Frage an Nadja Weippert von Monika L. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Weippert,
ich mache mir Sorgen um die Verrohung unserer Gesellschaft. Wenn Leute hinterrücks die Treppe runter getreten werden, Gewalt gegenüber Flüchtlingen passiert oder Obdachlose angezündet werden, stimmt etwas nicht in unserem Land. Ich möchte Sie fragen, was die Grünen und Sie im Besonderen dazu tun werden, dass schon in Kindergarten und Schule Empathie gelehrt und trainiert wird, damit sich unsere Kleinsten von der Gesellschaft angenommen fühlen,damit aus ihnen selbstbewusste, verantwortungsvolle Bürger werden können, die mit Gewalt, Hass und Ausgrenzung nichts am Hut haben. Dazu muss dringend etwas mit unserem Bildungssystem passieren! Was wollen die Grünen, was wollen Sie in diesem Punkt unternehmen?
Ich freu mich auf Ihre Antwort!
Mit herzlichen Grüßen
M. L.
Liebe Frau L.,
die Ursachen der Verrohung unserer Gesellschaft sind vielfältig. Zum einen sind sie begründet über Gewaltverherrlichung der Medien und der zunehmenden Abstumpfung gegenüber den täglichen Schreckensmeldungen als eine Art des Selbstschutzes.
Dazu kommt, wie im Fall des "Treppentretens", das einige Jugendliche mit Migrationshintergrund aus Ländern zu uns kommen, in denen Gesundheit und Leben nichts zählen und Gewalt an Menschen leider auf der Tagesordnung steht.
Andererseits wird uns durch die heutige vom Kapitalismus bestimmte Gesellschaft suggeriert, dass nur noch derjenige etwas wert ist, der stark, jung, gesund und durchsetzungsfähig ist sowie aktiv mit seiner Arbeitsleistung etwas zum materiellen Wachstum beitragen kann.
Alle diejenigen, welche das nicht (mehr) können wie z. B. alte, kranke oder gehandicapte Menschen, gelten quasi als Belastung und werden weder respektiert noch ihre Lebenserfahrungen wertgeschätzt.
Die Menschlichkeit, die eigentlich an erster Stelle in unserer Gesellschaft stehen sollte, ist leider im Laufe der letzten Jahre auf der Strecke geblieben.
Was können wir aktiv tun, um dem Entgegenzuwirken?
In den Kindertagesstätten sollte es keine reinen Integrationsgruppen geben. Gehandicapte Kinder sollten auf alle Gruppen verteilt werden, sodass die Kinder aller Kita- Gruppen Rücksichtnahme und Verständnis gegenüber den benachteiligten Kindern erlernen.
Es könnten auch Senioren (beispielweise auf 450 €- Basis) in die Kitas eingebunden werden, wie es jetzt teilweise (meist ehrenamtlich) schon praktiziert wird. Viele Kinder heutzutage haben leider nicht die Chance, Großeltern als eine feste Größe in ihrem Leben wahrzunehmen. Insofern wäre es von Vorteil, wenn Seniorinnen und Senioren Kinder schon von klein auf in den Einrichtungen begleiten würden, damit diese den Respekt vor dem Alter „erlernen“. Umgekehrt gibt es zum Beispiel in 16 deutschen Universitätsstädten aktuell Projekte, in denen Studenten mit Senioren zusammen wohnen, um unter anderem die Generationen näher zusammenzubringen und auf diese Weise voneinander zu lernen und zu profitieren.
Des Weiteren sollte das Fach "Werte und Normen" nicht nur als Pflichtfach in allen Schulen, sprich in den Grundschulen und in den weiterführenden Schulen, unterrichtet werden, sondern die Inhalte kindgerecht in die Kindertagesstätten „Einzug“ erhalten.
Auch wenn in der Schulpolitik die Inklusion ein strittiges Thema ist, bietet die inklusive Schule die Chance, das Schulleben für alle Schüler*innen besser zu machen. Wir GRÜNEN sind der Meinung, dass die inklusive Schule so der Beginn für eine neue Pädagogik sein kann, die stärker die unterschiedlichen Bedürfnisse der einzelnen Kinder im Unterricht im Blick hat. Außerdem kann durch die Inklusion die Empathie der Kinder untereinander gestärkt werden. Denn ohne Empathie kann ein soziales Miteinander nicht stattfinden. Um eine weitere Stärkung des Empathieempfindens und des Verständnisses für Schicksale Einzelner zu erreichen, könnten beispielsweise Geflüchtete ihre Biografien in allen Schulen - nicht ausschließlich an Gymnasien - vorstellen.
Abschließend plädiere ich für ein verpflichtendes soziales Jahr für alle Schulabgänger. Ob es nun im Inland oder aber im Ausland abgeleistet wird, spielt dabei keine Rolle. Nach sorgfältiger Abwägung wäre dieses möglicherweise auch eine geeignete Maßnahme, um bei jugendlichen Gewalttätern, wie im Fall der „Treppenschubser“, ein Umdenken zu erwirken.
Diese Maßnahmen wären alle geeignet, um dem Hass und der Verrohung in der Gesellschaft erfolgreich zu begegnen und allen voran das Empathieempfinden "von klein auf" zu stärken.
Aber letztendlich können jedoch alle Maßnahmen eines nicht: ein liebevolles Elternhaus ersetzen, in denen Respekt, Verständnis und Menschlichkeit tagtäglich vorgelebt werden.
Sollten Sie noch weitere Fragen und/ oder Anregungen zu diesem Thema oder anderen Themen haben, erreichen Sie mich auch persönlich unter meiner Emailadresse „ kontakt@nadja-weippert.de “.
Mit herzlichen Grüßen
Nadja Weippert