Frage an Norman Müller von Dalia E. bezüglich Staat und Verwaltung
Wie definieren Sie eine gute Digitalpolitik in Thüringen?
1. Nennen Sie bitte 3 bis 5 konkrete Digitalvorhaben, die Sie in der kommenden Legislatur angehen und auch umsetzen wollen.
2. Worin sehen Sie die größten derzeitigen Digitaldefizite im Freistaat?
Liebe D. E.,
eine gute Digitalpolitik ist für mich, wenn die Nutzerinnen und Nutzer im Mittelpunkt stehen. Wir brauchen keine digitalen Strategien oder Szenarien, die nicht den Nutzer im Fokus haben. Insofern plädiere ich dafür die Nutzerzentrierung bei sämtlichen Digitalisierungsbestrebungen als das zentrale Element.
Zur ersten Frage: Die Zentralisierung der aktuell in mehreren Fachministerien verstreuten Digitalisierungsbestrebungen ist eine erste Aufgabe der sich die neue Landesregierung stellen muss. Die derzeitige Aufsplittung ist m.E. hinderlich und führt zu einem Mehraufwand bei Abstimmungsprozessen, als auch zu einer inhomogenen Informationslage zwischen den Akteuren.
Der Ausbau von Breitbandinternetanschlüssen, als auch der 5G-Funktechnologie ist eine infrastrukturelle Basisvoraussetzung. Deshalb müssen hier in der kommenden Legislatur neben finanziellen Förderungen auch die Probleme bei der praktischen Umsetzung (lange Ausschreibungs- prozesse und Planungszeiten, fehlende Tiefbauunternehmen etc.) angegangen werden. Hierzu könnte die Ausweitung der interkommunalen Zusammenarbeit auch in diesem Bereich ein erster Schritt sein.
Der weitere Ausbau von E-Government Angeboten in Thüringen, sowohl auf Landes- als auch auf Kommunalebene, ist ein wichtiger Aspekt. Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes und des Thüringer E-Government-Gesetzes stehen dabei im Fokus. Die Kommunen müssen ertüchtigt werden, die vom Thüringer Finanzministerium in der ablaufenden Wahlperiode bereitgestellten Basisdienste auch zu nutzen und damit eigene E-Government-Angebote zu schaffen. Hierzu gehört m.E. auch die Gründung eines zentralen kommunalen IT-Dienstleisters der die Kommunen bei ihren Projekten unterstützt.
Der ländliche Raum kann m.E. noch viel stärker von einer Digitalisierung profitieren. Der aktuelle Fokus von SmartCity-Projekten auf Ballungs- räume ist da eher kontraproduktiv. Ich werde mich dafür einsetzen, dass entsprechende Projekte verstärkt dazu genutzt werden die Heraus- forderungen vor denen der ländliche Raum bei der Gewährleistung der Daseinsvorsorge steht (bspw. ÖPNV, ärztliche Versorgung etc.) anzu- gehen und mögliche Lösungen anzubieten. Das Thema Telemedizin ist hierbei nur eine Möglichkeit.
Zur Digitalpolitik zählt für mich auch immer die Frage des Datenschutzes und der Informationsfreiheit. Hier haben wir in Thüringen mit dem ThürIFG und dem neuen Transparenzgesetz Instrumentarien. Ob diese so angenommen werden, wie es sich das Parlament erhofft, wird sich noch zeigen müssen. Hier ist ggf. eine Evaluation gegen Ende der nächsten Legislatur notwendig. Beim Datenschutz sehe ich insbesondere im Verhältnis von Bürger zu Verwaltung eine stärkere Transparenz als erforderlich an, damit die Bürgerinnen und Bürger davon überzeugt werden können, ihre Daten elektronisch zur Verfügung zu stellen und zu nutzen. Mit dem Lifechain-Projekt des Finanzministeriums wurde hier ein deutschlandweit beachteter erster Aufschlag gemacht, der sich auch in aktuellen Diskussionen über Datenschutzcockpits wiederfindet.
Zur zweiten Frage: Die bereits angesprochene Aufsplittung der Zuständigkeiten für Digitalisierungsfragen in der Landesverwaltung sehe ich als ein großes Problem. Zudem ist es zwar schön eine Digitalisierungsstrategie zu haben, jedoch wäre m.E. hier ein zentrales Programmmanagement mit einem eigenen Budget ein besserer Ansatz. In der jetzigen Form sind die Projekte von dem Willen der federführenden Institutionen und den dort vorhandenen Haushaltsmitteln abhängig.
Daneben müssen wir die Bürgerinnen und Bürger noch mehr in den Prozess der Digitalisierung einbinden. Hier ist m.E. eine entsprechende Informationskampagne, sowie ggf. auch Angebote an Volkshochschulen etc. notwendig um die notwendigen Skills für eine Nutzung zu vermitteln. Niemand darf hier abgehangen werden, sondern jeder soll die Möglichkeit erhalten sich mit der Thematik und den Technologien vertraut zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Norman Müller