Frage an Niels Annen von Martin G. bezüglich Soziale Sicherung
Guten Tag Herr Annen
ich würde gern Ihre Haltung zum Thema Sozialversicherungspflicht erfahren.
Mich beschäftigt, dass ich als Arbeitnehmer ( 43J. ) seit über 25 Jahren im solidarischen Versicherungssystem teilnehme, seit über 10 Jahren stets Höchstsätze zahle, jedoch keine Leistungen erhalte, wie die Vorgänger Generationen. Ich könnte natürlich aus der gesetzlichen Krankenversicherung aussteigen, halte diesen Weg jedoch nicht für gesellschaftsfördernd.
Herr Annen, wie ist Ihre Haltung zu den vielen Berufgruppen, z.B. der freien Berufe, die am solidarischen System nichts beitragen und wie steht es mit Ihnen selbst: Wie viele Jahre haben Sie in diese Systeme eingezahlt und sind Sie Mitglied des solidarischen Gesundheitssystems?
Vielen Dank im Voraus für die Beantwortung meiner Fragen und Ihnen einen erolgreichen Wahlkampf
Beste Grüße
M. G.
Sehr geehrter Herr G.,
danke für Ihre Fragen, die ich gerne beantworte. Ich beginne mit der Information über meinen persönlichen Status im Gesundheitssystem, um Sie mich gebeten haben: seit meiner Kindheit bin ich ohne Unterbrechung bei der BARMER bzw. inzwischen BARMER/GEK versichert. Ich bin also auch während meiner Zeit als Bundestagsabgeordneter freiwillig gesetzlich versichert, da mir dieser Beitrag für das Solidarsystem wichtig ist. Dementsprechend ist auch meine Haltung zu den freien Berufsgruppen und den Beamtinnen und Beamten: ich bin der Auffassung, dass auch diese in die gesetzlichen Solidarsysteme integriert werden sollten. Dieses Modell streben wir in der SPD auch in unserem Programm mit dem Konzept der Bürgerversicherung und der Erwerbstätigenversicherung an.
Das bedeutet konkret: Wir wollen alle Bürgerinnen und Bürger auf die gleiche Weise versichern. Ziel ist die paritätische Bürgerversicherung. Paritätisch bedeutet: Arbeitgeber und Versicherte werden wieder den gleichen Anteil am gesamten Versicherungsbeitrag zahlen. Daher schaffen wir den einseitigen Zusatzbeitrag der Versicherten ab.
Alle erstmalig und bislang gesetzlich Versicherten werden wir automatisch in die Bürgerversicherung aufnehmen. Dazu zählen auch Beamtinnen und Beamte, für die in der Bürgerversicherung ein beihilfefähiger Tarif geschaffen wird. Die öffentlichen Arbeitgeber können wählen, ob sie für gesetzlich versicherte Beamtinnen und Beamte einen Arbeitgeberbeitrag zahlen oder wie bisher über die Beihilfe einen Anteil der Behandlungskosten direkt übernehmen. Bisher Privatversicherte können wählen, ob sie in die Bürgerversicherung wechseln möchten. Die gesetzliche Krankenversicherung machen wir für Selbstständige mit geringem Einkommen günstiger. Dazu werden wir die Bemessung der Beiträge für Selbstständige einkommensabhängig ausgestalten und so die Beiträge bei geringen Einkommen senken. Die Finanzierung der Bürgerversicherung muss gerecht sein. Gesellschaftliche Aufgaben müssen auch solidarisch finanziert werden. Darüber hinaus ist es unser Ziel, Menschen mit chronischen Erkrankungen von Zuzahlungen zu entlasten und Leistungen für Zahnersatz und Sehhilfen zu verbessern.
Auch in der Pflege soll es die Bürgerversicherung geben. Wir wollen Bürgerinnen und Bürger besser gegen Pflegerisiken absichern.
Mit der Bürgerversicherung schaffen wir eine einheitliche Honorarordnung für Ärztinnen und Ärzte. Bislang werden Privatpatientinnen und -patienten oftmals bevorzugt, da ihre Behandlung höher vergütet wird. Das werden wir beenden. Damit richtet sich die Vergütung medizinischer Leistungen nach dem Bedarf der Patientinnen und Patienten und nicht danach, ob sie privat oder gesetzlich versichert sind.
Mit den Leistungen, die Sie nicht in voller Höhe erhalten, meinen Sie wahrscheinlich das Rentensystem. Auch darüber haben wir uns Gedanken gemacht und in unserem Programm ein Konzept entwickelt. Zukünftig werden übrigens Selbstständige, die nicht in einem Versorgungswerk abgesichert sind, in die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen. Ziel ist es dabei, dass bisher nicht versicherte Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung eine auskömmliche Alterssicherung erreichen. Sie profitieren von allen Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und beteiligen sich an der solidarischen Rentenversicherung durch eigene Beiträge. Für Neugründungen und Kleinunternehmen wird es Regeln geben, die eine finanzielle Überforderung vermeiden.
Die Einbeziehung der bisher nicht versicherten Selbstständigen ist der erste Schritt auf dem Weg zu unserem Ziel, die gesetzliche Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung auszubauen, in die dann alle Erwerbstätigen in Deutschland einzahlen und die Rentenzahlungen finanzieren.
Mit freundlichen Grüßen
Niels Annen, MdB