Frage an Nicola Beer von Anne-Marie B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Beer
Können Sie sich bei den Sondierung- und Koalitionsverhandlungen mit Grünen und CDU/CSU dafür einsetzen das die Hartz 4 und Sozialhilfe Sätze deutlich erhöht werden, um ungefähr 200€?!
Als Hartz 4 oder Sozialhilfeempfänger bekommt man gegenwärtig 410€ und das ist nicht wirklich viel. Es reicht grade einmal für das Mindeste und selbst da muss man sich stark einschränken. Man hat arge Probleme wenn mal der PC oder das Fahrrad kaputt geht und es gibt auch kein Kino, keinen Espresso trinken in einem Cafe und auch kein Eis für die Kinder, so gering ist der Satz. Viele Hartz4 und Sozialhilfeempfänger müssen zur Tafel gehen da das Geld einfach nicht reicht.
Außerdem würde es den Binnenmarkt massiv ankurbeln wenn die Sätze deutlich angehoben werden würden, da Hartz 4 und Sozialhilfeempfänger das Geld nicht sparen, sondern wirklich ausgeben und somit wäre das ganze nicht nur sozial, sondern auch ein extrem gutes Konjunkturprogram.
600€ sind immer noch nicht viel, aber es wäre eine deutliche Verbesserung für die Schwächsten in unserer Gesellschaft. Bitte setzten sie sich dafür ein!
Vielen Dank
A. B.
Sehr geehrte Frau B.,
vielen herzlichen Dank für Ihre E-Mail vom 18.10.2017. Ich bedanke mich auch sehr für Ihr persönliches Feedback.
Zugleich bitte ich Sie, die späte Antwort zu entschuldigen. Bedingt durch die Vorbereitung der Sondierungsgespräche und nun die Sondierungen selbst, war mir eine frühere Antwort leider nicht möglich, wofür ich um Verständnis bitte. Mir ist es gleichwohl ein Anliegen, Ihnen auch persönlich zu antworten.
Bereits im Wahlprogramm haben wir als Freie Demokraten uns für einen Strukturwandel bei den Sozialleistungen ausgesprochen.
Grundsätzlich brauchen wir mehr Transparenz und Vereinfachung bei den steuerfinanzierten Sozialleistungen. Aktuell gibt es viele verschiedene Sozialleistungen mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen. Diese Leistungen sind oft nicht ausreichend aufeinander und mit dem Steuersystem abgestimmt. In diesem Zusammenhang muss man sich auch anschauen, welche Hilfestellung mit Hartz-IV gegeben werden soll. Es soll generell in einer Phase Unterstützung geben, in der jemand in die Arbeitslosigkeit geraten ist und sodann der Lebensunterhalt durch Hartz-IV aufgefangen werden soll.
Hier könnte es angebracht sein, die Leistungshöhe und die Anforderungen an den heutigen Lebensunterhalt neu zu evaluieren und neu zu kalkulieren.
Mein Kollege Wolfgang Kubicki hat diesbezüglich auch schon den Vorstoß gebracht, dass ein solches Konzept auch umfassen könnte, Hartz-IV-Sätze dort anzuheben, wo Menschen nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Das könnte zum Beispiel für Alleinerziehende der Fall sein.
Für mich soll es aber zunächst darum gehen, sich für ein einheitliches Konzept stark zu machen. Über allem steht vor allem eine schnelle Rückführung in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis.
Für uns Freie Demokraten sind der Wille zum Erfolg und der Mut zum Scheitern zwei Seiten einer Medaille. Deshalb wollen wir jedem Menschen eine zweite Chance ermöglichen, wenn er wirtschaftlich oder persönlich gescheitert ist. Ein Scheitern oder das Drohen desselben kann viele Gründe haben: die Entwertung von Qualifikationen im Strukturwandel, unternehmerischer Misserfolg, das Scheitern privater Lebensentwürfe, Krankheit oder längerfristige Arbeitslosigkeit. Wir wollen jeden befähigen, immer wieder einzusteigen. Wer erwerbsfähig ist und die Teilhabe an Arbeit verloren hat, sollte nicht dauerhaft alimentiert werden, sondern Hilfe zu einer erneuten Chance auf Teilhabe erhalten. Dies ist eine zentrale Frage von Fairness. Ziel muss es immer sein, schnellstmöglich wieder den Einstieg in einen Job zu finden. Und wenn es aufgrund der persönlichen Situation sinnvoll ist, die Arbeitslosigkeit als Gelegenheit zur besseren Qualifikation zu nutzen, ist das richtig – und heute mit dem „Arbeitslosengeld Weiterbildung“ auch schon vollständig möglich. Eine Verlängerung der Bezugsdauer von ALG I ist hingegen kontraproduktiv.
Ebenso sollten Leistungsempfänger unter anderem mehr Möglichkeiten erhalten, etwas dazuzuverdienen.
Denn nur wer den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt geschafft hat, kann auch aufsteigen und vorankommen. Ob Einstieg oder Wiedereinstieg: Wir verteidigen einen flexiblen Arbeitsmarkt und die Tarifautonomie und dürfen etwa die Zeitarbeit oder Befristungen nicht weiter einschränken. Flexibilität am Arbeitsmarkt schafft nicht nur Möglichkeiten zum Einstieg, sondern reduziert auch Arbeitsplatzverluste in Krisen. Darüber hinaus setzen wir uns für ein Gesamtkonzept zum Empowerment für Erwachsene ein. Elemente dieses Gesamtkonzepts sind die Möglichkeit zur Um- und Neuqualifizierung, Hilfen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine effektive Schuldnerberatung und erforderlichenfalls psychosoziale Betreuung (zum Beispiel bei Suchterkrankungen).
Hier gilt es anzusetzen und die Situation für Erwerbslose bzw. Leistungsempfänger im Allgemeinen und vor allem langfristig verbessern.
Wir werden uns in den anstehenden Gesprächen mit ganzer Kraft für eine solche Verbesserung einsetzen.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben.
Mit besten Grüßen
Ihre
Nicola Beer