besuchen können. Das diskriminierende Asylbewerberleistungsgesetz, das nach wie vor Flüchtlingen eine existenzsichernde Versorgung vorenthält, muss abgeschafft werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Hart z IV-Regelsätzen kann es nicht hingenommen werden, dass Flüchtlinge weiter unterhalb des Existenzminimums leben müssen. Wir setzen uns hier für eine Reform und Verbesserung ein!
Mit freundlichen Grüßen
Özcan Mutlu