Frage an Niels Annen von Olaf B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Nils Annen,
ich habe gehört, dass Union, FDP, SPD, Grüne und Linke beschlossen haben, dass die Öffentlichkeit fortan kein grundsätzliches Einsichtsrecht mehr in Akten des Bundesrechnungshofs hat.
Das ist meiner Meinung nach rechtlich nicht zulässig, weil es die Aufgabe der Abgeordneten ist, die Verwaltung zu kontrollieren. Wenn ein Teil der Verwaltung Berichte schreibt, müßte das an die Abgeordneten und die Bürger weitergeleitet werden, damit Anhaltspunkte für weitere Recherchen und Kontrollen gesammelt werden können, sonst droht bei der Wahlentscheidung der Bürger ein Verstoß gegen den Grundsatz der freien und fairen Wahl. Frei und fair kann eine Wahl nur sein, wenn die Bürger wissen, dass die Kanditaten Ihre Interessen vertreten und nicht die staatlichen Institutionen vor Auskunftserteilung schützen.
Meine Frage, wie meinen Sie Ihre Aufgaben für die Bürger erfüllen zu können, wenn Sie die Berichte des Rechnungshofs nicht öffentlich verwerten dürfen und die Öffentlichkeit kein Zugang erhält?
Über eine Rückantwort würde ich mich freuen.
M.f.G. Olaf Bartsch
Sehr geehrter Herr Bartsch,
vielen Dank für Ihre Frage zum Bundesrechnungshof und den öffentlich zugänglichen Dokumenten.
In der Tat wurde die Bundeshaushaltsordnung (BHO) im letzten Jahr dahingehend geändert, dass der Bundesrechnungshof nicht alle Prüf- und Beratungsakten nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) herausgeben darf. Dies betrifft aber die Prüfberichte des Bundesrechnungshofs nur am Rande. In erster Linie sind die nötigen Prüfunterlagen dem unbeschränkten Zugriff durch das IFG entzogen. Um dies zu verdeutlichen, habe ich nachfolgend die Änderungen aufgeführt.
Die Bundeshaushaltsordnung vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1885) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Dem § 96 wird folgender Absatz 4 angefügt:
„(4) Der Bundesrechnungshof kann Dritten durch Auskunft, Akteneinsicht oder in sonstiger Weise Zugang zu dem Prüfungsergebnis gewähren, wenn dieses abschließend festgestellt wurde. Gleiches gilt für Berichte, wenn diese abschließend vom Parlament beraten wurden. Zum Schutz des Prüfungs- und Beratungsverfahrens wird Zugang zu den zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit geführten Akten nicht gewährt. Satz 3 gilt auch für die entsprechenden Akten bei den geprüften Stellen.“
2. Dem § 97 wird folgender Absatz 5 angefügt:
„(5) Der Bundesrechnungshof veröffentlicht seine Bemerkungen außer in den Fällen des Absatzes 4 unverzüglich nach Zuleitung im Internet.“
3. Dem § 99 wird folgender Satz angefügt:
„Der Bundesrechnungshof veröffentlicht seine Berichte zu Angelegenheiten von besonderer Bedeutung unverzüglich nach Zuleitung im Internet.“‘
4. Der bisherige Artikel 2 wird Artikel 3.
Wie Sie den Änderungen entnehmen können, sind nicht nur Beschränkungen der Auskunftspflicht beschlossen worden, sondern auch verbesserte Informationsrechte für alle Bürgerinnen und Bürger. Leider werden diese Verbesserungen in der momentan geführten Diskussion nicht beleuchtet. Zudem werden die Gründe für die Beschränkung der Auskunftspflicht nicht wahrgenommen. Wäre der BRH unbeschränkt auskunftspflichtig, wäre dies das Ende der unabhängigen Rechnungsprüfung in Deutschland, da sich dann Unternehmen mit staatlicher Beteiligung mit allen Mitteln gegen eine Prüfung zur Wehr setzen würden. Und dies mit gutem Grund: Schließlich könnte die Konkurrenz alle relevanten Geschäftsdaten durch Anfragen beim BRH erfahren.
Mit freundlichen Grüßen
Niels Annen