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Niels Annen
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Frage von Helena P. •

Werden Sie sich für eine Reform der Abgabenordnung im Sinne des Vorschlages der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) einsetzen? https://freiheitsrechte.org/demokratiestaerkungsgesetz/

Lieber Herr Annen, in einer Demokratie ist es wichtig, dass sich BürgerInnen und Zivilgesellschaft aktiv an der Gestaltung von Politik und Gesellschaft beteiligen. Das heutige Gemeinnützigkeitsrecht fesselt und benachteiligt die BürgerInnen in ihrem Engagement.
Seit den Attac-Entscheidungen bangen engagierte Vereine um ihre Existenz, wenn sie sich politisch äußern oder, wie z.B. change.org, Petitionen von BürgerInnen an Unternehmen richten.
So fehlen im Katalog gemeinnütziger Zwecke entscheidende Aktivitäten wie Förderung von Grund- und Menschenrechten, sozialer Gerechtigkeit, Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus u.a. Auch eine unabhängige Presse dient dem Gemeinnutz.
Außerdem genießen z.B. Unternehmen das Steuerprivileg, ihre Lobbyarbeit steuerlich als Betriebsausgaben absetzen zu können, während die gesetzliche Regelung BürgerInnen und Vereinen enge Grenzen setzt.
(siehe Süddt. Zeitung vom 2.8.2021:
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gemeinnuetzigkeit-steuern-gesetz

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau P.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Eine umfassende Reform des Gemeinnützigkeitsrechts ist in dieser Wahlperiode leider am fehlenden Konsens mit den Koalitionspartnern von CDU/CSU gescheitert. Mit dem Jahressteuergesetz 2020 sollte eine gesetzliche Klarstellung zum politischen Engagement gemeinnütziger Organisationen vorgenommen werden. Gemeinnützige Organisationen sollen sich in politische Entscheidungsprozesse für ihre Zielsetzungen einbringen können. Viele Vereine und Organisationen der Zivilgesellschaft sind nach dem Urteil zu attac in der Tat verunsichert, ob und wie weit sie sich politisch engagieren dürfen.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich deshalb im Jahressteuergesetz dafür eingesetzt, dass sich gemeinnützige Organisationen für ihre satzungsmäßigen Zweck politisch betätigen können, ohne ihre Steuerbegünstigung zu gefährden. Genau das ist aber an CDU und CSU gescheitert. Es ist uns jedoch immerhin gelungen, das Spektrum der anerkannten gemeinnützigen Zwecke unter anderem um „Klimaschutz“ und „Freifunk“ zu erweitern. Künftig können also auch Zweckbetriebe zur Unterbringung, Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen eingerichtet werden.

Wir haben uns immer dafür eingesetzt, größtmögliche Rechtssicherheit für die Zivilgesellschaft zu sichern, und uns in den entsprechenden Debatten des Bundestages gegen Versuche aus den Reihen von CDU/CSU und FDP gewandt, z. B. die Gemeinnützigkeit der Deutsche Umwelthilfe (DUH) in Zweifel zu ziehen oder PETA Deutschland e. V. pauschalierend zu kriminalisieren.

Wir stehen im engen Austausch mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und vielen anderen Organisationen der Zivilgesellschaft darüber, ob und welche weiteren Reformen des Gemeinnützigkeitsrechts sinnvoll und notwendig sind, ohne die Trennlinie zu Parteien, für die ja zu Recht  besondere Demokratie- und Transparenzverpflichtungen gelten, zu verwischen. Dazu gehört auch die Debatte über eine Erweiterung der steuerbegünstigten Zwecke.

Ich hoffe nach der Bundestagswahl auf entsprechende Mehrheiten im Deutschen Bundestag, um Regelungen für eine Stärkung und Sicherung bürgerschaftlichen Engagements und der Zivilgesellschaft durchsetzen zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Niels Annen

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