Frage an Nancy Streit von Hagen H. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Streit,
was ist aus Ihrer Sicht die Ursache des demografischen Wandels in Sachsen-Anhalt und wie sollte man damit politisch umgehen (bitte eine kurze Antwort)?
Wie kann aus Ihrer Sicht die Bundespolitik zur Stärkung des ländlichen Raumes in Sachsen-Anhalt beitragen?
Wie wird sich der ländliche Raum entwickeln, wenn so viele Grundschulen geschlossen werden, wie dies die CDU/SPD-Landesregierung in Sachsen-Anhalt vorhat?
Kann bzw. soll aus Ihrer Sicht die SchulentwicklungsVO des Landes vom 30.5.2013 aufgehoben werden? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.
Welche Chancen sehen Sie, die Schließung vieler Grundschulen in Sachsen-Anhalt zu verhindern?
Vielen Dank schon vorab für die Beantwortung der Fragen.
Freundliche Grüße
Sehr geehrter Herr Herholdt,
schön, dass Sie sich für unsere Politik und für die Zukunft von uns allen interessieren. Nachfolgend habe ich ihre Fragen nach meinem besten Wissen und Gewissen beantwortet.
Frage 1: In unserem Land wird der Demografische Wandel neben einem bundesweiten Rückgang der Geburtenrate vor allem verursacht von zwei großen Problemen.
Arbeitsmarktpolitik: Arbeitsplatzmangel, niedrige Löhne, kurzfristigen Arbeitsverhältnissen und prekären Beschäftigungsverhältnissen (1-€-Jobs) führen für viele Menschen zu Unsicherheit und Depressionen. Viele junge Menschen hangeln sich von einem Kurzzeit-Job zum nächsten, haben wenig Einkommen und können ihre Zukunft nicht planen. Jeder Mensch braucht ein gerechtes Einkommen, um seine Lieben ausreichend versogen zu können. Deutschland ist ein Dumpinglohnland geworden, vor allem Frauen und alleinerziehende Mütter leben in Armut. Es ist dringend notwendig Millionen Menschen durch einen flächendeckenden Mindestlohn die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wieder zu ermöglichen und so die Binnennachfrage zu stärken. Zusätzlich wird durch völlig veraltete und absurde Agrarstrukturen, welche mehr Staatsmilliarden kassiert als marode Banken, unbezahlbare Sozialsysteme, einem veraltertem Gesundheitswesen, der zunehmenden Staatsverschuldung und der Bildungsmisere eine Familiengründung erschwert.
Versorgungsstruktur: Die Bereiche Gesundheit, Pflege, Verkehr, Bildung und Einzelhandel sind in dünn besiedelten Gebieten mager, da sie wenig Profit bieten. Sind die Arbeitsbedingungen und die Infrastruktur wieder hergestellt werden auch wieder mehr junge Menschen sich für ein Leben auf dem Land entscheiden. Das ist ein langer innovativer Weg, den ich gern anhand des Gesundheitswesens erklären würde. Nach Verdi-Erhebung fehlen in Deutschland 162000 Pflegekräfte. Es gibt genug gut ausgebildete Pflegekräfte in Deutschland, die aber in dem derzeitigen Gesundheitssystem nicht arbeiten können, weil die Arbeits- und Einkommensbedingungen schlecht sind. Pflegebedürftig wird irgendwann einmal jeder und besonders alte Menschen möchten ihren Lebensabend inmitten der Natur genießen. Alten- und Pflegeheime passen gut in unseren ländlichen Raum. Um die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich verbessern zu können und junge Menschen für diesen Beruf zu interessieren brauchen wir ein gerechteres System im Gesundheitswesen. Die Beitragsbemessungsgrenze sollte meiner Meinung nach abgeschafft werden, damit jeder Bürger unseres Landes sich anteilig an den Kosten unseres Sozialstaates beteiligt, auch Kapital- und Zinserträge. Die Versicherungspflicht soll ausgedehnt werden auf Selbstständige, Beamte und Abgeordnete. Das führt zu den notwendigen Einnahmen, um Beiträge stabil zu halten, Zusatzbeiträge überflüssig zu machen und die Qualität der Versorgung insgesamt zu stärken, sowie faire Arbeitsplätze zu schaffen. Des Weiteren bin ich dafür, dass auch Naturheilverfahren anerkannt und von der Krankenkasse übernommen werden sollten.
Stark subventionierten Tierfabriken und Maiswüsten und der vermehrte Einsatz von Gentechnik verändern unser aller Umwelt negativ. Insbesondere im Bereich Bildung und Pflege, Transport und Einzelhandel müssen moderne intelligente Formen der Versorgung mit allen Betroffenen entwickelt werden.
Frage 2. Ich möchte unsere bäuerlichen Strukturen ausbauen mit dem Ziel die Produktion für die Herstellung von Bio-Nahrungsmitteln zu erleichtern. Besser Öko- Bauern anstatt Agrar-Fabriken. Auf Grund ständig neuer Lebensmittelskandale wächst der Bedarf an regionalen Lebensmitteln mit Demeter oder Neuland Qualität. Ferner schafft eine natürliche Art der Bewirtschaftung zusätzliche Arbeitsplätze, weil Bio-Betriebe arbeitsintensiver sind als industrielle Großmastanlagen. Je größer und technischer ein Bauernhof derzeit ist, desto mehr staatliche Zuschüsse erhält dieser Betrieb heutzutage. Die Verlierer sind kleine Betriebe mit mehreren Arbeitskräften, die seit Jahrzehnten ums Überleben kämpfen. So hat sich die Zahl der Höfe von 1980 bis heute mehr als halbiert. Des weiteren möchte ich natürliche Heilverfahren und grüne Innovationen stärken. Hier benötigen wir einen hohen Bildungsstandard und eine starke Bürgerbeteiligung. Weiterhin sollte der Etat derjenigen Behörden, die an der Überwachung von Umwelt- und Tierschutz beteiligt sind erhöht werden. Die Selkestaustufen sollten in ihrer derzeitigen Planung so nicht gebaut werden. Eine Förderung von Bodenschätzen, die auf Basis der so genannten Fracking- Methode basieren ist unbedingt zu verhindern, um unsere Umwelt und unser Trinkwasser vor Verunreinigung zu schützen. Ähnlich wie in Österreich sollte der Haustierabschusses verboten werden, sowie so genannte Treib- und Fallenjagden.
Frage 3 bis 5:
Leider war es mir nicht möglich, im Internet Informationen zum Schulentwicklungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 30.05.2013 zu finden. Ich möchte Ihnen dazu trotzdem antworten. Ich finde die momentane Situation von Kürzungen in den Bereichen Bildung, Kultur, Wissenschaft und anderen wichtigen Bereichen unserer Gesellschaft unverantwortlich. Die Versuche auf diese Weise den Haushalt ausschließlich durch Streichungen bei den Ausgaben zu sanieren halte ich weder für Innovativ, noch stellen diese sich der Herausforderung des demographischen Wandels. Die derzeitig von unserer Landesregierung durchgeführte planlose Schließung von Grundschulen stur nach Schülerzahlen ist meiner Meinung nach nicht akzeptabel. Der ländliche Raum wird dadurch noch unattraktiver werden, als er heute schon ist; die Abwanderung wird zunehmen.
Die vorhandenen Klassenstärken sollten verringert werden, um bessere Lernergebnisse und individuellere Förderungen zu erzielen. Wir brauchen gut ausgebildete Fachkräfte und Menschen, die innovativ Denken. Die Basis dafür ist eine gute Grundschulausbildung. Meine Idee zur Verhinderung von weiteren unqualifizierten Schließungen von Grundschulstandorten, wäre ein Erhalt unseres gegliederten Schulsystems (keine Einheitsschulen) auf der Basis von Ganztagsschulen mit geringen Schülerzahlen. Das geht aber nur, wenn betroffene Bürger endlich auf die Straße gehen und sich entsprechend wehren. Dort sollte es eine individuelle Förderung und Begleitung der Schüler geben. Die Eigenverantwortlichkeit und Eigentätigkeit, Erziehung zur Selbstständigkeit, Stärkung der zwischenmenschlichen Beziehungen, soziales Lernen, Förderung von Bewegung, sowie Umwelt- und Tierschutz im Ethikunterricht sollten im Vordergrund bei der Erziehung und Bildung junger Menschen stehen. Ein dichtes Netz von guten Bildungsstandorten in Verbindung mit einer gesunden Umwelt, ein Umfeld ohne Gewalt und einer guten Infrastruktur wären meiner Meinung nach eine gute Voraussetzung und Chance um einen Zuzug zu sichern. Es wird so viel Geld verschleudert bzw. falsch eingesetzt. Nutzen wir einen Teil dieses Geldes um neue Ideen umzusetzen für den Erhalt und die Verbesserung unseres Sozialstaates und die Zukunft künftiger Generationen. Was ein Staat wie Dänemark kann, könnten wir doch auch, wenn die Bürger unseres Landes sich nicht alles gefallen lassen würden. Wie gesagt jeder hat eine Chance- alle Jahre wieder die Wahl- um nicht Jahrelang verkohlt (die blühenden Landschaften im Osten), geschrödert (Agenda 2010), ausgemerkelt (Sparen predigen und selber Schulden machen; für die Rettung maroder Banken ist Geld vorhanden, für unsere Kinder und Jugendliche nicht)zu werden.
Vielen Dank für Ihr Interesse. Für einen weiteren Kontakt und Austausch stehe ich Ihnen sehr gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen Nancy Streit.