Frage an Nicola Beer von Thomas R. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Beer,
mich besorgt die Kette von sogenannten neuartigen Handelsverträgen wie z.B. TTIP/TTIP light, CETA, JEFTA, EUSFTA und alle die in (intransparenten!) Verhandlungen befindlichen oder geplanten Abkommen, die geeignet sind, beispielsweise Arbeitsschutz, Umweltschutz, Standards gesunder Lebensmittel zu unterminieren zu Lasten aller zu Gunsten einiger weniger. Es gibt zahlreiche Belege (ATTAC, Global2000, MehrDemokratie. Mich hat schon 2013 https://monde-diplomatique.de/artikel/!433463 für das Thema sensibilisiert. Ich halte diese FTAs für unfair, ungerecht, antidemokratisch. ISDS: wieso dürfen nur Konzerne klagen? Wieso sind die Verhandlungsmandate geheim? Wieso gibt es beispielsweise in JEFTA keinen Sanktionsmechanismus bei Verstössen gegen Paris? Was ist mit Nachhaltigkeit? Was mit gerechter Besteuerung? Bitte überzeugen Sie mich, daß diese Wirtschaftspolitik dem Allgemeinwohl dient,
MfG ThR
Sehr geehrter Herr R.,
Vielen Dank für Ihre Frage.
Die Globalisierung und der freie Handel haben in den letzten Jahrzehnten dazu beigetragen, dass sich die Weltwirtschaft erheblich zum Positiven verändert hat. Heute sind viele Unternehmen global tätig und können ihre Produkte und Dienstleistungen in alle Welt exportieren. Freihandelsabkommen sind von elementarer Bedeutung, um Wirtschaftswachstum sicherzustellen, Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten, und somit dem allgemeinen Wohlstand zu dienen. Gerade Deutschland als Exportnation ist auf gut verhandelte Freihandelsabkommen angewiesen. Dies wird momentan einmal mehr deutlich bei der Debatte über die EU-Antwort auf den US-amerikanischen Inflation Reduction Act.
Die europäischen Standards für Arbeitsschutz, Umweltschutz und andere Bereiche dürfen durch Freihandelsabkommen nicht abgesenkt werden. Im Gegenteil, sie sollen darauf abzielen, diese Standards weltweit zu erhöhen. Durch den freien Handel können Unternehmen und Regierungen in aller Welt dazu gebracht werden, höhere Standards zu akzeptieren, da sie sich in einem Wettbewerb um die Gunst der Verbraucher befinden. Das befördert bessere Arbeits-, Sozial- und Umweltbedingungen in unseren Partnerländern. Trotzdem haben Freihandelsabkommen nicht die Aufgabe, Unternehmen oder Kunden strengere Regulierungen vorzuschreiben, sondern Handel einfacher und verlässlicher zu machen.
Die Geheimhaltung von Handelsverhandlungen ist ein umstrittenes Thema. Es gibt jedoch valide Gründe dafür, warum Verhandlungen vertraulich geführt werden. Eine öffentliche Debatte über jedes Detail eines Vertrags kann dazu führen, dass bestimmte Interessengruppen versuchen, den Vertrag zu torpedieren, bevor er überhaupt abgeschlossen ist. Dennoch muss es genügend Transparenz geben, um sicherzustellen, dass die Interessen der Bürger gewahrt werden. Gerade wir Liberale befürworten stets Modelle, in welchem die Bürger darüber informiert sind, welche Positionen ihre Vertreter in den Verhandlungen einnehmen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihre
Nicola Beer