Wie können Sie sich für die Entlastung von Familien einsetzen?
Sehr geehrte Frau Stahr,
wie und in welchem Zeitraum werden Sie sich für spürbare Entlastung für Eltern und insbesondere Mütter einsetzen? Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung und viele Weitere, wie etwa Frau Prof. Jutta Allmendinger haben dargestellt, dass Mütter ganz besonders unter den Belastungen im Rahmen der Pandemie leiden. Das kann ich (2 Kinder, 4 und 8 J., ein Kind mit PG 3) bestätigen. Strukturelle Fehlanreize und die mangelnde Gleichstellung von Frauen sind zugrunde liegende Missstände. Die Institute haben entsprechende Vorschläge unterbreitet, daneben gibt es Ideen für akute Entlastungsmöglichkeiten hier: https://mumandstillme.com/elternfadeout–die-grosse-erschopfung-der-mutter-und-was-dagegen-getan-werden-muss . Unter dem Hashtag #elternfadeout wollen wir Sie für dieses Problem dringend sensibilisieren. Bitte nehmen Die sich dem Thema an. Mit freundlichen Grüßen, A. PE
Sehr geehrte Frau. P. E.,
diese Frage beschäftigt mich als Bildungs- und Familienpolitikerin dauerhaft und durch die Corona-Pandemie nochmals verstärkt. Die Umsetzung einer modernen Familienpolitik, die Gleichstellung von Frauen sowie die gleichberechtige Aufteilung von Care-, Erziehungs- und Hausarbeit in den verschiedenen Beziehungsmodellen ist ein wichtiger Antrieb meiner politischen Arbeit. Es kann nicht sein, dass wir immer noch einen Gender-Pay-Gap gab von 18 Prozent haben, denn übersetzt heißt das, dass Frauen durchschnittlich die ersten 66 Tage im Jahr umsonst arbeiten, während Männer ab dem 1.1.2022 für Ihre Arbeit bezahlt werden. Ebenso problematisch ist die Teilzeitfalle sowie der Part-time-wage-Gap, wonach Frauen mit Teilzeitjob durchschnittlich 17 Prozent geringeren Stundenlohn bekommen als Frauen mit einem Vollzeitjob. Zusätzlich hat die Coronakrise besonders die Frauen getroffen. Jede fünfte Mutter musste ihre Arbeitszeit reduzieren. Frauen haben weniger Kurzarbeitergeld erhalten, denn sie arbeiten häufig in Steuerklasse 5 und verdienen netto weniger als ihre Männer. Wichtig ist jetzt Maßnahmen zu ergreifen und gleichzeitig strukturelle politische Maßnahmen umzusetzen. Genau das machen wir bzw. bereiten wir als grüne Bundestagsfraktion aktuell vor.
Derzeit setze ich mich zum einen für eine allgemeine Impflicht ab 18 Jahren ein. Denn diese wird langfristig das Recht von Kindern und Jugendliche auf Bildung sowie kulturelle Teilhabe und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Eltern gewährleisten. Für mich ist diese nach einem intensiven Abwägungsprozess der Grundrechtseingriffe das mildere Mittel. In der aktuellen Situation sind vor allem die Grundrechte von Kindern, Eltern und von Menschen mit bestimmten Erkrankungen seit knapp zwei Jahren massiv eingeschränkt. Das Recht auf Bildung und auf körperliche Unversehrtheit ist derzeit für diese Gruppe nicht gewährleistet. Eine Impfpflicht ist keine kurzfristige Lösung, sie hilft nicht mehr gegen die aktuelle Welle. Aber mit Blick auf den nächsten Herbst müssen wir jetzt dafür sorgen, dass sich die aktuelle Situation nicht wiederholt.
Zusätzlich mache ich mich dafür stark, dass mit dem Auslaufen des Infektionsschutzgesetzes zum 19. März 2022 die ausgeweiteten Kinderkrankentage verlängert werden. Gleichzeitig setze ich mich für volle Lohnersatzleistung bei der Inanspruchnahme der Kinderkrankentage ein. Darüber hinaus ist mein Ziel, eine bessere Zeitpolitik umzusetzen, denn was Familien neben monetärer Unterstützung brauchen, die wir beispielsweise durch den Sofortzuschlag für Kinder leisten, sind Zeit und Anerkennung. Maßnahmen in diesem Bereich sind beispielsweise die Umsetzung der vergüteten Freistellung für den oder die Partner*in nach der Geburt, die Verlängerung des elternzeitbedingten Kündigungsschutzes um drei Monate, um die Rückkehr in den Beruf besser abzusichern oder die Verlängerung der Partnermonate beim Basis-Elterngeld. Auch den einfacheren Zugang zu Familienkuren halte ich für dringend geboten.
Mittelfristige und strukturelle Maßnahmen, für die ich mich einsetze, ist die Bereitstellung von mehr Therapieplätzen für Kinder und Jugendliche, um die psychischen Folgen der Pandemie besser abzufedern, die bundesweite Durchsetzung von einheitlichen Qualitätsstandards in Kitas, die Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen, die Bekämpfung des Fachkräftemangels sowie eine verbesserte Arbeitsmarktpolitik. Eine Maßnahme in diesem Bereich ist beispielsweise neben der Anhebung des Mindestlohns eine Reform der Brückenteilzeit, mit dem Ziel, dass mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darauf Zugriff haben.
Ich danke Ihnen, dass Sie helfen dieses wichtige Thema sichtbar zu machen und den vielen betroffenen Familien und Müttern eine Stimme geben. Genau das ist auch Antrieb meiner Politik, die ich auch immer als Mutter von drei Kindern mache.
Herzliche Grüße
Nina Stahr