Frage an Monika Lazar von Thilo T. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Lazar,
zunächst möchte ich Ihnen dazu gratulieren, dass Sie das farbenfreudigste Portrait im Innenausschuss haben;-)
Ich habe gerade im Spiegel einen ernüchternd Beitrag über die Situation und Entwicklung der Demokratie gelesen. Teilweise werden da Horrorszenarien aufgezeigt. Deshalb habe ich mich entschlossen, die Demokratie etwas aktiver zu leben.
Ich wohne in einer WG in Plagwitz, arbeite als Assistenzarzt in der Robert Koch Klinik, bin 31 Jahre und im letzten Monat wurde zwei mal in meinen VW Bus eingebrochen. Beim ersten Mal wurden Dinge im Wert von 600 Euro entwendet, der ideelle Schaden bleibt dabei nicht berücksichtigt.
Beim ersten Mal bin ich noch zur Polizei gegangen und habe eine Anzeige getätigt. Beim zweiten Mal, hab ich gerade mal noch angerufen und wieder das Gefühl gehabt, dass sich für den Fall kein Mensch dort interessiert.
Weit über drei tausend Autos wurden allein in der 500 000 Einwohnerstadt Leipzig allein um Navigationssysteme zu rauben im Jahre 2007 aufgebrochen. Das bedeutet das in Leipzig im letzten Jahr jedem 147. Bürger theoretisch ein Navigationssystem aus seinem Auto gestohlen wurde.
Solche Realitäten affektieren den "kleinen Mann" mindestens genauso sehr, wie die zunehmende Möglichkeit des Staates, seine stützenden Schutzobjekte immer weiter zu durchleuchten. Dieses Misstrauen der Sicherheitsbehöden gegen die Bürger einerseits und den mangelnden Schutz der Individuen vor dem alltäglichen Verbrechen stößt mir schon etwas bitter auf.
Wie stehen Sie dazu und welche Möglichkeiten sehen sie, daran etwas zu verändern?
Beste Grüße aus dem schönen Leipzig,
Thilo Triemer
Sehr geehrter Herr Triemer,
vielen Dank für Ihre Glückwünsche zu meiner "Farbenpracht".
Wie Sie sehen, bringe ich in guter grüner Tradition mehr Vielfalt ein, wo immer es geht. Nun aber ernsthaft: Ihre Frage berührt ein Thema, das viele Menschen bewegt. Sie spüren die Diskrepanz zwischen einer maßlosen Überwachungsmaschinerie des Staates einerseits und einem Mangel an Sicherheit im täglichen Leben andererseits. Die Einbrüche in Ihren Bus tun mir Leid. Solche Eingriffe in die Privatsphäre sind nicht nur materielle Schädigungen, sie verunsichern auch persönlich. Umso bedauerlicher finde ich die Ignoranz der Polizei. Diese kann mit der Gleichgültigkeit bestimmter Beamter, aber auch mit einer zu geringen Personalausstattung und daraus folgender Überforderung zu tun haben. Wir benötigen auch mehr Schulung für die Polizei, damit diese bürgernäher und sensibler gegenüber den Opfern wird.
Was ich dazu beitragen kann, tue ich. So führe ich seit einigen Monaten mit meinem Kollegen Wolfgang Wieland gemeinsam eine "Polizeitour" durch. Wir reisen durch die Bundesländer, besuchen Polizei- und Justizdienststellen und sprechen mit den Menschen über aktuelle Probleme. Dazu zählen für mich Rechtsextremismus, Demokratiemangel und die Auseinandersetzung mit anderen Delikten. Ihren Fall werde ich gern ansprechen als ein Beispiel dafür, wie Menschen sich von der Polizei nicht ernst genommen fühlen. Nur durch solche Hinweise und Dialoge können wir Handlungsstrategien entwickeln und die Polizei zukunftsfähiger machen.
Was die Kehrseite - die unangemessene Überwachungshysterie im Schäuble-Ministerium - angeht, kann ich Ihnen nur Recht geben, wir stehen diesen Entwicklungen äußerst kritisch gegenüber. Ausführliche Positionierungen, zum Beispiel über Onlinedurchsuchungen, die "Superpolizei" oder Datenspeicherung können Sie auf unserer Fraktionsseite lesen: http://www.gruene-bundestag.de/cms/innenpolitik/rubrik/0/86.innenpolitik.html .
Trotz Ihrer frustrierenden Erlebnisse möchte ich Ihnen abschließend viel Elan wünschen bei Ihrem Vorsatz, die Demokratie etwas aktiver zu leben. Denn jeder Beitrag hierzu ist wichtig und beeinflusst unsere Umgebung positiv.
Viele Grüße
Monika Lazar