Frage an Nicole Bracht-Bendt von Peter V. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Bracht-Bendt.
Auf Flugverkehr kann aus wirtschaftlichen Gründen heute nicht verzichtet werden. Hier besteht ein grundsätzlicher Zielkonflikt bzgl. Minimierung der globalen CO2-Emissionen, der zukünftig zu lösen ist. Fraglich erscheint allerdings, wenn eine Fluggesellschaft wie die AIRFRANCE mit dem Slogan „Lust auf Shopping“ (ZEIT Nr. 23) die Reisenachfrage bedarfsunabhängig anheizt. Und das, obwohl die Fluggesellschaft im Rahmen ihrer Unternehmensdarstellung den Begriff „Nachhaltigkeit“ vielfältig einsetzt. Verantwortungsbewusstsein für Zukunft sieht m.E. anders aus.
Sehr geehrte Frau Bracht-Bendt, ein zentrales Element meines Wählerauftrages ist die Weiterentwicklung der Thematik „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“. Wie Sie wissen, hat eine Enquetekommission des deutschen Bundestages mit einem Entwurf Ihrer Arbeitsergebnisse (April 2013) diesbezüglich m.E. sehr gute Grundlagen erarbeitet. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die o.a. Werbekampagne. Ich würde eine von parteipolitischen Überlegungen losgelöste persönliche Einschätzung begrüßen. Die Beantwortung der komplexen Frage ermöglicht m.E. die Darstellung Ihrer in die Zukunft gerichteten Handlungsorientierung, die mir aktuell als Wahlhilfe dienen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Vollmer
Sehr geehrter Herr Vollmer,
als Liberale bin ich überzeugt, dass es in einer freien Marktwirtschaft jedem Unternehmen freisteht, für seine Produkte zu werben. Es ist die Aufgabe des mündigen Bürgers als Konsumenten, sich zu Produkten und Werbekampagnen eine eigene Meinung zu bilden. Wir Liberale appellieren deshalb an den eigenständig denkenden Menschen, im Bewusstsein dessen zu handeln, dass seine Konsum-Entscheidungen eine gesellschaftliche Lenkungswirkung entfalten. Wo keine Nachfrage, da auch kein Angebot.
Ich erlaube mir, die von Ihnen aufgeführten Relationen etwas geradezurücken: Der Anteil des Luftverkehrs an den weltweiten CO2-Emissionen beträgt derzeit 2-3 Prozent. Betrachtet man den Anteil an den gesamten so genannten Kyoto-Emissionen (zu denen u.a. auch noch Methan und Stickstoff zählen), so verringert sich der Anteil sogar auf unter 2 Prozent. Vor diesem Hintergrund sind die Emissionen des Luftverkehrs sicherlich nicht die drängendsten Probleme, vor denen wir beim Klimawandel und im Kampf gegen Treibhausgase stehen. Dennoch muss diesen Herausforderung entschieden begegnet werden. Die FDP-Fraktion hat sich deshalb in der Enquete-Kommission des Bundestages „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ bei der Bekämpfung der globalen Umweltprobleme vor allem an zwei Leitlinien orientiert:
Zum einen setzen wir uns für marktwirtschaftliche Lösungen ein. Die Inanspruchnahme von Umweltressourcen hat derzeit vielfach noch keinen bzw. einen zu geringen Preis, der die Kosten der Inanspruchnahme nicht ausreichend abbildet. Der EU-Emissionshandel ist trotz der derzeitigen Diskussion um seine Fortentwicklung ein erfolgreiches Beispiel, wie eine solche Bepreisung aussehen kann. Wir setzen uns dafür ein, dieses Instrument auch auf andere Ressourcen zu übertragen.
Ein solches Instrument kann jedoch – das war die zweite liberale Handlungslinie in der Enquete-Kommission – nicht allein national umgesetzt werden. Dies leuchtet bei den CO2-Emissionen auch unmittelbar ein, schließlich machen diese nicht vor Ländergrenzen halt. Zudem führt ein rein nationaler Verzicht auf bestimmte Ressourcen häufig lediglich dazu, dass das Angebot an dieser Ressource insgesamt steigt – und damit aufgrund des folgenden Preisverfalls auch die globale Nachfrage nach dieser Ressource.
Nichtsdestotrotz ist für die Umsetzung einer global ausgerichteten Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels sicherlich ein überproportionaler Beitrag der entwickelten Industrienationen nötig. Dieser drückt sich zum einen in einer gewissen Vorbildfunktion aus, der Deutschland beispielsweise durch die Energiewende oder eben die Teilnahme am EU-Emissionshandel gerecht zu werden versucht. Nur hierdurch können wir auf internationaler Ebene glaubhaft und nachdrücklich auf die Umsetzung global wirksamer Klimaschutzinstrumente drängen. Zudem könnten monetäre Anreize – etwa in Form eines von den Industrieländern finanzierten Klimafonds – dafür sorgen, dass sich auch Entwicklungsländer zur Teilnahme an derartigen Instrumenten verpflichten.
Sehr geehrter Herr Vollmer, sicherlich konnte ich mit meinen Ausführungen diesen komplexen Themenbereich nur anreißen. Eine eingehendere Darstellung der FDP-Positionen in der Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ finden Sie in unserem Positionspapier:
http://www.fdp-fraktion.de/files/1228/Pos.Papier-Enquete_WachstumWohlstandLebensqualitaet.pdf
Ich hoffe, Ihre Fragen damit beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Nicole Bracht-Bendt