Frage an Nico Riedemann von Veit N. bezüglich Bildung und Erziehung
Hallo Herr Riedemann,
mich würde vor der Landtagswahl interessieren, wie Sie Ihre Position und die der ÖDP im Hinblick auf die beruflichen Perspektiven von Wissenschaftlern darstellen würden. Sehen Sie politische Möglichkeiten die Attraktivität von Jobs in der Wissenschaft zu steigern? Befristete Arbeitsverträge hemmen die Familien- und Lebensplanung. Es gibt wenig Chancen langfristig in der Wissenschaft zu arbeiten, wenn man sich nicht der immer dünner werdenden Luft der Karrierepyramide (auf dem Weg zur Professur) aussetzen möchte. Es gibt aus meiner Sicht zu wenige Alternativwege zur Professur im Rahmen von wissenschaftlichen Karrieren (vor allem in Disziplinen die vor allem Grundlagenforschung betreiben). Mich interessiert, ob Sie Modellvorstellungen (im Rahmen von Landespolitik) haben, die diese Situation verbessern könnten und ob Sie diese auch für umsetzbar/finanzierbar halten. Danke für Ihre Antwort! Ich wünsche Ihnen einen fairen Wahlkampf 2017!
Freundliche Grüße,
V. N.
Guten Tag Herr N.,
Vielen Dank für Ihre Frage. Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass Wissenschaft unabhängig von Politik und Wirtschaft sein sollte. Die schwierige Situationen der wissenschaftlichen Mitarbeiter kenne ich sehr gut. Ich habe mich während meines Studiums öfter mit Dozenten über diese Problematik unterhalten. Ein Konzept dafür gibt es in der ÖDP nicht direkt, aber grundsätzlich steht die ÖDP für die staatliche Finanzierung von Wissenschaft und tritt für unbefristete Arbeitsverträge ein. Allerdings finde ich es nicht fair, wissenschaftliche Mitarbeiter bevorzugt zu behandeln. Viele Menschen arbeiten derzeit in befristeten Anstellungsverhältnissen (Agenda 2010 lässt grüßen). Daher müssen die Richtlinien für befristete Arbeitsverträge in allen Branchen wieder hin zu unbefristeten Arbeitsverträgen angepasst werden. In anderen europäischen Staaten werden nur zwei befristete Verträge akzeptiert, danach muss der Arbeitnehmer unbefristet angestellt werden.
Da unser Wirtschaftssystem immer neoliberaler ausgestaltet wird, – und diese Entwicklungen zugunsten der Unternehmen, des Wirtschaftswachstums und der Konkurrenzfähigkeit so implementiert werden – müssen wir grundlegend an diesem System feilen. Dieser Konkurrenz- und Preisdruck durchdringt getreu dem neoliberalen Finanzmarktkapitalismus alle Lebensbereiche. Nicht nur die Wissenschaft, sondern besonders auch soziale Bereiche. Mit der anstehenden Automatisierung und Digitalisierung wird sich diese Dynamik aller Voraussicht nach noch beschleunigen. Das einzige Konzept, das dieser Tendenz entgegenzuwirken vermag, ist das des Grundeinkommens. Andere kenne ich derzeit nicht, bin aber froh über jeglichen Input Ihrerseits!
Daher rufe ich Sie auf, Parteien zu wählen, die diesen unternehmerischen Interessen trotzen und unser Wirtschaftssystem nicht weiter in diese Richtung pushen (oder sich von den Unternehmen pushen lassen). In der Dynamik der Globalisierung ist es sicherlich nicht leicht, sich so zu behaupten, aber es ist der einzige Weg, um gesellschaftliche Veränderung auch in der Bevölkerung ankommen zu lassen. Nicht nur Wissenschaftler stehen unter Druck, sondern alle Arbeitnehmer und auch unsere Umwelt.
Tut mir Leid, dass ich Ihre Frage so nicht direkt beantworten konnte, aber diese Problematik liegt einem großen Problem zugrunde, dass nicht einfach zu beschreiben und unter heutigen Umständen schon recht nicht zu lösen ist. Ich würde mich über eine Rückmeldung freuen, um eventuelle Lösungsansätze in die politische Arbeit einfließen zu lassen. Demnächst steht ein Treffen im Europaparlament mit unserem Abgeordneten und einer Vertretung der deutschen Universitäten an, wo wir Ihre Bedenken mit einbringen können.
Gruß,
Nico