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Frage von Christoph M. •

Frage an Nina Hauer von Christoph M. bezüglich Gesundheit

Sehrt geehrte Frau Hauer,

im Rahmen der letzten Reform unseres Gesundheitssystems wurde die Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen für Medikamente einiger Therapierichtungen wie Homöopathie, Anthroposophische Medizin, Phytotherapie weitgehend abgeschafft. Dies bedeutet in de facto eine Einschränkung der Therapiefreiheit für Patienten und Ärzte und ist umso bedauerlicher, als inzwischen Modellstudien vorliegen (IKK Hamburg), die aufzeigen, dass ein erweitertes Therapiespektrum aufgrund nachhaltiger Heilerfolge sogar ökonomisch sinnvoller ist als ein rein auf so genannte Schulmedizin beschränktes Therapiespektrum? Im Übrigen ist in den weiteren bekannt gewordenen Plänen der Gesundheitsministerin die Tendenz zur Schematisierung von Therapien und zur Einschränkung des Entscheidungsspielraumes der Ärzte erkennbar.
Wie stehen Sie zur Frage der Freiheit der Therapiewahl? Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl im nächsten Bundestag für den weiteren Erhalt der besonderen Therapierichtungen in Deutschland einsetzen? Wie ist der diesbezügliche Diskussionsstand in Ihrer Partei?

Mit freundlichen Grüßen

Christoph Matthes

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Matthes,

vielen Dank für Ihre Frage zu alternativen Therapiemöglichkeiten wie Homöopathie, Phytotherapie oder der anthroposophischen Medizin.

Leistungsfähige, solidarisch finanzierte Sicherungssysteme sind das Rückgrat unseres Sozialstaates. Wer den Grundgedanken der Solidarität aufgibt, gefährdet Wohlstand und gesellschaftlichen Frieden. Solidarität heißt: Hilfe denen geben, die sie brauchen, aber auch Rücksicht nehmen auf die, die die Hilfe finanzieren und damit garantieren. Mit der Gesundheitsreform haben wir die gesetzliche Krankenversicherung zukunftsfähig gemacht. Jetzt gilt es, die langfristige Finanzierung unseres Gesundheitswesens zu sichern.

Das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung sieht vor, dass seit dem 1. Januar 2004 alle frei verkäuflichen Medikamente grundsätzlich vom Patienten zu bezahlen sind. Kinder sind bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres von dieser Regelung ausgenommen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat eine Liste von Arzneimitteln beschlossen, die als Standardtherapeutika bei schwerwiegenden Erkrankungen ausnahmsweise weiterhin zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden dürfen.

Als schwerwiegend sieht der Gemeinsame Bundesausschuss eine Krankheit an, die lebensbedrohlich ist oder auf Grund der Schwere der Gesundheitsstörungen, die sie verursacht, die Lebensqualität des Patienten auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Ein Arzneimittel gilt als Therapiestandard, wenn es nach dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse einen therapeutischen Nutzen für die Behandlung der jeweiligen schwerwiegenden Erkrankung aufweist.

Die „Ausnahmeliste“ enthält zum einen chemisch-synthetische (allopathische) Arzneimittel (Beispiele: Acetylsalicylsäure (Aspirin) zur Nachsorge von Herzinfarkt und Schlaganfall sowie nach arteriellen Eingriffen und Jodid zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen). Zum anderen führt sie einige pflanzliche Präparate als verordnungsfähig auf. Zu diesen Medikamenten gehören unter anderem Johanniskraut zur Behandlung mittelschwerer Depressionen und Gingko-Biloba-Blätter-Extrakt zur Behandlung der Demenz.

Darüber hinaus hat der Gemeinsame Bundesausschuss dem gesetzlichen Gebot zur Wahrung der Therapievielfalt in seiner „Ausnahmeliste“ Rechnung getragen. Denn er hat zur Behandlung der Erkrankungen, die in der „Ausnahmeliste“ aufgeführt sind, auch die Verordnung von homöopathischen und anthroposophischen Medikamenten zugelassen, wenn diese Arzneimittel bei den jeweiligen Erkrankungen den Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung darstellen. Den Therapiestandard in den besonderen Therapierichtungen bestimmen also die homöopathisch und anthroposophisch orientierten Ärzte und nicht etwa die Vertreter der Schulmedizin. Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossene „Ausnahmeliste“ wird regelmäßig überprüft und aktualisiert.

Ich bin natürlich für eine weitestgehende Theraphiefreiheit, allerdings werden wir nicht hinter die Ergebnisse der Gesundheitsreform zurückgehen können. Aber gerade die Alternativen zur Schulmedizin gilt es zu fördern, so weit dies finanziell möglich ist.

Mit freundlichen Grüßen
Nina Hauer, MdB