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Niels Annen
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Frage von Christof von B. •

Frage an Niels Annen von Christof von B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Annen,

a) warum haben Sie gegen eine Kennzeichnungspflicht für "Gen-Honig" gestimmt? Dann könnte jeder selbst entscheiden, ob er/sie die in der öff. Diskussion geäußerten Bedenken teilt oder nicht. Transparenz!
b)Können Sie die Bedenken nachvollziehen die es hinsichtlich demokratischer Mitbestimmung im Zusammenhang mit dem TTIPS-Abkommen gibt?
c) Teilen Sie die Diagnose, dass sich unsere Demokratie in keinem guten Zustand befindet, und, falls ja, was tun Sie dagegen, was sollte dagegen getan werden?
d)Erlauben Sie mir noch eine provokante Frage: Vor dem Hintergrund einer gewissen Entfremdung zwischen Bürgern und etablierter Politik, als auch dem Eindruck, zentrale geselslcahdftliche Probleme werden von "der Politik", den Volksvertretern, nicht angegangen, sehen manche die Parteien als Teil des Problems und nicht als Teil der Lösung. Haben Sie Verständnis für diese Position und wie sehen Sie Ihre Rolle in diesem Zusammenhang?

Mit freundlichen Grüßen
C.v.Bechtolsheim

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr von Bechtolsheim,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

In der Tat ist der Beratungsgegenstand „Honigrichtlinie“ kompliziert und erklärungsbedürftig. Grundsätzlich gilt für uns Sozialdemokraten in Deutschland und Europa, dass wir für eine Kennzeichnungspflicht von gentechnisch veränderten Erzeugnissen sind.
Der Antrag der Grünen für eine Änderung der sogenannten Honigrichtlinie 2001/101/EG war aber ein reiner „Schaufenster-Antrag“, da zu diesem Zeitpunkt die Verhandlungen zwischen EU-Rat, Europäischem Parlament und Kommission zu diesem Thema bereits abgeschlossen waren. Am 19. April hat zudem der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments das Ergebnis der Verhandlungen zwischen EU-Kommission, EU-Rat und EU-Parlament angenommen. Wie schon im Januar im Plenum des EU-Parlaments sind die Abgeordneten der Fraktion der Sozialdemokraten (S&D), die mit Ausnahme der spanischen Delegation für eine Kennzeichnungspflicht sind, auch im Umweltausschuss ihrer Linie treu geblieben und haben gegen das Ergebnis der Verhandlungen auf EU-Ebene gestimmt. Leider hat es für die Kennzeichnung von Honig im EU-Parlament keine Mehrheit gegeben. Die Grünen-Forderung, die Änderung der Honigrichtlinie im Rat abzulehnen, hätte deshalb im Klartext bedeutet, Einigungen wieder aufzubrechen, die man auf EU-Ebene in einem demokratischen Verfahren miteinander erarbeitet hatte.
Das Verfahren im Rat aufzubrechen, hätte einen Kraftakt bedeutet, für den es zwangsläufig die Rückendeckung der Kanzlerin gebraucht hätte. Die deutsche Bundesregierung hätte dort eine 180-Grad-Wende vollziehen müssen. Wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen hätten ein solches Vorgehen in diesem Fall zwar begrüßt, da wir generell für die Honigkennzeichnung sind. Gleichwohl fehlte uns dafür leider die Unterstützung unseres Koalitionspartners. Das wussten auch die Grünen im Deutschen Bundestag.
Eine Unterstützung des Grünen-Antrags hätte uns somit einer guten Lösung keinen Schritt näher gebracht. Stattdessen wären unsere Pläne gefährdet gewesen, unseren Koalitionspartner davon zu überzeugen, dass wir gemeinsam für echte Verbesserungen bei Schutz und Transparenz in Sachen grüne Gentechnik sorgen müssen. Aus diesem Grund habe ich gegen den Antrag der Grünen gestimmt.

Hinsichtlich Ihrer Frage zum „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ (TTIP) möchte ich anmerken, dass TTIP ein Projekt ist, das der Bevölkerung und den Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks zu Gute kommen soll. Deshalb setzt sich die SPD sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene dafür ein, die TTIP-Verhandlungen möglichst transparent zu gestalten. Um dies zu erreichen, sind wir für die Einbeziehung der Anliegen von Gewerkschaften, Zivilgesellschaft, Wirtschaftsverbänden und Forschungseinrichtungen. Ihre Positionen und Bedenken sind für einen Abschluss der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft außerordentlich wichtig.
So haben die Verhandlungsführer auch auf Druck des EU-Parlaments und insbesondere der S&D-Fraktion während der letzten Verhandlungsrunde eine mehrstündige Konsultation mit Vertretern von zahlreichen Interessengruppen sowie der Zivilgesellschaft zum Stand der Verhandlungen durchgeführt. Solche Gespräche sollen auch in Zukunft weiterhin stattfinden. Ich persönlich habe mich Anfang März mit Vertretern von Attac getroffen und mit ihnen über ihre Bedenken zum Freihandelsabkommen gesprochen. Darüber hinaus hat der Bundeswirtschaftsminister und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel einen TTIP-Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium eingerichtet, in dem Vertreter von Gewerkschaften, Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden sowie des Kulturbereichs über die laufenden Verhandlungen beraten und damit zur Positionierung Deutschlands beim Freihandelsabkommen beitragen. Ich persönlich bin für die Verhandlungen, da das Abkommen gerade in der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzkrise und der hohen Arbeitslosigkeit in einigen EU-Mitgliedsstaaten Chancen sowohl für die europäische als auch die US-amerikanische Wirtschaft bietet. Durch einen einfacheren Marktzugang, Zollabbau und Harmonisierung industrieller Normen würden Unternehmen profitieren und hätten die Möglichkeit, Kosten einzusparen. So können qualitativ hochwertige Arbeitsplätze gesichert bzw. auf beiden Seiten des Atlantiks geschaffen werden. Eine Marktöffnung und ein erweiterter Wettbewerb dürfen dabei aber ganz eindeutig nicht zu Lasten der Verbrauchersicherheit und der Arbeitsbedingungen gehen. Deswegen treten wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dafür ein, die aktuellen Umwelt- und Gesundheitsstandards sowie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) beizubehalten.

Mit freundlichen Grüßen

Niels Annen, MdB

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