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Niels Annen
SPD
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Frage von Ferdinand von A. •

Frage an Niels Annen von Ferdinand von A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Annen,

laut SPIEGEL-Artikel vom 29.01.2007 (´Schotten dicht´, S. 72) ist es für Ausländer, die nicht aus der EU kommen, sehr schwierig eine ´Niederlassungserlaubnis´ erhalten. Sie dürfen nur dann hier arbeiten, wenn sie mindestestens 85.500 EURO verdienen. Ein solches Gehalt ist, selbst für hochqualifizierte Berufseinsteiger, nicht realistisch.
Tatsächlich wird durch diese Bestimmung verhindert dass dringend benötigte leistungsbereite und integrationswillige Fachkräfte hier eine Anstellung finden.
Laut Artikel wird eine Gesetzesinitiative zur Änderung dieser Bestimmung durch die SPD, insbesondere Arbeitsminister Müntefering, blockiert.

Wie ist Ihre Haltung zu diesem Thema?

MfG
Ferdinand v. Ahnen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr von Ahnen,

ich bitte Sie herzlich um Entschuldigung, dass Sie so lange auf meine Antwort warten mussten!

Ihre Kritik an der Niederlassungserlaubnis richtet sich auf § 19 des „Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet“, kurz AufenthG. Dieser Passus formuliert eine Ausnahmeregelung, die ausschließlich für hochqualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Ländern gilt, die nicht der EU angehören. Er macht in der Tat für die Niederlassungserlaubnis ein Gehalt in Höhe von mindestens dem Doppelten der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung zur Bedingung. Gleichzeitig definiert das Gesetz aber auch, welche Berufsgruppen im Sinne des Gesetzes als hochqualifiziert gelten. Der Gesetzestext zählt dazu „Wissenschaftler mit besonderen fachlichen Kenntnissen, Lehrpersonen in herausgehobener Funktion oder wissenschaftliche Mitarbeiter in herausgehobener Funktion oder Spezialisten und leitende Angestellte mit besonderer Berufserfahrung“.
Es geht hier also um eine sehr eng gefasste Personengruppe, die Spitzenpositionen in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung besetzen sollen. Wenn man einmal verschiedene Gehaltstabellen durchsieht, muss man zu dem Schluss kommen, dass die geforderte Gehaltsgrenze für diese kleine Gruppe der Spitzenkräfte durchaus realistisch ist.
Hochqualifizierte Berufseinsteiger, da haben Sie sicher Recht, werden aufgrund noch fehlender Arbeitserfahrung nicht ohne weiteres in die gesetzlich geforderte Gehaltsklasse einsteigen können. Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern, die nicht unter die Hochqualifiziertenregelegung fallen, haben über die Bestimmungen aus § 18 des AufenthG sowie der entsprechenden Beschäftigungsverordnung die Möglichkeit, einen Aufenthaltstitel zu erwerben. Hier ist es u. a. entscheidend, dass sie nicht zu schlechteren Bedingungen als inländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt werden. Diese Regelung soll z. B. die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte zu Dumpinglöhnen verhindern.

Auch zum grundsätzlichen Hintergrund Ihrer Frage möchte ich Ihnen gern antworten. Im Kern geht es darum, ob der deutsche Arbeitsmarkt nicht nur für EU-Bürger sondern auch international geöffnet wird. Ein Blick auf andere Länder wie die USA, Großbritannien oder auch skandinavische Länder zeigt, dass dort offenerer mit der Zuwanderung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern umgegangen wird. Ich würde mir auch für die Bundesrepublik zukünftig eine größere Offenheit in der Frage der Zuwanderung wünschen. Es ist in meinen Augen eine wichtige politische Aufgabe, dabei nach Wegen zu suchen, um die Niederlassungsvoraussetzungen zu vereinfachen. Bestimmte Kriterien wie z. B. die Gehaltsgrenzen können dabei eine sinnvolle Schutzfunktion haben. Sich dabei ausschließlich an Spitzenverdiener und Spitzenverdienerinnen zu orientieren, sollte in Zukunft aber nicht unser Weg sein.

Mit freundlichen Grüßen
Niels Annen

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